Text Jörg Reinecke; Fotos Jörg und Petra Reinecke (digital)
Big Game am Talek River
- Safari im September/Oktober 2010; Teil 7 -
Pisten Abenteuer auf dem Weg zum Boko Boko
Irgendwann war wieder der Tag des Abschieds gekommen und wir verließen nach spannenden, ereignisreichen Tagen, das Mara Bush Camp und die Masai Mara. Charles hatte uns den Tipp gegeben anstatt über Sekenani, von Talek aus direkt nördlich über Aitong nach Narok zu fahren und so folgten wir der zunächst guten Bushpiste bis Aitong. Kurz hinter der keinen Ortschaft allerdings verwandelte sich die sandige Bushpiste in ein steiniges Geröllfeld mit größeren und spitzen Steinen. Während ich den Landcruiser vorsichtig und langsam zwischen den Steinen hindurchmanövrierte meinte ich:
"Das kann nicht gut sein für ein Auto!"
Wenig später musste ich stoppen.
"Was ist jetzt?" fragte Petra
"Lenkung!" antwortete ich noch ganz entspannt und der Meinung, das Problem ja zu kennen.
"Scheiße!" reagierte ich überrascht, als ich Schaden an der Lenkung sah.
"Now, we have a matata!" rief ich Petra zu und kniete mich unter den Landcruiser.
Diesmal war auf der anderen Seite etwas abgebrochen und noch konnte ich nicht abschätzen was es genau war, geschweige denn, wie man es wieder zusammensetzen könnte.
"Und nun?" war wieder einmal Petra berechtigte Frage.
"Keine Ahnung!" musste ich entgegnen, da ich absolut nicht wusste wie es weitergehen sollte. Wir befanden uns ca. 10 Kilometer hinter Aitong und ich hatte aus dem Kopf keine Ahnung wann und wo die nächste Siedlung oder Werksatt kam.
Außerdem zurück nach Aitong über die katastrophale Piste wollte ich auf keinen Fall.
Ich versuchte Charles anzurufen, aber wir hatten kein Netz.
Während ich ratlos vor dem Landcruiser stand, hielt plötzlich ein Pick Up hinter uns und zwei weiße Farmer boten ihre Hilfe an.
Ich erklärte mit wenigen Worten unser matata (problem).
Ohne zu zögern werkelten die beiden an unserem Landcruiser herum und stellten fest, das zwei Bolzen verloren gegangen und zwei weitere abgeschert waren. Die Reste der abgescherten Bolzen steckten noch im Gewinde.
Einzige Lösung: Notdürftig mit zwei Bolzen flicken.
Problem: Wo bekommen wir zwei Bolzen her!
Lösung: Ein Overlander der mit seinem modernen Toyota Landcruiser aus Richtung Narok auf uns zu kam und dermaßen gut ausgerüstet war, dass ich noch an Ort und Stelle beschloss mir eine neue Werkzeugkiste zu besorgen. Das britische Pärchen war mit dem eigenen Fahrzeug von London aus auf dem weg nach Johannesburg und hatte wirklich alles dabei, was man zur Durchquerung des Kontinents brauchte. Eh ich mich versah wurde gesägt, geschraubt und ausprobiert, plötzlich lagen drei eigentlich unbekannte Männer in ihren weißen T-Shirts, unter meinem Landcruiser. Um nicht hilf- und ahnungslos daneben zustehen, legte ich mich solidarisch mit unter das Auto und versuchte irgendetwas Sinnvolles zu tun, wie z.B. Werkzeuganreichen.
"Was wolltest du denn unter dem Auto?" fragte Petra, die mein Fähigkeiten als Mechaniker nur zu gut kennt,
" Nicht als einziger ein sauberes Hemd anhaben!" antwortete ich ehrlich!
Verschwitzt und verdreckt kam einer nach dem anderen unter dem Landcruiser hervor.
Mit vereinten Kräften hatte man die Lenkung mit zwei halbwegs passenden Bolzen fixieren können.
"After 5 kilometer you will find a catholic mission, better you ask there for a mechanic!" gab man uns den Rat an der katholischen Mission nach einem Mechaniker zu suchen.
"If you drive very slow, you have a chance!" machte man uns weiter mut.
Im Schritttempo setzten wir unsere Fahrt fort und waren froh irgendwann nach quälend langer Zeit den kleinen schmutzigen Ort Lemek erreicht zuhaben. Das erste Gebäude war eine Schule, aber ich konnte niemanden finden, der English verstand.
Wir rollten weiter und entdeckten rechter Hand der Piste eine Kirche und mehrere Gebäude, Das hohe Eisentor ließ sich mit etwas Mühe öffnen und ich versuchte mich durch Rufen bemerkbar zu machen.
