Kenya Safaris 2001, oder das Abenteuer einen eigenen Land Rover haben zu wollen


30.06.01: Wir (Petra 38, Jenny 14 und ich 38) sitzen im Flugzeug (KLM) auf dem Weg nach Mombasa, via Amsterdam und Nairobi.

In erster Linie kreisten unsere Gedanken um unseren Land Rover. Nach den Ereignissen im März war es nicht leicht gewesen, Petra zu überzeugen, dass Kenya auch weiterhin unsere zweite Heimat ist und wir nun nach 10 Jahren genug Geld für Leihwagen ausgegeben hatten.

Rund 10.000,- DM sollte mich der Traum vom eigenen Land Rover kosten. Für diese Summe war es gerade mal möglich, einen alten Land Rover 109 Baujahr 1968 zu bekommen, den einzigen Luxus, den dieses Auto bekam, war statt seines Benzinmotors ein Nissan Dieselmotor. Nur Joachim und Yolanda ist es zu verdanken, dass dieser Traum überhaupt wahr werden konnte, den bei Ihnen im Boko Boko sollte der Wagen untergestellt und gewartet werden.

Es war unsere erste echte Investition in Kenya, die Hälfte des Geldes hatte ich mir von einem Freund geliehen. 10.000,- DM hätten wir auch in Deutschland gut gebrauchen können. Immer wieder zählte ich Petra die Vorteile eines eigenen Autos auf. Irgendwann gab sie resigniert auf und ich gab Joachim das Okay für den Zusammenbau des Land Rovers.

Als Übernahmetermin hatte ich vorsorglich den 01.06.02 gewählt. Seit dem Auftrag zum Fertigstellen des Fahrzeuges waren nun mehr als 3 Monate vergangen. Die letzte E-Mail sagte aus: "kleine Schwierigkeiten mit dem Motor, sonst alles o.K., Fahrzeug ist garantiert bis zum 01.07.01 fertig."

Nachdem wir in Mombasa planmäßig gelandet waren, fuhren wir nach einer zähen Preisverhandlung mit einem Taxi (unserer Meinung nach zum letzten Mal mit einem Taxi) an die Südküste zum Boko Boko. Nach einem Begrüßungsdrink und dem Einräumen unseres Zimmers nahmen wir noch ein kleines Dinner und fielen dann erschöpft in die Betten. (Ein Tagesflug ist eine anstrengende Sache)

Am nächsten Morgen weckte uns die afrikanische Sonne zu einem herrlichen Frühstück im Garten. Danach stürmte Jenny zu den Pferden, Petra ging mit einem Buch an den Pool und ich inspizierte (wie immer) erst einmal den Kijiji Reptilien Park.



Mit Bwana Schmid (er baute mein Auto) wurde ein Termin für den folgenden Tag verabredet. "Hat noch nicht alles geklappt, sieht aber gut aus". "Na ja", dachte ich "ist halt Afrika, läuft halt pole pole, auch wenn der Wagenbauer ein Deutscher ist"

Mit dem Pick Up vom Boko Boko fuhren wir drei (Petra Jenny und ich) dann am Montag aufgeregt an die Nordküste bis zum Mtwapa Creek. In einer kleinen Werkstatt stand er, mein Land Rover. Ich hatte Tränen in den Augen als ich den Landi das erste mal so vor mir stehen sah.(Allerdings nicht vor Freude). Vor mir stand der Rohbau eines Autos. Eine orange Karosserie, verbeult, ohne eine einzige Scheibe, blaue Türen, ohne Motorhaube, mit einem Motor der noch nicht fahrbereit war.
Der Tank (70L) war eingebaut, aber es gab noch keine Verbindung zum Motor. "Die Dieselpumpe macht uns Schwierigkeiten und ein Gaspedal müssen wir auch noch zurecht biegen. Wollen Sie eigentlich einen Scheibenwischer haben?", empfing mich Bwana Schmid überaus freundlich. Ich fing an zu verstehen, warum Joachim mich gebeten hatte auf jeden Fall ruhig zu bleiben!
Nach einer Weile, in der es hin und her ging, einigten wir uns, dass ich den Wagen in einer Woche abholen könne. (Wie das gehen sollte, war mir zwar nicht ganz klar, aber schauŽn wir mal) Bewundert habe ich damals Petras Gelassenheit, mit einem leichten Grinsen im Gesicht fragte Sie mich: "....und willst Du immer noch hier leben?" Natürlich wollte ich, aber das Thema war schon seit Monaten vom Tisch. Kenya ja, so oft wir können, aber hier leben hätte ich ohne Petra müssen. Also hatte ich mich für die "...so oft wir können"-Variante entschieden.

