Am nächsten Morgen, Stefan hatte trotz einer zweiten Matratze wieder nicht besonders gut geschlafen, brachen wir nach dem
Frühstück auf in Richtung Masai Mara. Nach ca. dreistündiger Fahrt durch das Rift Valley erreichten wir gegen Mittag Narok,
die letzte größere Stadt vor der Masai Mara. Bei einer unserer letzten Safaris waren wir, aufgrund einer Panne mit unserem
Landcruiser, in dieser Stadt hängen geblieben und hatten so das Seasons Hotel http://www.seasonshotelskenya.com/
kennengelernt. Ich buchte ein großes geteiltes Familienzimmer für uns alle zusammen und dann bummelten Stefan, Jeanne und
Elouan durch die nicht unbedingt einladende Stadt Narok. Ich nutzte die Zeit im Hotelzimmer etwas auszuruhen und sinnierte
vor mich hin: Schon acht Tage Safari und erst ein Tag Großwildbeobachtung! Abends nahmen wir unser Dinner im Seasons und gingen dann zeitig schlafen. Nach einem frühen Frühstück sollte es am nächsten Morgen endlich in die Wildnis der Masai Mara gehen. Doch während wir unser Gepäck verluden musste ich feststellen, das der in Naivasha geflickte Reifen wieder Luft verlor. Das Angebot an Werkstädten und Tankstellen in Narok ist groß und so war es kein "matata" den Reifen dort erneut flicken zu lassen. Etwas später als geplant machten wir uns also auf den Weg in die Masai Mara. Unterwegs machte der frisch geflickte Reifen erneut schlapp und musste gewechselt werden. Ich entschied mich, nicht noch einmal zu versuchen den Reifen reparieren zu lassen! Nach Rücksprache mit einigen Fahrern hatte ich die Strecke über Aitong ausgewählt. Die Bushpiste sollte im Gegensatz zu der fast total zerstörten Asphaltpiste in einem guten Zustand sein. Nur, guter Zustand ist in Kenya und bei den "Offroadpiloten" der Bushpisten relativ. Eine halbwegs befahrbare Straße und ist sie auch noch so holprig, gilt oft schon als gut. Von unseren letzten Besuchen im Februar und Oktober hatte ich die Strecke eigentlich in keiner guten Erinnerung. Und so hopsten und schaukelten auch dieses mal in Richtung Camp, wo wir gegen Mittag ankamen. Gerdi begrüßte uns kurz und knapp im Aruba Camp und ließ uns die Bushzelte zeigen. Grundsätzlich waren die Zelte ok und ausreichend, wobei ich für mich ein Zweimannzelt mit einem richtigen Bett aussuchte und Stefan, Jeanne und Elouan ein großes Doppelzelt mit drei Betten bezogen. Duschen und Toiletten waren für alle außerhalb. Die Versorgung wollten wir entspannt vom Camp beziehen. Schon bei der Anfahrt in die Mara hatte ich festgestellt, dass die Vegetation dicht und das trockene Gras sehr hoch waren. Ich machte mir ernsthafte Sorgen um eine gute Wildbeobachtung. Da ich aber in den letzten zehn Jahren regelmäßig in diesem Gebiet der Mara auf der Pirsch war, war ich mir sicher einige der mir bekannten Löwenrudel aufzustöbern. Nur die Sichtung von Geparden würde sicher nicht leicht werden. In den letzten zehn Jahren hatte ich erst auf einer von fünfzehn Safaris in die Mara keine Geparden beobachtet und hoffte nun innig, das diese Tour nicht die Zweite wurde.