"Und….?" Fragte Petra, als ich zurück zum Auto kam.
"Keine Menschenseele!"
Dann entdeckten wir zwei junge Frauen an der Matatu Station des Dorfes.
"Do you have a mechanic, and where can I get him?" fragte ich die beiden
"Look to the last banda over there and ask for Moses!" antworteten sie in englisch und zeigten in Richtung der Holzhütten gegenüber der Kirche. Ich trieb also erst einmal einen Mechaniker auf und versuchte dann noch einmal das Glück am Missionshaus. Auf der einen Seite glücklich, das der Mechaniker englisch verstand und auf der anderen Seite zufrieden, dass wir unser Fahrzeug auf dem Hof der Mission aufbocken durften, fuhr ich auf den Kirchhof.
Sofort waren wir von einer Schar Kinder umringt, die uns mit dem Song "Waka waka" überraschten und unterhielten.
Als Moses, der Mechaniker, am Landcruiser ankam, hatte ich den Wagen schon aufgebockt und das Rad abgenommen. Moses löste die Ersatzbolzen und dann machten wir uns gemeinsam, quer durch das Dorf, auf den Weg und auf die Suche nach passenden Bolzen.
Nach längerer vergeblicher Suche hatten wir noch eine Chance, die Dorfschule. Dort sollte es eine gut sortierte Werkstatt geben. Hierfür mussten wir aber erst einmal beim Principal der Schule vorsprechen. Dieser erklärte mir aber, dass er allen Fundis (Handwerkern) für heute frei gegeben hatte, damit sie nach Narok fahren können. Somit gab es niemanden im Dorf, der einen Schlüssel für die Werksatt hatte. Entmutigt versuchten wir auf einem Vorhof passende Schrauben zu finden. Zwischen Müll und verrosteten Werkbänken krochen wir über den staubigen Boden und suchten gemeinsam nach Bolzen. Als wir erfolglos zurück zum Landcruiser gingen, verdunkelte sich plötzlich der Himmel und brach unmittelbar danach auf. Es regnete nicht, nein es goss wie aus Eimern. Innerhalb von Sekunden war ich bis auf die Haut nass. Während ich unter einem Wassertank trockenen Unterschlupf fand, versuchte Moses die vorhandenen Bolzen zu fixieren, sodass wir bis nach Narok fahren konnten.
Ich überredete Moses uns zu begeleiten. Mit einem Mechaniker an Bord für die vor uns liegenden 40 Kilometer bis Narok fühlten wir uns etwas sicherer.
Im Schritttempo ging es wieder zurück auf die Piste. Langsam fuhren wir auf der inzwischen besseren Buschpiste und erfuhren unterwegs von Moses, das die wenigen Elefanten in der Region um Lemek ein echtes Problem sind und es in jedem Jahr mehrere Todesfälle gebe würde.
Die Wildtiere an sich seien kein Problem, nur die Elefanten die auf die Felder kamen und viel Schaden anrichteten. Ich versuchte gar nicht erst Moses davon zu überzeugen, dass er auf dem Land der Elefanten lebte und nicht umgekehrt!
Kurz bevor wie die befestigte Straße bei Ngorengore erreichten, fing es wieder an zu regnen und die halbrunde Piste wurde mit ihren Löchern und den Schlammassen zu einer ungemütlichen Rutschbahn, die auch mit einem funktionstüchtigen Fahrzeug kompliziert gewesen wäre.
Vor uns rutschte ein kleiner LKW hin und her und fuhr mehr quer als gerade auf der Piste. Irgendwie kamen aber auch wir durch den Schlamm.
In Ngorengore angekommen entließen wir Moses und wie erwartet gab es eine längere Diskussion über die Entlohnung.
Zwar hatte er unterwegs immer wieder die beiden provisorischen Bolzen nachgezogen und war, je mehr Mira er gekaut hatte, immer redseliger und unterhaltsamer geworden, aber dennoch empfand ich 3000,- KSH als zuviel.
Ich bot ihm 500 Kenya Shilling
"Oh!" stöhnte er
"I´m not going with a taxi, but even the motorbike back to Lemek is 2000 Bobs; so 500 is very low!" jammerte er mir vor.
"Thank you very mutch for your good and helpfull job!" bedankte ich mich bei ihm und drückte ihm wirklich dankbar 1000 Shilling in die Hand, die er auch lächelnd annahm und in der erst besten Bar in Ngorengore verschwand.
Natürlich waren 1000 Kenya Shilling zu viel gewesen, aber wir waren froh die asphaltierte Straße mit dem Landcruiser erreicht zu haben und so eine echte Chance zu haben Narok noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen.