Frustriert saßen wir im Wispering Palms im Bamburi Nature Trail, ich spülte meinen Ärger mit Tusker hinunter und wir aßen Krokodilspieße. Der Tag war gelaufen.

In den folgenden Tagen lenkte ich mich mit Arbeit im Kijiji ab, Jenny galoppierte stundenlang am Strand entlang und Petra schaffte es endlich, einmal ein Buch von Anfang bis zum Ende zu lesen.

Am Freitag fuhr ich noch einmal an die Nordküste, um nach meinem Landi zu sehen. Es war noch keine große Besserung zu sehen, nur den Motor konnte ich mir jetzt schon mal anhören. Sitze mussten noch bezogen werden, Scheiben eingesetzt, Elektrik verlegt werden. Bis Montag ist der nie fertig. Ruhig und gelassen erklärte man mir "..na ja, ein paar Tage dauert es schon noch." Afrika, du kostest Kraft.

Am Montag, dem 09.07.02, war Jennys 14. Geburtstag, den wir eigentlich auf unserer Safari am Lagerfeuer feiern wollten. Nun musste ich also anders planen. Petra und ich entschlossen uns, mit Yolandas Hilfe eine Poolparty zu organisieren.

Wir fanden uns damit ab, in diesem Jahr keine Safari zu unternehmen und sprachen mit Joachim und Yolanda Termine ab, an denen wir den Pick Up für Exkursionen und Trips an die Nordküste und ins Hinterland nutzen konnten. Das Wochenende vor Jennys Geburtstag eignete sich hervorragend um Pläne zu schmieden und Karten zu studieren, es regnete. Die Stimmung sank auf einen, in Kenya, nie dagewesenen Tiefpunkt. Jenny hatte keine Lust auf ihren Geburtstag bei Regen und ohne Freunde aus der Schule, ich konnte mich nicht damit abfinden, nicht auf Safari zu gehen und Petra konnte uns nicht mehr maulen sehen und Regen mochte sie sowieso nicht. Die Aussicht auf 4 Wochen Badeurlaub mit Regenunterbrechungen machte uns krank und wütend.

Der Montag begann dann aber doch mit einem strahlend blauem Himmel und zumindest Jennys Stimmung wurde langsam besser. Zwar hatten es ihre Freundinnen aus Mombasa nicht mehr einrichten können, zur Poolparty zu kommen, aber Yolanda gab sich die allergrößte Mühe, den Tag für Jenny und uns zu einem unvergesslichen Ereignis zu machen.

Die gesamte Staff war damit beschäftigt, den BBQ-Platz zu schmücken, Luftballons und Girlanden wurden aufgehängt, ein Buffet, unterlegt mit großen frischen Bananablättern, aufgebaut. Saidi, der Koch, zog seine weißeste Jacke an und setzte seine schönste Kochmütze auf. Joachim organisierte noch ein Radio zum Aufziehen und so wurde es ein langer lustiger Abend. Im kleinen Kreis der "Familie" (Yolanda, Joachim, Petra, Jenny und ich) feierten wir am Pool. Saidi grillte hinter uns eigens besorgtes Wildfleisch (Zebra u. Elen Antilope) und Betty mixte uns die abenteuerlichsten Drinks. Jenny, die für ihr leben gerne Elenantilopenfleisch isst, war glücklich und zufrieden. (Ich hätte auch gerne meinen 14. Geburtstag in Kenya am Pool gefeiert!). Ich versuchte, mit Kenya Cane Caipirinha zuzubereiten und Yolanda konterte mit verschiedenen Dawas. Wir tanzten und lachten bis früh in den Morgen und verlebten eine herrliche unbeschwerte Nacht.


Wir wollten nun das Beste aus unserer Situation machen und gingen stundenlang am herrlichen weißen Strand der Galu und Diani Beach spazieren, entdeckten auf diese Weise das Nomad Beach Restaurant und Jenny sammelte Unmengen von Muscheln. Wir nahmen uns den Pick Up und unternahmen eine Exkursion nach Lunga Lunga an die Grenze zu Tansania. Der Versuch, mit dem Wagen bis an die südlichste Spitze Kenyas zu fahren, nach Vanga, scheiterte an einer nicht mehr vorhandenen Straße. (Hier hätte man einen Land Rover gebrauchen können ;-( )


Mehr Erfolg hatten wir mit einer abendlichen Tour in den nahen Shimba Hill Nationalpark, in dem wir das Dinner in der Shimba Hill Lodge einnahmen. Kaum war die Sonne hinter den Hügeln verschwunden, da ließen sich die ersten Bushbabys sehen (Galaogos). Diese possierlichen Tiere hatte ich schon oft im Boko Boko beobachtet (dort hatte ich sie auch zum ersten Mal gesehen), in unserem Garten allerdings waren die kleinen Halbaffen mehr als scheu. Schon das Licht einer Taschenlampe verscheuchte sie hoch in die Bäume, wo sie sich zwischen den Ästen versteckten. Hier in der Lodge allerdings waren sie nicht nur neugierig, sondern auch noch frech und zutraulich. Drei oder vier dieser Tiere belagerten die beiden einzigen an diesem Abend besetzten Tische und ließen sich sogar von uns kraulen. Sie nahmen Früchte und Brot aus unserer Hand und bereiteten uns so ein neues Erlebnis in Kenya.


