Ein Reisebericht von:
Safari in Kenya

Text Jörg Reinecke; Fotos Jörg und Petra Reinecke (digital)
Petra Reinecke

Big Game am Talek River
- Safari im September/Oktober 2010; Teil 4 -


Big Game am Talek River
Bei gutem Wetter und blauem Himmel, kamen auf meist guten Straßen zügig voran. Erst ging unsere Fahrt durch das sattgrüne Hochland, dann hinunter und vorbei an Gilgil und Naivasha bis in den Afrikanischen Graben und später wieder hinauf in Richtung Masai Mara. Die letzte größere Stadt, Narok, erreichten wir fast zwei Stunden früher als erwartet. Eine kurze Rundumsicht am Landcruiser ergab keine Mängel und so füllten wir nur kurz die Dieseltanks auf und fuhren dann weiter. Den Streckenabschnitt zwischen Narok und dem Sekenani Gate hatte ich von meiner Safari im Februar noch in guter Erinnerung und so waren wir zuversichtlich gegen 15.30 Uhr im Masai Mara Reservat anzukommen. Allerdings hatten wir diese Zeitrechnung ohne den Faktor "Afrika" gemacht. In den vergangenen 7 Monaten hatte sich die eigentlich ordentliche Asphaltstraße in eine völlig durchlöcherte Piste verwandelt. Es war unmöglich jedes Schlagloch zu umfahren und so mussten die Federn und Stoßdämpfer des Landcruiseres wieder einiges aushalten. Trotzdem erreichten wir nach einer Gesamtfahrzeit von 8 Stunden um 16.00 Uhr das Sekenani Gate des Masai Mara Reservates.

Kenya road Kenya road

Kenya road

Kenya road Kenya road

Kenya road Jörg Reinecke

Petra Reinecke


Petra öffnete die vordere Dachluke und wir fuhren mit Schrittgeschwindigkeit über die holprige Piste und suchten die Umgebung nach Wild ab, als ich plötzlich, ein lautes, schnarrendes Geräusch vernahm. Wir blickten uns an.
"Was war das?" fragte Petra mich
"Weiß nicht, klingt als komme es von vorne links!" gab ich zurück.
Wir fuhren langsam weiter um das Geräusch besser lokalisieren zu können. Nach wenigen Metern war ich noch überzeugter, dass das Geräusch irgendwo von vorne links kam.
"Ich glaube das Rad eiert!" meinte Petra als sie aus dem Fenster blickte.
"Fahr du mal!" schlug ich vor und kniete mich anschließend vor das Auto, damit Petra langsam auf mich zu fahren konnte.
"Ich sehe nichts, könnte aber die Radaufhängung sein!"
Je schneller wir fuhren, je lauter wurde das Geräusch. Wir stoppten und ich rief mit dem Mobil (Safaricom sein Dank) bei Gerdi im Aruba Camp an. Obwohl wir uns bisher nur via Internet kannten versprach sie sofort einen Mechaniker zu senden. Ich erklärte ihr noch kurz, wo im Reservat wir uns befanden und dann warteten wir. Nach 30 Minuten Wartezeit entschlossen wir uns zu einer weiteren Ursachenerforschung, diesmal hockte Petra vor dem Landcruiser.
"Das ist nicht vorne links, das kommt hier aus dem Motorraum!" zeigte Petra auf die Haube. Ich stieg aus und öffnete die Selbe.
"Joh, der Kühler ist abgebrochen und liegt auf dem Ventilator!" erklärte ich Petra, die einen wichtigen Blick in den Motorraum warf und dann auch gleich mit dem Reparaturvorschlag kam:
"Den kannst du doch mit Kabelbindern selber festbinden!"
"Äh, ja!" antwortete ich verdutzt.
Tatsächlich ließ sich der vergleichsweise kleine Schaden schnell selber beheben und Petra lässt sich von nun an als Safari Chefmechaniker von mir feiern!
"Wer hat`s gefunden?" und
"Wer wusste wie man es repariert?" fragte sie grinsend immer wieder!