Unsere erste intensive Pirschfahrt unternahmen wir entlang des Talek Rivers und ich musste feststellen, dass sich meine Befürchtung bestätigte. Natürlich sahen wir Wild, aber vereinzelte Antilopen und Zebras sowie ein paar Paviane reichten nicht aus, um meine Begleiter in ihren Bann zu ziehen. Da halfen auch die Nilkrokodile und Flusspferde nicht wirklich weiter! Natürlich ist die Wildbeobachtung im Januar in der Regel nicht so spektakulär wie während der Monate der Migration (August bis Oktober), auf der anderen Seite hatte ich gute Erfahrungen im Februar 2010 gemacht (siehe Bericht). Damals waren wir allerdings in einem anderen Gebiet der Mara und das Gras war nicht halb so hoch gewesen. "Did you spot any Duma the last days?" fragte ich im Camp bei den Fährtensuchern und Fahrern nach Geparden Sichtungen. "Last week I saw one, but that was far away!" erfuhr ich von einer Beobachtung aus der letzten Woche, die uns aber nichts nützte. Am nächsten Morgen saß Stefan mit einem Becher Kaffee in der Hand abseits an der der erkalteten Feuerstelle. Sein Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes. Ich sah Jeanne fragend an. "Die Betten gehen nicht, Stefan kann sich kaum bewegen. Er hat wieder die ganze Nacht nicht geschlafen!" "Hmm!" konnte ich nur von mir geben und fing erneut an zu grübeln "Außerdem wird es Elouan zu viel, immer nur im Auto zu sitzen. Er braucht Abwechslung, vielleicht einen Pool?" fuhr Jeanne fort. "Ok, ich kümmer mich, will mal sehen was geht, heute Mittag nach der ersten Pirschfahrt gehen wir erst einmal schwimmen!" hatte ich eine Idee. Ich versuchte von Gerdi im Aruba Camp ein stabileres Bett mit einem richtigen, nicht durchhängendem Lattenrost zu bekommen und telefonierte dann mit dem Fig Tree Camp. Gerdi konnte mir nicht weiterhelfen, dafür bekam ich im Fig Tree außerordentlich faire Raten angeboten, natürlich immer noch um ein vielfaches höher als im Aruba Camp, aber ich hatte das Gefühl, das ein höherer Campstandart momentan das einzige war, was das Scheitern der gesamten Safari verhindern konnte. Um auch in Sachen Wildbeobachtung keine Chance verstreichen zu lassen, lud ich mir gegen meine Gewohnheiten und vor allem gegen meine Überzeugung, einen Masai als Fährtensucher mit in das Fahrzeug ein. Ich wusste, dass sich einige selber fahrende Bekannte gerne auf die Qualitäten der Masai als Spoter verlassen, ich selber fühle mich immer am besten, wenn ich "meine Tiere" selber aufspüre. Patrick unser Masai wollte uns zuerst zu einem Baum führen, an dem am Vorabend ein Leopard beobachtet worden war. Zielsicher führte er uns zu dem nicht schwer zu findenden Baum. "Yesterday the leopard was in the tree!" erklärte er uns. "But there is no kill, no nothing? Why do you think it's still here?" fragte ich warum der Leo immer noch in dem kleinen Baum liegen sollte, wenn er keine Beute in dem Gebiet hatte. Patrick zuckte mit den Schultern und wir fuhren, die Gegend absuchend, weiter.
Ich hatte nicht den Eindruck, das unser Masai großen Spaß an seiner Aufgabe hatte und Jeanne und Stefan stellten fest, dass seine Anwesenheit auch nicht besonders Hilfreich war. Mich Ärgerte es am meisten, wenn Patrick mir im übersichtlichen Gelände den Weg zeigen wollte. Gegen Mittag setzte ich unseren erfolglosen Fährtensucher am Talek Gate ab und wir fuhren zur Fig Tree Lodge. Elouans Augen leuchteten als er den blauen, allerdings recht kalten Pool sah und Jeanne freute sich mit ihrem Sohn. "Ist nicht mehr abseits des Touristentrubels und teurer ist es auch, aber wenn ihr wollt, können wir morgen hierher umziehen!" erklärte ich Stefan. "warum nicht heute? Sind immerhin noch vier weitere Nächte!" antwortete dieser "...und ich brauche jetzt endlich ein richtiges Bett, sonst werde ich wahnsinnig!" "Ich habe kein Problem mit diesem Camp, früher waren wir regelmäßig hier!" signalisierte ich Stefan, das ich keine Einwände gegen einen sofortigen Umzug hätte. Wir ließen uns die geräumigen Zelte zeigen und während meine drei Begleiter am Pool relaxten, ließ ich zwei Zelte für die nächsten vier Nächte reservieren.