Angeregt durch das Erlebte baute ich am nächsten Tag in einem der Bäume im Boko Boko in einer kleinen Astgabel ein Brett als Tisch ein. Nach dem Sonnenuntergang und den ersten Rufen der Bushbabys zerdrückte ich eine Banane auf der eingebauten Platte. Nach nur 15 Minuten erschien der erste neugierige Halbaffe und näherte sich vorsichtig der Leckerei. Ich hielt den Atem an und bewegte mich nicht, das Bushbaby griff vorsichtig nach dem Bananenbrei und leckte sich die plumpen Finger. Erst als ich mich bewegte, sprang das Tier zurück in die Dunkelheit der Nacht und verschwand in der Krone eines Baobab. Ich entdeckte noch 2 weitere Galagos, die sich aber nicht bis an den gedeckten Tisch trauten.

Jeden Abend fütterten wir nun die Bushbabys und nach nur 3 Tagen ließen sie uns zuschauen ohne zu flüchten. Nacheinander holten sich nun schon drei dieser Tiere die angebotenen Früchte ab. Aber nicht nur die Bushbabys gaben Anlass zur Freude, auch Bwana Schmid hatte angerufen, ich konnte meinen Land Rover abholen. (Unglaublich, nur eineinhalb Monate nach dem abgesprochenen Termin war er fertig.) In Afrika brauchst du viel Zeit!
(meistens mehr als Urlauber haben)

Am Samstag, dem 14.07.02, ließ ich mich von Yolanda mit dem Pick Up an die Nordküste fahren und unternahm eine erste Probefahrt mit meinem Land Rover. Hatte ich mir meinen Land Rover so vorgestellt? Orange, mit blau/grünen Türen lauter als ein Trecker, mir kamen ernste Zweifel.

Trotzdem rollte ich am späten Nachmittag mit meinem Land Rover in Richtung Südküste. An der ersten Tankstelle hielt ich an und tankte den Wagen voll. Schade, ich hatte keinen Tankdeckel mehr. Außerdem zeigte die Temperaturanzeige an, dass der Wagen kochte, dafür zeigte die Dieselanzeige gar nichts an. (ich hatte einen eigenen Land Rover, und was für einen) Ich fuhr direkt zurück zu Bwana Schmid. Dort bekam ich einen neuen Tankdeckel, der aber irgendwie noch weniger passte als der erste und Information, dass die Temperaturanzeige verrückt spielt, weil die Armaturen ja noch von einem Benziner stammen, der Motor aber ja nun ein Diesel sei; die Tankanzeige hatte man, da ich statt des 50 Liter Tanks einen 70 Liter Tank haben wollte, gar nicht erst angeschlossen. Also alles "Hakuna matata!"

Wenig später quälte ich mich mit meinem neuen Ungetüm durch Mombasa, natürlich hat ein Land Rover 109 keine Servolenkung. Glücklich erreichte ich den Nakumat an der Likoni Fähre und da wir uns vorgenommen hatten, doch noch eine kleine 5-6 Tage Safari zu machen, fuhr ich zum Einkaufen. Um das Abschließen des Fahrzeuges brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, es gibt keine Türschlösser.

Mit allen Fahrzeugunterlagen unter dem Arm kaufte ich einen Farm Jack (großer Wagenheber) ein paar Fußmatten, einen Radschlüssel und einige Lebensmittel für die Safari. Dann ging es weiter in Richtung Diani. Auf halber Strecke entdeckte ich im Scheinwerferlicht eine überfahrene Katze. Ich hielt und lud das tote Tier als Krokodilfutter ein. Nun ließ ich den Wagen wieder an und schaltete in den ersten Gang und dann in den ... und dann nichts mehr, das Getriebe saß fest. Ich konnte weder aus dem ersten Gang schalten noch in einen anderen. Ich liebe dieses Auto. Gleichzeitig bemerkte ich, das ich sämtliche Unterlagen vom Auto im Nakumat an der Kasse liegen gelassen hatte. Mit dem Mobilphone hatte ich keine Verbindung, zurück waren es 40 km quer durch Mombasa und bis zum Boko Boko noch ca. 30 km. Ich entschloß mich im ersten Gang zum Boko Boko zu fahren.