Jörg Reinecke Jörg Reinecke

Den von Gerdi geschickten Fundi fingen wir unterwegs ab und fuhren dann direkt zum Aruba Camp am Talek Gate. Obwohl wir langsam durch das Reservat fuhren, sahen wir unterwegs nur wenig Wild. Im Camp ließen wir uns ein Zelt geben, räumten unsere Sachen aus dem Fahrzeug und dann fuhr ich mit dem Mechaniker rüber in den 3 Minuten entfernten Ort Talek und zu der nun schon oft genutzten Talek Garage. Hier ließ ich die Halterung für den Kühler schweißen und verstärken, und wünschte mir wieder einmal, so gute Mechaniker auch an der Küste zu finden. Während man an der Küste solche Reparaturen immer nur schnell und oberflächlich repariert, was ständig dazu führt, das ein und die selbe Sache 10 Mal gemacht werden muss; reparierte man hier etwas mehr mit Köpfchen und wohl wissend, was die Autos im Bush leisten mussten. Niemals wäre mein Fundi an Küste auf die Idee gekommen, die Kühlerhalterung mit zusätzlichen Gummis gegen Schläge und Stöße abzusichern. Hier aber wurden ohne viele Worte aus alten Autoreifen Gummischeiben für mich geschnitten und als Dämmung eingebaut. Auch die Anschließende Verlötung des Kühlers erfolgte ungeheuer sorgsam.
Und wieder einmal erlebte ich den ersten Sonnenuntergang auf meiner Mara Safari vor der Rafiki Talek Garage.

Talek
Rafiki Autogarage - Talek 0722 754819
Talek Talek

Talek


Rechtzeitig um 20 Uhr zum Dinner war ich zurück im Camp. Petra hatte inzwischen Gerdi kennen gelernt und auf mich gewartet. Nach dem Essen zogen wir uns früh auf unsere kleine Terrasse vor dem Zelt zurück, leider war der Bush unmittelbar vor dem Zelt sehr hoch und dicht, so dass wir uns wenig Hoffnung machten auch nur das Geringste an Wild zu sehen. An diesem Abend gingen wir sehr früh schlafen, durch den defekten Kühler war die ohnehin lange Etappe, zeitlich noch in die Länge gezogen worden und schließlich wollten wir am nächsten Tag mit den ersten Sonnenstrahlen hinaus in die Savanne der Masai Mara.

Aruba Camp - Masai Mara
Aruba Camp - Masai Mara

Aruba Camp - Masai Mara Aruba Camp - Masai Mara
Aruba Camp - Masai Mara Aruba Camp - Masai Mara

Aruba Camp - Masai Mara


Das Aruba Camp liegt nur wenige Minuten vom Talek Gate entfernt und so nutzten wir die Gelegenheit um das Gebiet um das nahe Fig Tree Camp mit dem Landcruiser zu durchpirschen.
Kaum auf der anderen Seite des Talek Flusses angekommen, mussten wir aber leider feststellen, das zusätzlich zu den schon seit einigen Jahren gesperrten Gebieten zwischen Talek Gate und Sekenani Gate nun auch ein Teil der Savanne vor dem Fig Tree Camp gesperrt wurde. Da wir vor einigen Jahren das Fig Tree noch gerne als Basis in der Mara genutzt hatten, kannten wir uns auch in diesem Teil des Reservates recht gut aus und erkannten schnell, das weder Teile der Migration noch viel anders Wild in diesem Gebiet zu finden war. Schon wollten wir zurück zum Gate fahren um entlang des Talek Rivers nach Katzen zu suchen, da wurden wir auf einen dunkeln Schatten im hohen trockenen Gras aufmerksam. Das katzengroße Tier durchstreifte offensichtlich die Umgebung nach etwas fressbaren. Die Beobachtung und vor allem das fotografieren wurde durch das hohe Gras sehr beeinträchtigt und unsere Versuche dem Tier mit unserem Fahrzeug zu folgen scheiterten am unübersichtlichen Gelände. Schließlich wollten wir nicht schon am ersten Tag durch Offroadfahren auffallen. So mussten wir das vorerst unidentifizierte Tier ziehen lassen. Inzwischen konnten wir die Fotos auswerten und unseren Verdacht untermauern, wir hatten einen der sehr seltenen und meist nur nachts aktiven Streifenschakale beobachtet und fotografiert. Im Gegensatz zu ihren gleichgroßen Verwandten, den Schabrakenschakalen haben die Streifenschakale deutlich kleinere Ohren, die eher an eine Katze erinnern und durchstreifen die Savanne meist als Einzelgänger.