Der Umzug vom Aruba Camp in das ebenfalls am Talek River liegende Fig Tree Camp war schnell vollzogen und vor allem Jeanne konnte ihre Freude über das luxuriöse Zelt kaum verbergen. "Das ist nicht die erste Tour auf der wir im Zelt am Boden starteten und neben goldenen Wasserhähnen endeten!" lächelte sie mich an. Als ich dann am Nachmittag auf unserer Pirschfahrt auch noch offenes Gelände mit etwas kürzerem Gras entdeckte, war ich mir sicher das wir auch noch die gesuchten Katzen aufstöbern würden. Für unsere Nachmittagspirschfahrt wählte ich das Gebiet in dem am Vortag der Leopard gesichtet worden war. "Das der Chui die heißen Mittagsstunden im Schatten der Blätter verbringt wäre schon möglich...!" erklärte ich Jeanne und Stefan meine Suche und Elouan gleichzeitig das Suaheli Wort für Leopard. "...aber, dass er morgens noch in einem Baum liegt, in dem er am Nachmittag zuvor gesehen worden war, ist doch sehr unwahrscheinlich!" ergänzte ich. Aber auch am Nachmittag fanden wir keinen Hinweis auf die Anwesenheit eines Leoparden, stattdessen entdeckten wir einen verletzten Elefantenbullen. Das gewaltige Tier hinkte durch das satt grüne Gelände und lag später sichtlich angeschlagen mit dem Kopf auf einem Erdhügel. Die Tage dieses Elefantenlebens waren gezählt, es war nicht zu erkennen ob der Elefant leiden würden, sicher war nur, das er es schwer haben würde sich gegen ein Löwenrudel zu wehren. Elouan folgte unserer Diskussion über den Jumbo interessiert und erklärte uns dann, das es eben in der Natur so sei und Tiere auch sterben müssten oder von anderen gefressen werden.
Für das Dinner am Abend hatte ich uns, von Martin, einem alten Bekannten und inzwischen Oberkellner, einen schönen Tisch im Freien reservieren lassen. Wir genossen alle vier das üppige Buffet im Fig Tree Camp, Elouan wusste gar nicht, was er zuerst probieren sollte und freute sich am meisten über Spagetti und Pommes. Jeanne freute sich über das angenehme Ambiente. Außerdem war Elouan froh sich endlich frei bewegen zu können (auch wenn es am und um das Camp nur so von wilden Tieren wimmelte) Stefan freute sich auf ein richtiges Bett und ich war zufrieden, dass die anderen drei zufrieden waren. Und natürlich schlief auch ich lieber in einem geräumigen Zelt mit großem Bett und Dusche als in einem Bushzelt. Auch wenn ich persönlich kleine Camps, mit wenigen Zelten und viel Wild im Camp bevorzuge, dass Fig Tree hatte seine Zelte so aufgestellt, dass man vor seinem Zelt direkt in den Bush blickte. Das oft hektische Treiben von Safarigruppen in der Campmitte, konnte man für die gute und reichliche Versorgung sowie die angenehme Unterbringung schon mal in kauf nehmen. Am nächsten Morgen war ich gut ausgeschlafen und früh auf den Beinen. "Jambo, ich geh nach vorne!" weckte ich meine Nachbarn durch die Zeltwand. "Hmmm, ja!" war die etwas verschlafene Antwort aus dem dunklen Zelt. Ich lief über die Brücke und öffnete die Gittertür, die Wildtiere am Eindringen in das Camp hindern sollte. Offensichtlich war ich der erste, der an diesem Morgen den Parkplatz im Bush betrat. Vorsichtig sondierte ich die Umgebung ab, als ich mir sicher war, keiner Katze auf den Schwanz zu treten oder einen Elefanten umzurennen, ging ich zum Landcruiser. Wasser, Öl und auch Luft auf den Reifen waren ok, alle Radmuttern noch fest. Ich öffnete das Hubdach und ließ den Motor starten. "Gut geschlafen!" grinste ich Stefan an, als er gut gelaunt und offensichtlich ausgeruht zum Landcruiser kam. "Ja, gut geschlafen!" antwortete er und stieg ein. "Die anderen wollen noch etwas liegen bleiben!" erklärte er weiter "Wir können fahren!" Ich war etwas verwundert aber natürlich voller Tatendrang und eigener Erwartungen. Kaum hatten wir die ersten 100 Meter zurückgelegt, entdeckte ich im Licht der aufgehenden Sonne die ersten Löwen des Tages. Verschlafen lagen zwei Löwinnen im hohen Gras. Wenig später stießen wir auf den Rest des Rudel, inkl. Pascha. "Die finden wir nach dem Frühstück wieder!" sagte ich zu Stefan und war mir sicher, das auch Elouan noch vor dem Mittag diese Löwen zu sehen bekommen würde.