Etwas genervt erreichte ich gegen 22.00 Uhr die Anlage. Natürlich war hier allen klar, dass irgend etwas passiert sein musste und so ließen sie sich erst einmal berichten. Auch Bwana Schmid wurde informiert und sicherte mir zu, gleich am nächsten Morgen persönlich vorbeizukommen und den Schaden zu beheben. Ebenfalls per Telefon konnte am nächsten Tag der Verbleib der Fahrzeugpapiere geklärt werden.

Mit den ersten Sonnenstrahlen hatte für mich der neue Tag begonnen, ich ging vorbei an meinem Land Rover hinunter zum Strand und stapfte nachdenklich durch das blaue Wasser des Indischen Ozeans. Bis auf einige Einheimische war der Strand um diese Zeit hier wie leerefegt und so genoß ich die Ruhe, das Rauschen des Meeres und hegte Zweifel an der Entscheidung, einen eigenen Land Rover in Kenya fahren zu wollen.

Auch beim gemeinsamen Frühstück bestimmte der Rover das Thema, Petra fühlte sich in all ihren Zweifeln bestätigt und ich hatte wenig gute Argumente.

Natürlich kam Bwana Schmid nicht persönlich. Dafür aber einer seiner Arbeiter, der den Wagen (schön im ersten Gang) die 70 km zurück nach Mtwapa fuhr.

Das Bestreben, die wilden Bushbabys im Boko Boko anzufüttern und zutraulich zu machen, machte Fortschritte und sogar die Mädchen, die in Restaurant und Küche arbeiteten, hatten Spaß daran, den Bushbabys überreife Früchte auszulegen.



Schon hatten wir uns damit abgefunden, in diesem Jahr 4 Wochen mit Arbeit im Kijiji Reptilien Park und mit Bushbaby füttern zu verbringen, da kam von der Nordküste die Meldung, der Land Rover ist o.k.

Wir kramten also nach Plan C und D wieder Plan B aus der Schublade und entschlossen uns zu einer Safari in den Tsavo West, wenn der Wagen mitspielt mit Abstechern an den Lake Chala und in den Taita Hill Park. Vorher wollten wir aber den Wagen etwas testen und verbrachten den Nachmittag mit einem Game Drive im nahen Shimba Hill National Park.

Bis auf die Tatsache, dass sich ein Blech aus dem Radkasten löste und drohte, den Reifen zu zerstechen, erwies sich der Land Rover als robust und natürlich äußerst geländegängig. So unbequem es auch war, dieses Fahrzeug auf einer normalen Straße zu fahren, im Gelände und auf Pisten war der Landi zu Hause. (normale Straßen gibt's in Kenya sowieso kaum)

Nachdem wir an irgendeiner Garage das lose Blech haben festschrauben lassen, bereiteten wir uns früh morgens auf die Safari vor. Verstauten Gepäckkisten, Lebensmittelkisten und Getränke sowie Reservediesel und starteten gespannt unsere erste größere Land Rover Safari.

Über Mombasa ging es auf befestigter Straße bis nach Mariakani, von hier weiter auf inzwischen gut ausgebauter neuer Straße bis nach Voi. Das Wetter war schön, die Straße ungewohnt gut und der Land Rover lief. Laut, rappelnd und langsam, aber er lief. In Voi tankten wir noch einmal den 70 Liter Tank voll und besorgten am Voi Gate die nötige Tickets für den Tsavo West. Unser Ziel waren die Ngulia Bandas, zwar hatten wir unsere gesamte Zeltausrüstung im Auto, aber aufgrund der vorangegangenen Ereignisse und der Tatsache, dass unsere geplante 14 Tage Safari auf 6 Tage zusammengeschrumpft war, hatten wir uns entschieden, Bandas und Lodgen für die Übernachtungen aufzusuchen.



Am Tsavo Gate enterten wir den Tsavo West National Park und fuhren direkt in die Ngulia Berge. Wir freuten uns über jedes Stück Wild, welches wir passierten, aber für diese Safari war der Weg das Ziel. Am Nachmittag erreichten wir die Ngulia Bandas, eine handvoll Häuser gebaut aus Felsstein, mit einem geräumigen Wohn/Schlafraum, Dusche, Toilette und einer Küche mit Gasherd. Die Bandas liegen etwas unterhalb der Ngulia Lodge und haben von ihrer Terrasse aus einen herrlichen Ausblick auf das weite Land und einen kleinen Sumpf. Bequem lassen sich so oft von der Terrasse aus Elefanten und Büffel beobachten.