Streifenschakal
Streifenschakal - .........
Streifenschakal


Trotz dieses Erfolges wechselten wir zurück auf die andere Seite des Talek Rivers und fuhren im weiten Bogen in Richtung Ol Kiombo Airstrip. Eigentlich wollten wir ursprünglich dem River folgen, aber schnell bemerkten wir das sich sehr viel Wild, inklusive der Gnus und Zebras nördlich der Allwetterpiste aufhielt.

Wir folgten vielen verschiedenen Fahrspuren und wechselten oft die Richtung, als Petra fragte:
"Weist du noch wo wie sind?"
"Nö, nur wo wir nicht sind!" antwortete ich mit einem Lächeln
"aber hakuna matata; da vorne ist Serena!" deutete ich auf den markanten Baum am Horizont.
"Davor verläuft der Mara River, der Talek liegt links von uns und die Allwetterpiste rechts. Ich brauche nur noch eine meine Landmarken und dann weiß ich wieder genau wo wir sind!"
"Klingt ganz einfach und trotzdem werde ich das nie lernen!" grinste Petra zurück während wir weiter durch unbekanntes Terrain fuhren.
Wenig später stießen wir auf ein Camp an einem kleinen Flusslauf. Wo wir waren wussten wir immer noch nicht genau. Gerade als wir das Olumara Camp umfahren wollten entdeckten wir im Gelände drei Geparden! Ein Weibchen mit zwei ca. einjährigen Jungs zog durch die auffallend grüne Landschaft, nicht nur die äußerst schlanke Talje, sondern auch das Verhalten der Tiere zeigte uns, das sie sehr hungrig und auf Beutezug waren. Das einige Meter vor den jungen Männchen laufende Weibchen hielt den Kopf aufmerksam in die Höhe und stoppte immer wieder um die Umgebung mit Blicken nach Beute abzusuchen, wobei sie jede Erhebung, wie Erdwälle oder Termitenhügel als Ausguck nutzte. Die in der Nähe stehenden Topis wussten anscheinend genau, das ihnen von der jungen Mutter und den Halbwüchsigen keine Gefahr drohte, zumindest gingen sie den Geparden zwar aus dem Weg, machten aber keine Anstallten zu flüchten. Wir behielten die gefleckten Jäger eine ganze Weile im Auge und folgten ihnen, da aber auch wir mit dem Fernglas nirgends jagdbares Wild entdecken konnten ließen wir sie irgendwann ziehen.

Gepard Gepard

Gepard

Wenig später überquerten wir einen kleinen Fluss und ich war mir sicher, dass es sich um den Ol Are Orok handeln musste. Als wir nach einer langen Biegung eine weitere Furt durchqueren mussten, war ich mir sicher unseren Standort genau bestimmen zu können.
"Double crossing, wir sind in der Nähe des Mara Bush Camp!" freute ich mich wieder genau zu wissen wo wir waren.
"Cola im Camp?" fragte ich weiter
"Ja, ist eh Mittagszeit!" antwortete Petra und so fuhren wir entlang des Ol Are Orok in Richtung Mara Bus Camp.
Noch bevor wir das Camp erreichten entdeckten wir unsere ersten Löwen auf dieser Safari. Ein erwachsenes und zwei junge Weibchen lagen unweit des Rivers im Halbschatten. Während das alte Weibchen schlief, spielten die beiden jüngeren Katzen neben unserem Fahrzeug. Ich vermutete, das es Tiere aus dem Ol Koimbo Rudel waren, ob wir sie auf vergangenen Safaris schon einmal beobachtet hatten, wussten wir nicht, auffällig war nur, dass eine der jungen Löwinnen eine Verletzung an einem der Hinterläufe hatte und stark hinkte. Nachdem die Katzen sich in den Schatten zurückgezogen hatten setzten wir unsere Fahrt ins Bush Camp fort.