Das Gebiet am Talek war mir gut bekannt und ich freute mich, dass einige Teile, die mehrere Jahre für Fahrzeuge gesperrt waren nun offensichtlich wieder freigegeben waren. Vor allem, weil ich mich an eigene gute Geparden - Beobachtungen in diesem Gebiet erinnerte. Aber nicht nur die Erinnerungen machten dieses Gebiet zu einem lohnenswerten Ziel, das eher kurze Gras deutete auf viel Wild hin. Und so entdeckten wir auch endlich größere Gruppen Thomson Gazellen, Warzenschweine, Strauße, Kaffernbüffel und vor allem Giraffen. Gerade hatten wir besprochen, wann wir zum Frühstück in das Camp zurück kehren wollten, da meldete Stefan: "Löwen!" mit dem ausgestreckten Arm zeigte er in die Richtung der Tiere. Ich Blickte kurz an seinem ausgestrecktem Arm entlang. "Festhalten, das sind Geparde!" und schon gab ich Gas um zu den beiden im hohen Gras sitzenden Tieren zu fahren. Sofort machten wir erste Fotos und dann fing ich an, genau wie die Geparden, das Gelände mit den Augen abzusuchen. In gut 500 Meter Entfernung entdeckte ich drei Impala Weibchen. Die Geparden mussten sie lange vor mir entdeckt haben. "Hinsetzen!" forderte ich Stefan auf, sich wieder auf den Sitz zu begeben. Er hatte oben aus dem offenen Dach fotografiert. "Wir müssen nicht da stehen, wo die Geparde sind, sondern dahin wo sie hinwollen!" erklärte ich meine Hektik und fuhr im großen Bogen von hinten an die Impalas heran. Kaum hatte ich den Wagen zum stehen gebracht, rief ich Stefan zu: "Es geht los, die Jagd geht los"! es lohnte sich nicht mehr für mich oben aus der Luke zu sehen; zu schnell waren die beiden Raubkatzen. Eine der Antilopen war genau auf sie zugegangen und die beiden gefleckten Jäger mussten nur einen kurzen Spurt hinlegen bis sie die Impala erreicht hatten. "Mist, ausgerechnet jetzt wo der Kleine nicht mit ist"! dachte Stefan an Elouan. Ich nickte! Als die Katzen mit ihrer Beute im hohen Gras untertauchten, fuhr ich an den Ort des Geschehens. Während eine der Raubkatzen die Impala noch im tödlichen Kehlbiss hielt, fing die andere bereits an, mit der Zunge das Fell der Antilope zu entfernen. Wenig später war die Beute geöffnet und die Geparde fingen gierig an zu fressen. Immer wieder tauchten ihre blutverschmierten Köpfe aus dem hohen Gras auf und immer tiefer mussten sie in den Kadaver eintauchen um Blut zu trinken oder frische Fleischstücke heraus zu reißen. Deutlich hörte man sie schlürfen und schmatzen. Wir standen gut, außer uns hatten nur zwei andere Fahrzeuge von dem spannenden Ereignis etwas mitbekommen. Stefans Kamera glühte und auch ich machte einige gute Aufnahmen. "Ich denke wir sollten Elouan und Jeanne jetzt holen." meinte Stefan, "ich denke auch!" antwortete ich und dann versuchten wir die beiden vergeblich via Mobil zu erreichen. "ich denke bis zum Camp schaffen wir es in 30 Minuten, 10 Minuten einladen, dann wieder 30 Minuten zurück!" rechnete ich "Wenn wir Glück haben sind sie noch am Fressen, aber auf jeden Fall werden sie noch in der Nähe sein! Also Elouan wird seine Geparden in freier Wildbahn sehen!"