Wir mieteten also einen dieser Bandas, in dem wir schon oft gewohnt hatten, luden Gepäck und Lebensmittel aus und unternahmen noch einen kleinen Abend Game Drive. Noch nie sind wir in den vergangen 11 Jahren in den Ngulias gewesenen, ohne einen Leoparden gesehen zu haben und so war auch an diesem Abend die gefleckte Katze unser Ziel. Unsere Erfahrung sollte sich auszahlen, zwischen der Lodge und den Bandas entdeckten wir ein stattliches Männchen. Sicher war die Katze auf dem Wege zur Ngulia Lodge.

Wir verfolgten das Tier eine Weile mit unseren Blicken und fuhren dann ebenfalls hoch zur Lodge, um einen Drink zu nehmen und die Katze zu filmen.

Die guten Videoaufnahmen entschädigten uns für das hektische Menschengewusel in der Lodge. (Leider verstehen es viele Menschen nicht, sich in Gegenwart von Wild ruhig zu verhalten und so werden teilweise die schönsten Beobachtungsplätze zu Kasperbuden.)

Zufrieden mit der schönen Wildbeobachtung zogen wir uns später zurück zu unserem Banda, zündeten unsere Laternen an (Strom gibt es in den Bandas nicht) und saßen noch eine Weile auf unserer Terrasse, um den Geräuschen der Nacht zu lauschen. Nur Jenny zog sich in ihr Bett unter das Moskitonetz zurück.



Auf Game Drives vor dem Frühstück verzichten wir meistens, wenn wir in den Ngulia Bandas übernachten. Wir genießen lieber den Sonnenaufgang und die Aussicht von der Terrasse. Auch in diesem Jahr ließen wir und von den ersten Sonnenstrahlen wecken, bereiteten ein kräftiges Frühstück mit Toast und Bohnen in Tomatensoße und Bananen.

Als wir später zu einer Pirschfahrt aufbrachen, versperrte uns nach wenigen Kilometern ein alter Kaffernbüffel die Piste. Nicht, dass das große Tier bedrohlich auf der Piste stand, nein er lag. Langsam näherten wir uns mit dem Land Rover, in ca. 10 Meter Entfernung blieb ich stehen. Keine Regung bei dem Büffel. Ich fuhr bis auf 5 Meter an das Tier heran. Langsam wendete der alte nyati den Kopf, musterte uns und sah dann wieder gelangweilt weg. ich fuhr noch etwas dichter an das Tier heran. Jenny und Petra wurden schon unruhig im Fahrzeug, aber nun ist es im Tsavo West und in den Ngulia Bergen erst recht nicht so, dass man die Pisten leicht verlassen kann, um ein Hindernis zu umfahren, zu schroff war das Gelände, zu dicht war der Busch. Würde der Büffel nicht aus dem Wege gehen, zwang er uns zur Umkehr und einer komplett anderen Route. Noch nie hatte ich es erlebt, dass ein Tier nicht zurückweicht, wenn es die Gelegenheit dazu hat und nicht eingeengt wird.


Ich setzte mit dem Rover zurück, nahm vom Pistenrand vorsichtig kleine Steine auf und warf diese auf den Rücken des Tieres. Der Büffel zeigte keine Regung. Nun fing ich an zu vermuten, dass das Tier in der Nacht schwer verletzt worden war und zu schwach zum Aufstehen war. Ich kramte also die Karte vom Tsavo West Park aus der Box und schaute nach einer anderen Möglichkeit die Kilanguni Lodge zu erreichen. (hier mussten wir Tanken). Drehen und eine andere Piste wählen, hätte einen großen Umweg in Kauf nehmen bedeutet.
Einen Versuch wollte ich noch wagen, langsam rollte ich auf den Büffel zu, auch als ich ihn schon fast mit der Stoßstange berührte machte er keine Anstalten aus dem Wege zu gehen. Ich entschloß mich, langsam an dem mächtigen Büffel vorbeizurollen, halb im Busch, halb auf der Piste. Den Büffel schien es nicht zu stören. Urplötzlich, wir befanden uns genau neben dem Tier, sprang er auf, riss seinen riesigen Schädel in den Nacken und lief aus dem Weg. Natürlich hatte ich das Gaspedal durchgedrückt, als ich den Ruck im Büffelkörper bemerkte und das Tier im Auge behalten. Aber schon nach wenigen Metern blieb der nyati stehen und sah uns aus traurigen Augen an. Er musterte uns, ohne aggressiv zu wirken. Wir musterten ihn, wunderten uns über dieses Verhalten und waren uns ganz sicher, mit einem Suzuki hätten wir eine derartige Situation nicht gewagt. Ich musste mir noch eine Weile Vorhaltungen von meinen beiden Damen machen lassen und suchte nach einer logischen Erklärung für das Verhalten des Büffels. Auf fürchterlicher Waschbrettpiste ging es weiter in Richtung Kilanguni Lodge, plötzlich sahen wir in ca.150 Meter Entfernung einen Schatten über die Piste huschen. Ein Serval? Ein Leopard? Ich fuhr zügig zu der Stelle an, der wir das Tier vermuteten. Nichts deutete auf ein Tier hin. Mit dem Fernglas suchte ich hinter jedem Busch, hinter jedem Grashalm, nichts. Plötzlich entdeckte Jenny das gesuchte Tier dicht neben dem Wagen. Tief an den Boden gedrückt lag unmittelbar neben dem Land Rover ein junger Leopard. Das ist es, was ich am Tsavo so liebe, unverhoffte Wildbegegnungen, die man ganz für sich alleine genießen kann. Zwar war uns der Anblick des gefleckten Jägers nur kurz vergönnt, aber immerhin lange genug, um ein herrliches Foto der Katze zu schießen, ehe das Tier im hohen Elefantengras verschwand.