Löwe

Löwe Löwe

Löwe

Herzlich aber etwas verwundert wurden wir von Charles, dem Manager des Camps, begrüßt:
"I expect you tomorrow!" gab er uns zu verstehen, das wir eigentlich erst für morgen angemeldet waren.
"You are right, we are just arround and like to have a break for a soda!" anwortete ich
"Karibu sana and feel free, you know the camp!" lud Charles uns in das Camp ein.
"Oh, Mr. Jorg you are back?" begrüßte Peter, der Barkeeper, uns freudig und vermittelte uns ein wenig das Gefühl, nach Hause zu kommen.
Wir suchten uns einen ruhigen Platz direkt am River und genossen den Blick in den Bush am anderen Ufer. Mit einer kühlen Cola löschten wir unseren Durst und wir erfreuten uns an der Aussicht. Unter uns im Fluss planschte lautstark ein junges Flusspferd und neben uns hämmerte ein Specht auf der Suche nach Insekten in einem Baum herum. Von Charles erfuhren wir noch, dass sich gestern, ganz in der Nähe, einige Löwen mit einem Kaffernbüffel angelegt und dabei den Kürzeren gezogen hatten, was auch die hinkende Löwin erklärte.

Nach knapp einer Stunde brachen wir wieder auf und setzten unsere Pirschfahrt fort. Diesmal fuhren wir direkt entlang des Talek River zurück in Richtung Aruba Camp. Der Talek führte jede Menge Wasser und dort wo es tief genug war und das Wasser stand, lagen große Gruppen von Flusspferden im Fluss und dösten friedlich vor sich hin. In einer Biegung des Talek Rivers bemerkten wir eine Flusspferdkuh mit einem winzig kleinen Kalb. Das Hippo Baby konnte nur wenige Tage alt sein und tauchte neben dem Muttertier immer wieder ab, um darauf kurz nach Luft schnappend an der Wasseroberfläche zu erscheinen. Es sah aus, als würde das Minihippo im Wasser hüpfen. Nach einer Weile des Herumtobens legte sich das Kleine zwischen zwei Steinplatten im Flußbett und war danach fast nicht mehr zu erkennen. Aufmerksam lag die Mutter im tieferen Wasser neben ihrem Sprössling und schien dabei das Nilkrokodil, welches nicht all zu weit entfernt am Ufer lag, nicht aus den Augen zu lassen.

Flusspferd
Flusspferde am und im Talek River
Flusspferd

Flusspferd
Flusspferd Flusspferd

Flusspferd

Nilkrokodil

Nicht nur bei den Flusspferden gab es kleinen, niedlich Nachwuchs zu beobachten, an diesem Nachmittag entdeckten wir auch noch eine Zebrastute mit einem kleinen Fohlen und erlebten, wie der junge gestreifte Esel (wie die Tiere im Suaheli übersetzt heißen) dicht gedrängt an die Mutter durch das hohe Gras trabte.

Das Ufer des Talek Flusses war eine belebte Kulisse und bis wir zurück im Aruba Camp waren konnten wir entlang des Rivers Elefanten, Kaffernbüffel, Impalas und eine große Gruppe Giraffen beobachten. Thomson Gazellen und Zebras sowie Gnus standen verstreut im Gelände und waren friedlich am Grasen.