Ich verstaute meine Kamera und dann ging die wilde Fahrt los. Kaum angekommen sprang Stefan aus dem Wagen und rannte in das Camp. Kurz darauf kam er mit den Beiden zurück. Sofort startete ich zurück in Richtung des Gebietes wo ich um 08.23 Uhr das letzte Foto von den Geparden gemacht hatte. "Jap, das hat geklappt!" freute ich mich, als ich Elouan die Geparde schon von weiten zeigen konnte. Um 09.19 Uhr, also nach nicht ganz einer Stunde, saßen die beiden gefleckten Jäger immer nach an ihrer Beute, die sie inzwischen allerdings fast ausgehöhlt hatten. Elouan staunte mit offenem Mund. Das waren nicht nur Geparde in der Wildnis, das waren blutverschmierte Raubtiere mit ihrer frisch getöteten Beute. Man sah ihm an, das die Situation ihn beschäftigte. "Habt ihr gesehen, wie die beiden die Antilope gefangen und getötet haben?" fragte er "...hat das lange gedauert?" wollte er weiter wissen. "...wann sind die satt...?" und "...fressen die die ganze Impala?" und noch weitere Fragen mussten dringend beantwortet werden. Auch Jeanne saß gespannt im Auto, die ganze Safari hatte auf einmal eine ganz andere Qualität bekommen.
Nachdem die beiden Geparde sich sichtlich voll und rund gefressen hatten, überließen sie den wenigen Geiern den Rest ihrer Beute. Kaum wollten diese sich allerdings über die Beine und die Gedärme der Antilope her machen, erschienen zwei Hyänen und ergriffen den Kadaver. Ganz in Hyänenmanier schleppten sie die Teile erst einmal ein Stück weit weg, ehe sie anfingen zu fressen. Den Geiern und Adlern blieben nur wenige Fleischbrocken. Deutlich hörten wir die knackenden Knochen, als die kräftigen Hyänengebisse zu bissen. Als ob Hyänen und Geier unmittelbar nach dem Kill nicht spannend genug gewesen wären, erschien plötzlich eine hungrige Löwin neben unserem Auto und stürzte sich sofort auf die Hyänen und die Beute. Laut kichernd und heulend zogen sich die Hyänen nur wenige Meter vom Impalakadaver zurück. Ihr Gesang wurde immer lauter und intensiver, gleichzeitig attackierten sie die Löwin. Es dauerte gar nicht lange, da erschienen zwei weitere Hyänen neben unserem Auto. Die Übermacht der Hyänen war nun deutlich. Die Löwin gab die ohnehin geklaute Beute auf. Viel war nun nicht mehr übrig, als Hyänen und Geier sich auf die Reste stürzten. "Was für ein Morgen, da lohnt es sich schon mal, das eigene Frühstück auszulassen!" lächelte ich Stefan an und war besonders für Elouan glücklich.
An diesem Morgen gab es eigentlich nichts mehr zu erleben, waren wir uns einig und fuhren zurück ins Camp. Stefan und ich bekamen, dank Martin, unerwartet noch ein sehr spätes Frühstück und Jeanne und Elouan mussten das Erlebte erst einmal verarbeiten. Wir verbrachten die heiße Mittagszeit im Camp vor unseren Zelten oder am Pool. Irgendwann hörte ich Elouan plötzlich laut schreien und weinen. Stefan war vorne im Camp und Jeanne hinten im Zelt, als ich aus meinem Zelt blickte sah ich Elouan und vor ihm bzw. an ihm vorbei tobend eine ganze Horde großer Oliver Paviane. Ein großes Männchen hatte sich vor ihm aufgebaut und ihm deutlich die großen Schneidezähne gezeigt. Als ich aus dem Zelt stürmte und die Affen vertrieb, zitterte der kleine Elouan am ganzen Körper. "ich hab Angst!" schluchzte er auf meinem Schoß "Oh!" sagte ich "das darfst du auch! Paviane sind gefährlich Tiere, aber jetzt sind sie weg!" Es dauerte eine Weile bis Elouan sich wieder vollständig beruhigt hatte, als Stefan allerdings zurück zum Zelt kam, konnte er sich nicht mehr zurück halten. "Papa, weist du was eben passiert ist...die ganzen Affen haben mich angegriffen....und dann...und der Jörg....!" sprudelte es nur so aus ihm heraus. Für den Abend hatten wir uns vorgenommen, unsere Geparde noch einmal wieder zu finden und Elouan war offen für weitere Abenteuer. Die beiden gefleckten Katzen fanden wir im Schatten einer großen Akazie, ihre geschwollenen Bäuche hatten sie davon abgehalten weit zu ziehen. Wir blieben noch eine Weile bei ihnen und verließen sie erst als sie anfingen ihr Revier zu markieren und weiterzogen.