Gespannt fuhren wir weiter, welches Tier würde als nächstes vor oder neben dem Land Rover liegen? Aber bis zur Kilanguni Lodge sahen wir zwar noch einige Elefanten, Giraffen und Antilopen, aber diese Aussicht genossen wir ohne zu halten. (Übrigens auch etwas, was wir besonders in der weiten Landschaft des Tsavo schätzen, durch das Gelände fahren rechts und links Wild aufzuspüren, nicht auf der Jagt nach Fotomotiven, sondern einfach nur unterwegs in Afrika zu sein)

An der Lodge füllten wir den Dieseltank wieder voll und erfuhren so ganz neben bei, dass unser rechter Stoßdämpfer abgebrochen war und herunter hing. Vorsichtshalber kontrollierte ich auch die linke Seite. "Na klasse" nicht nur, dass auch der linke Stoßdämpfer aus der Verankerung gerissen war, einer der Bolzen, der die Blattfedern hält, hatte keine Mutter mehr.
Das nächste größere Schlagloch hätte das Aus bedeutet. "Immer noch stolz auf einen eigenen Land Rover?" fragte mich Petra grinsend.

Natürlich kamen wieder Zweifel auf, Wut auch. Aber schnell kam ich wieder zu mir, ein Mechaniker musste herangerufen werden, ich lud meinen neuen Farm Jack aus, setzte mich auf einen Stein und wartete auf den Mechaniker und die Reparatur. Der rechte Stoßdämpfer wurde ausgebaut, der linke lies sich wieder einbauen und die Blattfeder bekam nach stundenlangem Ausprobieren und Verhandeln einen zwar dünneren, aber dafür doppelt so langen Bolzen mit 5 Muttern (das sollte halten). Von nun an eben "pole pole". 300,- KSH kostete mich die Reparatur und ließ mich meinen Merksatz für die Zukunft prägen: "In Afrika brauchst du etwas Geld und viel Zeit, dann ist alles Hakuna matata!"

Auf der Terrasse der Kilanguni Lodge, die zu dieser Zeit fast menschenleer war, trank ich nun noch ein Tusker und diskutierte mit Petra, ob einer Weiterfahrt sinnvoll ist. Wir verschoben die Entscheidung.

Nach einer weiteren Nacht in den Ngulia Bandas entschlossen wir uns morgens zum legendären Finch Hatton Camp zu fahren (hatten wir viel von gehört, aber noch nie besucht) und dann weiter in den Taita Hill Park. Unterwegs entdeckten wir noch eine Löwin dösend auf einem Felsen, zu weit weg für wirklich gute Aufnahmen.

Dann erreichten wir das Finch Hatton Camp, ein Camp der Luxusklasse, früher total verpönt bei uns, die wir eigentlich im eigenen Zelt übernachten. Wir besichtigten das Camp, Kellner ganz in weiß kreuzten unseren Weg, das Haupthaus, klein und urgemütlich, ganz im Kolonialstil. Die Zelte direkt an einem kleinen See, groß geräumig mit viel Messing. Die Zeit stand still für uns, Out of Afrika live.

Hatten wir nicht genug Unannehmlichkeiten in den letzten Wochen ertragen müssen, hatte der Land Rover uns nicht ständig geärgert, war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt alles zu vergessen und sich wieder auf das schöne im Leben zu konzentrieren? Es war der richtige Zeitpunkt. Petra erklärte mich für verrückt. Selbst der für uns gültige Residenz-Nebensaisonpreis sprengte eigentlich unser Budget. Aber wie oft lebt man eigentlich?


Wir bezogen ein Zelt direkt am kleinen See, ließen unser Gepäck vom Auto holen und lebten unser "Out of Afrika". Zwar hatte Dennis Finch Hatton an dieser Stelle niemals ein Camp gehabt, aber das Flair stimmte. Die unendliche Freiheit, das unberührte Land, die möglichen Abenteuer der Kolonialzeit, dass ist es, was uns an dieser Zeit so fasziniert. Frei von Massentourismus und durchorganisierten Touren, Abenteuer auf jeder Reise. Hier im Camp wurden Bücher wie "Rote Sonne, schwarzes Land" und "Jenseits von Afrika" lebendig.