Für eine erste Übersichtspirschfahrt, war der Tag sehr gelungen und zusammen mit den Informationen aus dem Mara Bush Camp konnten wir uns ein gutes Bild über Wildbewegung und Standorte der großen Katzen machen. Wir hatten gehört, dass die drei großen Gepardenbrüder immer noch große Teile der zentralen Mara kontrollieren, hatten von einer Gepardin mit 6 Jungen erfahren, was zusammen mit den von uns beobachteten Geparden eine gute Voraussetzung für weitere Beobachtungen war. Hatten erste Kontakte zu teilen der Ol Kiombo Löwen und wussten von einem Leoparden in der Nähe des Mara Bush Camps. Zudem ließ die grüne Landschaft hoffen, das in naher Zukunft die Gnuherden auch wieder das Kiombo Gebiet in größerer Anzahl bevölkern würden und so sahen wir der kommenden Woche gespannt entgegen.

Afrikanische Elefanten

Gnus

Masai Giraffen

Masai Giraffen

Elefant


Zurück im Aruba Camp suchte ich erst einmal nach Frank. Frank ist wie wir regelmäßig mit seinem eigenen Fahrzeug in der Masai Mara unterwegs. Beim verlassen des Camps am Morgen, hatte ich seinen auffälligen Nissan Patrol auf dem Parkplatz gesehen und eigentlich gedacht das wir uns im Bush begegnen würden. Ich fand Frank auf dem Platz zwischen unseren Autos. Lachend stellten Frank und ich fest, dass wir am Vorabend beim Dinner fast nebeneinander gesessen hatten.
"Autos kann man sich leichter merken als Gesichter!" stellte ich fest und spielte damit auf unsere kurze Begegnung im letzten Jahr, irgendwo am Talek River, an.
Wir erläuterten uns gegenseitig unsere Pläne und dann stellte Frank mir sein neustes Spielzeug, eine Fotokamera auf einem ferngesteuerte Allradfahrzeug, vor. Gut getarnt als Stein, sollte das Ding zum Einsatz kommen.
Nachdem sich auch unsere Frauen begrüßt hatten erklärte ich, dass wir morgen bereits an den Ol Are Orok River in das Mara Bush Camp wechseln werden. Wir waren uns aber sicher, dass sich unsere Wege in diesem September in der Mara noch öfter kreuzen würden.

Der nächste Tag begann für uns wieder in aller Frühe noch vor Sonnenaufgang, während es im Zelt angenehm warm war, fröstelte es uns etwas als wir hinaus auf die Holzterrasse traten. Ein Baumgecko huschte um das Geländer um sich vor uns zu verbergen und aus dem Busch vor uns flüchtete ein Vogel. Ansonsten war der Morgen sehr ruhig. Wir packten unsere Kisten und Ausrüstung zusammen und verluden sie im Landcruiser, anschließend gönnten wir uns ein kurzes deftiges Frühstück. Voller Tatendrang und gespannt auf neue spannende Wildbeobachtung saßen wir wenig später im Landcruiser. Ich drehte den Zündschlüssel im Zündschloss und wir vernahmen ein wohlbekanntes "Klick"!
"Klick, klick!" machte es auch bei den weiteren Versuchen das Fahrzeug zu starten.
"Oder doch nicht ganz früh am Talek River?" brummte ich etwas frustriert zu Petra
"Soll ich wieder?" grinste Petra mich an, als ich die Motorhaube öffnete.
"You need a mechanic?" fragte mich ein Masai der aus der Lodge kam,
"I think so, must be the starter!" fachsimpelte ich und löste erst einmal die Batteriekabel. Wie so oft waren wir sofort umringt von helfenden Händen und während einer vergeblich versuchte einen Mechaniker per Mobilphone zu organisieren, werkelte ein anderer eifrig unter der Motorhaube herum.
"Do you have a spanner?" wurde nach einem Schraubenschlüssel gefragt,
"Screwdriver!" erklang die Frage nach einem Schraubenzieher aus dem Motorraum, und während ich noch dabei war weiteres Werkzeug aus meiner Box zu suchen, erklang plötzlich das angenehme Motorbrummen unseres Landcruisers! Mit dankbaren Blicken und anerkennenden Worten verabschiedete ich mich bei den Anwesenden und dann fuhren wir hinaus in die Savanne der Mara.