Mutig beschleunigte ich nun auf 50 - 60 km/h, trotzdem erreichten wir die Stadt Narok erst um kurz nach 18.00 Uhr. Natürlich steuerten wir ohne Umwege eine Werkstatt an. Die Kenol Tankstelle bot sich geradezu an, sie war nicht nur die erste Werkstatt die wir erreichten, sondern auch eine der wenigen die an diesem Abend Strom und somit Licht hatte.
Dachten wir. -
Kaum stand der Landcruiser über der Grube, wurde es dunkel um uns herum.
"Whats happend?" wollte ich wissen.
"Povercut and we have a problem with the generator!" erklärte man uns und wollte meine Autobatterie haben um den Generator neu zu starten. Zum Glück schaute ich den Fundis über die Schulter und bemerkte rechtzeitig was sie vorhatten. Mit zwei alten Drähten versuchten sie meine Batterie vor die leere Generator Batterie zu schließen.
"Eh, stopp!" rief ich
"In two seconds we have two empty batteries! Put myone back " forderte ich sie auf meine Batterie sofort wieder einzubauen.
Es gab ein größeres Palaver und dann tauchte plötzlich eine andere Batterie auf, mit der der Generator wieder gestartet werden konnte.
Im nun wieder vorhandenen Licht erklärte ich zwei Fundis, das ich zuerst einen Schweißer und dann einen guten Mechaniker bräuchte. Der Schweißer müsste die abgebrochenen Schraubenreste aus dem Gewinde herausholen und dann müsste ein Mechaniker die Lenkung mit neuen Bolzen verschrauben.
"You get it?" schloss ich meine Erklärung und wollte wissen ob alles klar sei.
Kopfnickend suchten die beiden Anwesenden ihr Werkzeug zusammen, erklärten das sie gute Mechaniker seien und fragten, nachdem sie das Rad abmontiert hatten, wo den etwas zusammengeschweißt werden müsse.
"Sorry….?" Fing ich von vorne an die Situation zu erklären. Irgendwie hatte ich das Gefühl nicht unbedingt die beiden besten Mechaniker in Narok erwischt zu haben.
Irgendwann hatten dann alle verstanden was zu tun sei und es wurde ein Schweißer verständigt, während der andere versuchte passende neue Bolzen in der Dunkelheit Naroks aufzutreiben.
Der eigentliche Job war relativ schnell erledigt und das Rad konnte wieder aufgezogen werden. Als ich den Landcruiser wieder auf seine Räder stellen wollte, stellte ich allerdings fest, dass das Rad in alle Richtungen viel zu viel Spiel hatte.
"Whats that!" fragte ich die Fundis
"Your Bearings are finish!" gab man mir ohne zu zögern zu verstehen, dass die Radlager kaputt seien.
"And why you don´t tell me that?" fragte ich
"You didn´t ask!" bekam ich die simple Antwort.
Natürlich hatte ich nicht gefragt, bis eben wusste ich nicht einmal genau wo die Radlager saßen!
"I get newones here in Narok?" wollte ich wissen
"Yes, but not tonigth!"
"When dit you start tomorrow morning?"
Wir klärten ab, wann die beiden am nächsten Morgen mit der Arbeit beginnen können und das dann schon die neuen Radlager da sein sollten.
"Hast du schon mal in Narok geschlafen?" grinste ich Petra an und kannte die Antwort natürlich. Wir suchten uns eine Unterkunft in Narok und landeten im Seasons Hotel.
Der Preis war mit 2500 Shilling für das Doppelzimmer mit Dusche und WC ok, zwar war das angebotene Zimmer winzig klein aber es war sauber und vom Balkon hatte man sogar einen bedingten Überblick über Narok!
Hunger hatten wir beide keinen mehr und so tranken wir zwei Dosen Tusker Bier aus unserem Safaribestand und waren dann früh im Bett.
Der Weckdienst des Hotels hatte uns zuverlässig geweckt und nach einem akzeptablen Frühstück fuhren wir auf wackligen Rädern zurück zur Werkstatt. Die beiden Fundis waren tatsächlich schon da, die Ersatzteile natürlich noch nicht. Aber erst einmal mussten die alten Radlager ja auch ausgebaut werden. Pünktlich um 08.00 Uhr begannen die Arbeiten am Landcruiser.
Anfangs ging alles recht zügig.
Auch die benötigten Ersatzteile ließen sich schnell besorgen und es gab sogar originale Neuteile! Als die beiden dann allerdings begannen das Rad wieder zusammen zu setzten hatte ich den Eindruck, das sie diese Art Arbeit zum ersten mal in ihrem Leben verrichten. Speziell der ältere von beiden (Mr. "I´m since 30 years a mechanic!!") drehte jedes einzelne Teil mehrfach und ungläubig in seinen Händen.