Wir saßen auf unserer Terrasse, vor uns dümpelte ein kleines Krokodil, etwas weiter in der Mitte des Sees planschten einige Flusspferde, und wir tranken Tee aus grazilen Porzellantassen. Ja, wir genossen den Luxus und die Stille in dem Camp, dass wir fast für uns alleine hatten. Natürlich unternahmen wir keinen Game Drive an diesem Tag. Um ca. 11.00 Uhr hatten wir unser Zelt übernommen und verbrachten den ganzen Tag im Camp.

Petra und Jenny lasen Bücher auf unserer Holzterrasse und ich wanderte im und um das Camp auf der Suche nach Foto- und Filmmotiven. So entdeckte ich am Rande des Camps von der Terrasse eines leerstehenden Zeltes einige Elefanten, beobachtete die Krokodile und Flusspferde sowie eine Schildkröte im See und erfreute mich an einigen Impalas, Wasserböcken und Meerkatzen die sich im Camp aufhielten.

Es war ein schöner, teurer Traum. Die Lage, das Zelt, Lunch und Dinner alles wird wohl ewig in Erinnerung bleiben und irgendwann werden wir auch wieder hinfahren, nicht zum fotografieren, nur zum träumen.




Motiviert durch den schönen Tag und die schöne Nacht im luxuriösen Zelt entschlossen wir uns beim Frühstück, nicht zurück sondern weiter zum Lake Chala zu fahren. Unterwegs besichtigten wir noch das Ziwani Camp.

Am Ziwani Gate verließen wir den Tsavo West National Park und fuhren auf der immer noch nicht ausgebauten Piste in Richtung Tansania. Kurz vor der Grenze führte uns eine Piste dann hinauf an den Lake Chala. Übernachtet haben wir in der heruntergekommenen Lake Chala Lodge. Na ja, man kann nicht immer Luxus haben. Das Zimmer war klein und muffig, aber von unserer Terrasse hatten wir einen Ausblick auf den Vulkansee und im Hintergrund den Kilimanjaro. Der Kilmanjaro büßte allerdings aus dieser ungewohnten Perspektive einiges an Erhabenheit ein. Eine abenteuerliche Treppe, oder die Reste davon, führten hinunter zum klaren See. Außer einigen Skinken und Agamen (beides Echsen) sahen wir nur noch einige Vögel. Schon am Nachmittag fragte uns jemand, ob und was wir abends essen möchten. Später sah ich dann jemanden den beschwerlichen Weg hinunterlaufen, vermutlich, um Lebensmittel zu kaufen.

Es gab bestimmt mal eine Zeit, in der die Lake Chala Lodge ihren Reiz hatte, das musste allerdings eine Weile her sein. Da wir die einzigen Gäste waren, konnten wir unser Dinner einnehmen, wann wir wollten, und so speisten wir in einem kantinenartigen Saal am Abend ein leckeres recht afrikanisches Essen.



Unser nächstes Ziel war der Taita Hill Park, ein Privatpark der Hilton-Kette. 1992 hatte man uns an der zum Reservat gehörenden Taita Hill Lodge des Nachts fortgeschickt, als wir versucht hatten, im Schutz der Lodge im Fahrzeug zu übernachten. Nun hatten wir uns eine Tagestour durch den Park vorgenommen.

Am Gate erfuhr ich, dass ein Einfahren in diesen Privatpark nur in Verbindung mit einem Lunch oder einer Übernachtung möglich ist. Da eine Übernachtung immer Lunch, Dinner und Frühstück beinhaltet, wir das Budget ohnehin schon überzogen hatten (jedenfalls für eine 6 Tage Tour) auf der anderen Seite aber Geld für eine 14 Tage Tour gerechnet hatten...
Also unterm Strich, "man lebt nur einmal". Wir buchten also eine Nacht im Taita Hill Park. Das Zeltcamp dieses Parks ist leider seit einigen Jahren nicht mehr zu buchen und so entschieden wir uns, in der legendären Salt Like Lodge zu übernachten. Eine Lodge auf Stelzen, an einer künstlichen Wasserstelle. (Die Salt Like Lodge ist eine der ältesten Lodgen in Kenya).

Hatten wir in den letzten Tagen den Weg zum eigentlichen Ziel dieser Safari erklärt, so wurde im Taita Hill Park das Wild jetzt wieder zum Schwerpunkt. Es herrschte eine unheimliche Trockenheit in diesem Gebiet, selbst die Wasserstelle an der Lodge war ausgetrocknet. Nur in einem kleinen Wasserloch direkt an der Lodge befand sich noch Wasser. Dies führte natürlich zwangsläufig dazu, dass sich viel Wild an der Lodge aufhielt.