Wir durchquerten den kleinen Ort Talek, tankten an der kleinen Bushtankstelle, an der man seinen Diesel aus Kanistern und Gallonen via Schlauch bekommt, fuhren dann vorbei an bunt gekleideten Masaifrauen und fröhlichen Kindern, die Ziegen hüteten und kamen dann auf einige Lehmhütten zu. Kurz nach den letzten Hütten der Masai ging es noch einmal vorbei an einer großen Rinderherde, der unmittelbar einige Zebras und Giraffen folgten. Über den Rücken der Antilopen und Zebras sah man die Masai Hirten mit ihren Ziegen- und Schafherden zum Talek River ziehen. Es dauerte nicht lang und dann hatten wir den Talek River erreicht. Die, dem Ufer, dicht folgende, Piste war immer ein Garant für gute Wildbeobachtungen, auch wenn wir später als geplant losgekommen waren.
Petra war gerade dabei die Dachluke zu öffnen, da entdeckte ich ihn:
"Leopard!" meldete ich kurz und freudig um sofort nach der Fotokamera zu greifen.
Drüben am gegenüberliegenden Ufer schlich unten am Wasser ein kräftiger Leopard entlang. Die Katze machte einen sorglosen und satten Eindruck, ihrer Körperform nach musste das Tier vor kurzem gefressen haben und jetzt nach einem geeigneten Ruheplatz suchen. Die anmutige Raubkatze kletterte in den Felsen am Ufer hinauf und verschwand dann im Dickicht!
"Asante!" murmelte ich vor mich hin und strich über das Lenkrad des Landcruisers
"Währen wir rechtzeitig losgekommen, hätten wir den Leoparden verpasst!"
"Ist schon Mystisch, der Cruiser weiß immer wann er wo verzögern muss!" dachte ich so vor mich hin und erinnerte mich an den Februar des Jahres, als wir am Talek River fast mit dem Auto auf der Seite lagen und unmittelbar nach unserer Bergung den vorher vergeblich gesuchten Leoparden fanden.

Leopard

Leopard


Gut gelaunt setzten wir unsere Fahrt am Ufer des Talek fort. Im zweiten Gang rollten wir langsam auf der Piste entlang, die sich wie ein Wurm durch das Gestrüpp am Flussufer schlängelte, Anfangs noch eher eben und später häufig rauf und runter, jeder Schleife des Talek Rivers folgend. Selbst wenn man hier keine Tiere sehen würde, die Fahrt auf kleinen Pisten und mit Blick auf den Fluss war ein Abenteuer für sich und ließ unsere Gedanke wandern. Lange hatte man nie Zeit, seinen Gedanken nachzuhängen. Elefanten, Löwen, Kaffernbüffel, Flusspferde und Nilkrokodile am Ufer und im Wasser lenkten immer wieder unsere Aufmerksamkeit auf sich. Unser Ziel war es gegen Mittag das Mara Bush Camp zu erreichen und so hatten wir es für die kurze Etappe alles andere als eilig. Immer wieder stoppten wir den Wagen um das Wild zu beobachten, immer wieder faszinierten uns Tiermütter mit ihren Babys, egal ob Zebras, Topis oder Elefanten!

Das Nahrungsangebot für die Pflanzenfresser war reichlich, große Teile der Landschaft waren saftig grün, wenn auch das frische Gras noch kurz war. An anderer Stelle stand langes trockenes Gras und bot so den Fleischfressern gute Deckung. Obwohl Gnus an diesem Tag, nur vereinzelt in kleineren Herden zu sehen waren, konnte man egal in welche Richtung man blickte, Wild entdecken. Oft stoppten wir den Wagen um mit dem Fernglas die Umgebung abzusuchen oder einfach nur um die Tiere um uns herum zu beobachten. Oft zeigt einem das Verhalten der Tiere die man sieht, das was man sucht. In diesem Fall waren es die Geier, die uns durch ihren Sinkflug verrieten, dass ein Kadaver in der Nähe sein musste. Kaum fuhren wir in die Richtung in der die Geier zu Boden gingen, kam uns auch schon die erste Tüpfelhyäne entgegen, ehe wir ein gerissenes Gnu fanden, von dem sich, lautstark, große Ohren- sowie Rüppel- und Weißrückengeier die letzten Überreste teilten.