Gegen 12.00 Uhr entdeckte ich dann Frank mit seinem Nisan Patrol auf der Tankstelle und wir erfuhren, dass er die letzten 5 Tage in Nairobi zugebracht hatte um eine neue Wasserpumpe in seinem Fahrzeug installieren zu lassen. Dunja, seine Lebenspartnerin hatte unterdessen im Aruba Camp auf ihn gewartet. Nun wussten wir zumindest warum wir uns in der Mara nicht mehr getroffen hatten.
"I´m since 30 years a mechanic!!"
"...und warum geht es dann nicht wieder zusammen?"
Frank der eine Menge mehr von Autos versteht als ich, riet mir immer wieder, die Mechaniker zu wechseln und es tat ihm glaube ich mehr weh als mir, als wir zusahen wie meine beiden Spezialisten mit einem großen Eisenhammer auf mein Rad einprügelten. Die beiden vermutlich selbsternannten Fundis bekamen das Rad einfach nicht wieder zusammen.
Später traf auch Margit (KIWARA Safaris) an der Kenol Tankstelle ein.
Wir hatten zwischendurch mehrfach telefoniert als ich noch daran glaubte, dass wir uns irgendwo auf der Strecke treffen würden. Margit war mit Safarigästen auf dem Weg in die Mara und nun blieben sie erst einmal zum Lunchen in Narok. Petra gesellte sich zu ihnen und Frank und ich blieben am Landcruiser. Nach einer weiteren Stunde, ich glaube es ging auf 15.00 Uhr waren wir noch nicht wirklich weiter, Margit hatte sich schon in Richtung Mara verabschiedet und auch Frank musste weiter.
" Please, remove everythink and start again!" forderte ich die Mechaniker auf alles wieder auseinander zu nehmen und von vorne mit dem Zusammenbau zu beginnen.
"Oh, thats the problem!" fingerte man erstaunt mehrere kleine Metallstücke aus dem Rad, die verhindert hatten, dass das neue Lager hineinpassten.
Irgendwie hätte ein Mechaniker auch von alleine darauf kommen können, dachte ich still vor mich hin und dann fiel mir mein alter Leitsatz wieder ein:
"In Afrika brauchst du etwas Geld und viel Zeit!"
Gegen 16.00 Uhr fuhren wir nach 8 Stunden, teilweise sinnloser Arbeit endlich in Richtung Nairobi.
Am nächsten Morgen wurde, während wir Gaby und Dave unsere Erlebnisse schilderten und über Zukunftspläne fachsimpelten, der Landcruiser in der Sunworld Garage noch einmal überprüft und ordentlich verschraubt. Anschließend fuhren wir zu Daphne Sheldrick wo wir dem kleinen Nashorn Solio einen Besuch abstatteten, bevor es dann weiter in Richtung Küste ging.
geb: 01.04.2010 auf der Solio Ranch, seit 24.09.10 in Nairobi
täglich 10 Liter Nashornersatzmilch
Spenden an den David Sheldick Wildlife Trust zur Unterstützung der Aufzucht des Nashornabys Solio sind hier möglich:
David Sheldrick Wildlife Trust
Wir überlegten noch kurz, ob wir einen weiteren Zwischenstopp im Tsavo Ost National Park einlegen wollten, entschieden uns dann aber doch für den direkten Weg zur Küste zurück nach Hause in das Boko Boko.
Boko Boko Guesthouse
Es folgten fünf erholsame Tage, die wir am Bamburi, Jumba und Kikambala Beach und natürlich im Boko Boko verbrachten. Wir genossen noch das ein oder andere Mal die Unterwasserwelt des Indischen Ozean und erfreuten uns am Wildlife im Garten vor unserer Terrasse, wo wir neben verschiedenen Echsen, auch Affen, Igel und verschiedene Vögel beobachten konnten. Und weil nach der Safari für uns auch immer vor der Safari ist, gab es natürlich auch am Landcruiser noch ein wenig was zu schrauben.
Kenya North Coast
Inzwischen steht fest, das meine nächste Safari im Januar 2011 in den Tsavo Ost stattfinden wird und da ich 4 Wochen in Kenya verbringen werde, bleiben 1 -2 Wochen Zeit für eine weitere Safari, z.B. in die Masai Mara, in den Tsavo oder als Rhino Safari über Nairobi in Richtung Mount Kenya . Wer also das Abenteuer sucht und wer neben guter Wildbeobachtung, Kenya auf eine ganz besondere Art erleben möchte, der kann mich gerne anschreiben, vielleicht kann ich ja im Februar jemanden einen Safaritraum erfüllen.