Fast 500 Zebras konnten wir zählen als wir gegen Mittag die Salt Like Lodge erreichten. Die Lodge war wie leergefegt, und so erlebten wir für uns ganz alleine einen alten Elefantenbullen, der direkt vor uns seinen Durst stillte.

Ein später Game Drive brachte uns noch ein paar Löwen, einige Elefanten, Kaffernbüffel und besonders viele Impalas, das Wild konzentrierte sich in den Sümpfen. Abends erlebten wir dann wie sich mindestens 50 Elefanten um das letzte Wasser stritten.

Morgens fuhr ich dann den Land Rover vor, um das Gepäck zu verladen. Etwas verblüfft stellte ich fest, dass auch nach mehrmaligen Bremse treten, der Wagen nicht stoppen wollte. Von nun an also schön langsam. Nach dem Frühstücksbüffet unternahmen wir noch einen vergeblichen Versuch, die Löwen wieder aufzuspüren.

Am Gate füllten wir die Bremsflüssigkeit wieder auf und machten uns auf, in Richtung Küste. Immer schön "pole pole". Irgendwo in der Bremse musste Luft sein, aber nach 5-6 Mal pumpen, zeigte die Bremse eine leichte Wirkung. Kurzfristig änderten wir noch einmal unseren Plan und fuhren in Voi, in den Tsavo Ost National Park ein. Auf der Piste im Park, so vermuteten wir, lässt es sich ohne Bremse bequemer fahren. Wir fuhren entlang des Voi Rivers, auch hier im Tsavo herrschte große Trockenheit, das Wild konzentrierte sich an den wenigen wasserführenden Bächen und Flüssen. Immer wieder sahen wir Masai Giraffen und Gruppen von Elefanten. Am Aruba Dam bekamen wir dann noch eine Herde Zebras und Wasserböcke zu sehen. Nur wenige Antilopen grasten in der trockenen Landschaft, aber auf unserer Weiterfahrt wurde unser kurzer Abstecher in den Tsavo Ost dann noch mit einer Gruppe Löwen belohnt. Träge lagen die alten Tiere in der Mittagssonne, nur zwei Jungtiere spielten dösend mit den Schwänzen der Alten. Die Fahrt auf der Piste verlief auch ohne Bremse ohne Probleme.

Kompliziert wurde es erst wieder in Mombasa und Jenny bemerkte treffend: "Wenn die wüssten, dass wir keine Bremse haben, dann würden die nicht so blöd über die Straße laufen!" Selbst auf die Fähre in Likoni schafften wir es (ohne ins Wasser zu fahren) und so erreichten wir am späten Abend nach 6 Tagen wieder das Boko Boko.

Ali bekam einen Großauftrag und setzte den Land Rover wieder instand. Petra war immer noch skeptisch, aber ich war mir sicher, es gibt nichts schöneres, als mit seinem eigenen Land Rover auf Safari zu gehen. Dieser Wagen erfüllte Kindheitsträume und bedeutete Freiheit, er war mir ans Herz gewachsen.

Die Safarischäden wurden repariert und wir relaxten noch einige Tage am Boko Boko. Die angefangene Fütterung der Bushbabys war in der Zwischenzeit von den Mädchen fortgeführt worden und nur zwei Tage nach unserer Rückkehr kam Jenny eines abends auf unsere Terrasse gelaufen und meldete: "Ein Bushbaby hat aus meiner Hand gefressen!"

Die nächsten Tage wurden bestimmt von den Fütterungen der Bushbabys. Jenny und Petra tobten im Pool und ich beschäftigte mich mit dem Kijiji Reptilien Park . Ein Highlight der Arbeit mit diesen Reptilien war eine Tour an den Galana River in der Nähe von Malindi (siehe Bericht Python Tour) , auf der es um den Fang von Pythons und Grünen Mambas ging.

Es war nicht leicht, aber: "Ich habe einen Land Rover in Kenya!" Nun wurden alle anderen Reisepläne eingemottet, Madagaskar und Namibia müssen warten, in den nöchsten Jahren werden wir Kenya mit unserem Land Rover erkunden.

Die nächste Safari wird in die Masai Mara gehen, soviel ist sicher.

Nach vier ereignisreichen Wochen verlassen wir das Boko Boko und freuen uns auf ein Wiederkommen.

kwaheri Kenya, tutaonana


Dezember 2001, Land Rover kontra Elefantendame

Gut ein halbes Jahr nach unserer letzten gemeinsamen Kenyareise... (der Bericht erscheint in Kürze)