Tüppfelhyäne

Masai Mara
Masai Mara Ohrengeier

Masai Mara

Masai Mara

Als die Sonne ihren Zenit erreichte, erreichten wir das Mara Bus Camp und bezogen unser Zelt. Da wir viel Wild in der Nähe wussten, gönnten wir uns eine ausgiebige Mittagspause und ein kleines Lunch, ehe wir wieder in die Wildnis hinaus fuhren. Eigentlich fuhr man gar nicht hinaus in die Wildnis, schließlich lag das Mara Bush Camp nicht nur inmitten der Wildnis, sondern es war Teil davon. Kein Zaun, kein Graben hinderte das Wild daran sich den Zelten zu nähern oder das Camp zu durchqueren. Speziell in der Dunkelheit nutzen viele Tiere diesen Umstand und so grasen regelmäßig die Flusspferde zwischen den Zelten, zeigen sich Hyänen am Ufer und nicht selten durchstreift ein Leopard das Camp! Tagsüber sieht man die Flusspferde im Fluss dösen und hin und wieder stehen Impalas oder Wasserböcke zum Trinken am Ufer.

Den Nachmittag wollten wir nutzen um weitere Katzen aufzuspüren. Irgendwo mussten die drei Löwinnen vom Vortag sein und ein erneuter Hinweis einer Sichtung der drei Gepardenbrüder gab Hoffnung ihren Aufenthaltsort aufzuspüen. Die Löwen mussten wir nicht lange suchen, sie lagen unweit der Stelle an der wir sie am Vortag beobachtet hatten, satt und kugelrund im Schatten eines kleinen Baumes. Neben ihnen lag der geöffnete und noch nicht ganz verzehrte Kadaver eines Gnus. Wir warteten in nicht allzu großer Entfernung darauf, dass eine der Großkatzen an den Kadaver zurückkehrte und wurden nach kurzer Zeit für unsere Geduld belohnt. Abwechselnd kamen zuerst die beiden jungen und später die adulte Löwin zum Riss zurück und nagten mit ihren kräftigen Kiefern an den Knochen oder fraßen große Stücke Fleisch.

Löwen

Löwen Löwen

Löwen


Von einem vorbeikommenden Safarifahrzeug erhielten wir einen weiteren Tipp über den vermeintlichen Aufenthaltsort der drei Brüder.
Die Geparden waren gegen Mittag in der Nähe des "double crossing" gesehen worden. Wir machten uns also auf den Weg sie zu suchen. Von einer Anhöhe aus suchten wir mit unseren Ferngläsern nach den gefleckten Jägern und plötzlich hatte ich sie im Visier. Ich freute mich auf ein Wiedersehen der kräftigen Katzen und fuhr ohne Umwege auf sie zu.
"das sind nicht die drei Jungs!" stellte ich schon aus einiger Entfernung fest,
"das sind die drei Geparden von Vorgestern!" ergänzte ich mich selber.
Vor uns spielten und balgten sich die beiden jungen Männchen, während ihre Mutter die Umgebung aufmerksam mit scharfem Blick absuchte. Noch immer schienen die Raubkatzen nichts gefressen zu haben, noch immer waren sie auffallend jagdlustig. Genau wie das Weibchen, suchten auch wir die Umgebung nach vermeintlichen Beutetieren ab. Dieses Mal hatten die drei mehr Glück, in der Ferne standen einige Thomson Gazellen, die bevorzugte Beute der meisten Geparden, sieht man mal von den gefräßigen 3 Brüdern ab, die in der Regel viel größere Beute schlagen. Wir entfernten uns von den Geparden und suchten uns eine günstige Position zwischen ihnen und den Thomson Gazellen, anschließend mussten wir nur noch warten. Es dauerte nicht lange und die Gepardin fing an sich zu strecken und zu dehnen, anschießend trottete sie zielgerichtet, auf die Thomson Gazellen zu. Aber schnell war klar, warum diese drei Raubkatzen so unterernährt aussahen, nicht nur das die beiden jungen Männchen noch keinerlei Jagderfahrung besaßen und deshalb ohne Deckung von einer kleinen Anhöhe aus ihrer Mutter zusahen, auch das Weibchen selber wirkte unsicher. Zwar nährte sie sich zielsicher der vermeintlichen Beute, nutzte hierbei aber keinerlei Deckung und wurde deshalb viel zu früh entdeckt. Auf viel zu große Distanz versuchte die Gepardin auf die Beute zuzustürmen und so ging ihr Angriff ins Leere. Nachdem die Thomson Gazellen geflüchtet waren folgenden auch die beiden Jungen Männchen und alle drei schienen im hohen Gras etwas zu suchen, zogen dann aber weiter, um von einem Termitenhügel aus nach neuer Beute Ausschau zu halten.