Noch bevor die Sonne unterging fanden wir auch das Löwenrudel vom Morgen wieder und so konnte Elouan an diesem Tag auch diese Großkatzen noch erleben. Als die Sonne sich blutrot hinter dem Horizont zurück zog, fuhren auch wir in das Camp zurück. Für den nächsten Tag hatten wir eine ganztägige Pirschfahrt bis an den Mara River geplant. "Unser primäres Ziel ist erreicht, aber ich denke die ein oder andere Überraschung habe ich noch für euch!" begrüßte ich die drei am Fahrzeug. Unsere Fahrt führte uns über den Talek River, durch das Ol Kiombo und das Rhino Ridge Gebiet bis an den Mara River. Unterwegs erlebten wir mächtige, aber schlafende Löwenmänner, eine große Herde Kaffernbüffel, Elefanten und anderes Wild. Für eine kurze Pause und ein kühles Getränk fuhren wir das legendäre Governor Camp an und bekamen prompt vom Manager eine Führung durch das gesamte Camp und Einblick in die schönsten Zelte. "Wenn wir mal ganz viel Geld über haben, kommen wir bestimmt mal wieder!" flüsterte Jeanne, als wir wieder zum Landcruiser gingen und das Camp verließen. Nach dem Besuch im Governors, folgten wir dem Mara River in Richtung Talek River und suchten uns eine schöne Stelle für unser Lunch. Eigentlich wusste ich genau wo ich hinwollte, musste aber wie immer sicher stellen, dass wir den Platz auch wirklich für uns alleine hatten. An einer Krümmung des Mara Rivers, dort wo er sich in mehreren Windungen durch die Landschaft schlängelt, gibt es einen schönen schattigen Platz mit Blick in den River. Es halten sich immer einige Nilkrokodile und Flusspferde unten im Wasser auf und in der Ebene lassen sich alle möglichen Tiere beobachten. Einziges "matata" ist wie gesagt, man muss sicher stellen, das nicht einige der wilden Tiere den Schattenplatz für sich beanspruchen. Ich scannte also die Gegend für uns ab und entdeckte eine Gruppe von Kaffernbüffeln unweit unseres Lunchplatzes. Zwar waren die Tiere gut 100 Meter entfernt, aber immer noch Grund genug auf das Aufstellen von Tisch und Stühlen im Freien zu verzichten. Wir entschlossen uns also zu einem Lunch im bzw. auf dem Fahrzeug. Außer den Kaffernbüffeln, hielt sich jeden Menge anderes Wild rund um das Auto auf, wenn auch nicht so nah wie die Büffel. Während wir Hähnchenkeulen und gekochte Eier speisten und (zumindest wir Männer) mit einem Tusker Bier herunter spülten, grasten in der Ebene Zebras, Impalas, Elen, Thomson Gazellen, Warzenschweine und Wasserböcke und unten im Mara River beobachteten wir Flusspferde, Nilkrokodile und Elefanten. Stefan, versuchte die Magie des Momentes in Bildern einzufangen und wurde völlig eins mit der Natur. Da er sich Schritt für Schritt vom Fahrzeug entfernte, hielt ich es für klug, ihn zu erinnern: "Stefan, wir sind mitten in der Wildnis!" "Die Stille, die Tiere, die Landschaft...es ist unglaublich!" kam er zurück zum Auto. Jeanne und Elouan zogen den sicheren Platz oben auf dem Autodach vor und genossen die Rundumaussicht.
Während wir mit dem zuverlässigen Landcruiser langsam durch die Savanne fuhren, erlebten wir eine Mara mit friedlich nebeneinander grasenden Pflanzenfressern oder schlafenden Löwen. Vergeblich suchte ich nach den Geparden, die ich in diesem Gebiet vermutete. "Wann fahren wir wieder zurück zum Camp?" fragte Jeanne, die das Gefühl hatte wir würden uns immer weiter vom Ausgangspunkt entfernen. "Wir sind auf dem Weg zurück, im Prinzip fahren wir einen großen Bogen!" erklärte ich "ich versteh nicht, wie man sich hier ohne Karte zurechtfinden kann!" "Bäume, Hügel, Flüsse und die Serena Lodge!" zeigte ich ihr den großen markanten Baum oben an der Serena Lodge. "Wenn du weißt wo die Serena Lodge ist, dann weißt du, wo der Mara River ist. Wenn man dem Mara folgt kommt man zum Talek River und wenn du zu weit abweichst, triffst du irgendwann auf die Allwetterpiste, dazwischen gibt es diverse Landmarken die man kennen sollte! Ist also eigentlich ganz leicht!" lächelte ich nach hinten! "Na, dann bring uns mal ganz einfach zurück zur Lodge!" lächelte sie zurück Gegen 16.00 Uhr erreichten wir die Fig Tree Lodge. "Die beste Zeit Katzen zu beobachten kommt gleich erst noch!" bemerkte ich, als die drei ausstiegen. "Ich glaube wir brauchen eine Pause!" sagte Jeanne. Elouan hatte etwas geschwächelt und klagte über Bauchschmerzen. Was aber auch seine Antwort auf das Verbot weiterer Fragen sein konnte. Nachdem ich geduldig hundert "wer ist größer, wer ist schneller, wer ist stärker und was denkst du wie...? " Fragen beantwortet hatte, hatte Stefan Elouans Frage und Antwortspiel beendet: "Jetzt ist mal Pause, Jörg muss den Weg suchen!" Wenig später bekam Elouan Bauchweh ;-) Jeanne war ein wenig besorgt um Elouan, ein bisschen wütend auf Stefan weil er den Kleinen zurechtgewiesen hatte und ein bisschen böse auf mich, weil ich immer neue Umwege bis zur Lodge gefunden hatte. Ich fand es eine gute Idee, den Dreien etwas Zeit für sich zu geben und entschied mich alleine wieder auf Pirschfahrt zu gehen. Ich verließ das Fig Tree und fuhr parallel zum Talek River in Richtung Mara River. Auch hier war das Gras sehr hoch und die Vegetation sehr dicht. Andere Fahrzeuge gab es so gut wie keine. Als mir ein Landcruiser neben einem Busch auffiel, steuerte ich ihn an. In dem Fahrzeug befand sich ein professionelle britisches Filmteam. "Any good news?" fragte ich nach Informationen über Wildbewegung "Not now, we are looking for some lion males. This morning we get the information, that they have killed a buffalo . It must be 3 or 4 of them!" erfuhr ich. "We get just one of this males!" zeigte die Reporterin in den Busch neben ihrem Fahrzeug. Ich regte den Hals und erkannte über die Motorhaube des Land Rovers ein paar braune Ohren und eine dichte Mähne. "This one looks gorged!" stellte ich fest und war der Meinung, das der vollgefressene Löwenmann sich in naher Zukunft nur noch wenig von der Stelle rühren würde. Das Team ließ sich von mir die Stelle erklären, an der wir am Morgen die drei Männchen mit den Weibchen gefunden hatten und dann fuhren sie weiter. Ich blieb noch einen Moment bei dem dösenden Löwen und überlegte gleichzeitig wo die anderen Männchen sein konnten. Da Löwen ihre Beute tagsüber bevorzugt in den Schatten ziehen, brauchte ich eigentlich nur alle größeren Büsche der Umgebung absuchen um den Kill und weitere Löwen zu finden. Vorausgesetzt, die Information mit dem Büffelkill stimmte. Ich verschaffte mir also einen Überblick über die Landschaft und fing dann an mit dem Landcruiser zu kreisen. Immer wieder sog ich die Luft tief durch meine Nase und dann hatte ich ihn. Den unangenehmen Geruch von verwesendem Fleisch. Wenig später fand ich auch den Kadaver und dicht daneben zwei ausgewachsene Löwenmännchen. Von einem Löwen war nur der hin und wieder zuckende Schwanz im hohen Gras zu erkennen und der andere lag gut versteckt inmitten eines dichten Busches. Ich positionierte mich mit dem Landcruiser neben dem Büffelkadaver und wartete. Nachdem ich meine Kamera auf dem Stativ montiert hatte, blickte ich eine ganze Weile über das Objektiv in Richtung Löwe und Kadaver. Nichts geschah. Irgendwann legte ich mich hinten auf die Rückbank und lauscht nur nach den Geräuschen im Bush. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich endlich die Geräusche knackender Knochen wahrnahm! Als ich mich aufrichtete, stand eines der Männchen neben dem Kadaver und kaute auf einem Büffelknochen herum. Nach einer großen Mahlzeit sah es nicht aus und kaum saß ich wieder vorne hinter meiner Kamera, begab sich der Löwe auch zurück in sein Gebüsch. Ich hatte eine handvoll Aufnahmen machen können und entschloss mich mit diesem Erlebnis die heutige Pirschfahrt abzubrechen und zurück ins Camp zu fahren.