Gepard


Wir fragten uns, wie hatte diese Gepardin es geschafft zwei Jungtiere aufzuziehen? Wir wünschten uns die drei in den kommenden Tagen noch öfter wieder zu sehen und hofften vor allem dass sie irgendwann erfolgreich jagen würden, Beute war genug vorhanden.
Unsere Pirschfahrt führte uns weiter, bis wir fast den Mara River erreichten. Hier überzeugten wir uns davon, was uns schon verschiedene Fahrer erzählt hatten, es gab so gut wie keine Gnus und Zebras in diesem Gebiet, mit einem größeren Crossing in den nächsten Tagen war nicht zu rechnen. Mit Einbruch der Dämmerung erreichten wir wieder das Camp.

Mitten in der Nacht wurde ich von lautstarkem Gebrüll geweckt, das Tier schien direkt vor unserem Zelt zu stehen. "Löwen!" wollte ich Petra wecken, merkte aber das dazu mehr notwendig war als anstupsen oder lautes Katzengebrüll. Wieder hörte ich das rauchige, für Löwen untypische Gebrüll, jetzt war es etwas weiter entfernt. Das war kein Löwe, schoss es mir in den Kopf, jetzt wo ich richtig wach war erkannte ich das rauchig kehlige Brüllen. Es war ein Leopard im Camp! Sehr leicht bekleidet und nur mit meinem Scheinwerfer bewaffnet verließ ich das Zelt und leuchtete die Umgebung ab. Vergeblich, von unserem nächtlichen Besuch war nichts mehr zu sehen. "Schade!" dachte ich und legte mich wieder schlafen. Inzwischen habe ich mit anderen Gästen kommuniziert, die wenige Wochen vor unserer Anwesenheit im Camp waren und mehr Glück hatten. Sie sahen und begegneten dem Leoparden im Camp. An dieser Stelle ein herzliches Jambo an Mama Chui und ihren Mann! Aber auch Charles bestätigte mir an zwei weiteren Abenden dass der gefleckte Jäger im Camp gewesen war, einmal kam er sogar zur Lunchzeit und ich beschwerte mich warum ich erst hinterher davon erfuhr.

Manchmal werden wir gefragt:
"Ist es nicht langweilig immer in die Selben Gebiete zu fahren und immer das Selbe zu sehen und zu erleben?" und nur wenige verstehen, wenn wir antworten:
"Es ist nie das Selbe und kein Tag ist wie der andere! Selbst die Landschaft ist jedes Mal anders!" Und so wurden wir auch diesmal nicht müde die Tage vor Sonnenaufgang zu beginnen, genossen es jeden Tag aufs Neue den Tag mit Tee und Keksen vor dem Zelt zu begrüßen und dann mit dem Landcruiser zwischen großen und kleinen Tieren in einer unbeschreiblich schönen Landschaft umherzufahren, bis irgendwann die Sonne, die Mara in ein tiefes Rot einfärbte, ehe sie am Horizont verschwand.

Mara Serena Lodge


Safari September 2010 Teil V, Große und kleine Katzen - (hier gehts weiter)