Vorne im Camp traf ich Stefan und berichtete kurz von meinen Beobachtungen, wenig später saß ich, mit einem kühlen Drink, vor meinem Zelt. Jeanne und Elouan waren nebenan im Zelt und schienen ein Spiel zu spielen. Leise schlich ich an das Nachbarzelt und kratzte mit den Fingernägeln an der Zeltwand auf und ab. Gleichzeitig versuchte ich, das Geräusch einer Hyäne zu imitieren. Augenblicklich wurde es totenstill im Zelt. Wieder kratzte ich an der Zeltwand, wieder versuchte ich wie eine Hyäne zu heulen. Innen im Zelt wurde jetzt geflüstert, dann war es wieder absolut still! Ich wiederholte das Kratzen noch ein paar mal und rief dann: "Alles ok bei euch, ihr seit so ruhig!" "Blödmann!" kam es in Jeanns sympathischen französischem Akzent aus dem Zelt "Ach man, warst du das!" öffnete Elouan das Zelt und kam zu mir herüber. Dann lachte er: "Mama hat voll Angst gehabt!" "Und du?" fragte ich "Ich habe erst gedacht, dass sind wieder die Paviane!" antwortete Elouan "Ja echt!" sagt Jeanne "Wir haben gedacht die wollen das Zelt aufmachen! Du bist echt ein Blödmann!" lachte sie. Elouan kroch auf meinen Schoß und beteuerte immer wieder, dass diesmal nur die Mama Angst gehabt hatte! Nach dem, wieder sehr üppigen Dinner endete der Abend wie immer für Elouan mit einer Geschichte, für Jeanne mit einem Glas Wein und Stefan und ich genossen ein Glas Whisky! Inzwischen waren wir seit elf Tagen gemeinsam unterwegs und aus einer Bekanntschaft war Freundschaft geworden. Soweit man sich eben mit einem "Blödmann" anfreunden kann!
Am Vormittag des nächsten Tages stand zunächst der Besuch eines Masai Dorfes auf unserem Programm. Allen war klar, dass das besuchte Dorf auf Tourismus eingestellt war und man natürlich auch eine kleine Show erleben würde. Das Ziel war nur, diese Show möglichst alleine für sich zu haben und nicht auch noch in einer Gruppe unterwegs zu sein. Ich fuhr also eines der mit bekannten Masai Dörfer im Talek Gebiet an und verhandelte mit einigen Masai. Nach ein wenig hin und her bekamen wir einen fairen Preis für Stefan Jeanne und Elouan . Speziell für Jeanne und Elouan waren die tanzenden Masai Männer und Frauen, sowie der Einblick in das Dorfleben ein echtes Erlebnis.
Als wir gegen Mittag zurück zum Camp fahren wollten, kam Elouan wieder zu mir: "Darf ich noch Mal fahren?" fragte er. Bisher hatte ich den jungen Mann immer auf meinen Schoß genommen und er durfte dann bei langsamer Fahrt den schweren Landcruiser über die Bushpisten und vorbei an Antilopen und Zebras lenken. Hier im freien Gelände zwischen den Manyattas wollte ich Elouan nun die Chance geben den Wagen, für ein Foto, einmal ganz alleine zu steuern. Diese Idee war eine folgenschwere Entscheidung. Während ich auf das Trittbrett des Cruiser kletterte, hatte Stefan den Wagen verlassen um hinten von der Rückbank seine Fotokamera zu holen und das Objektiv zu wechseln. Elouan saß inzwischen, fast alleine und stolz wie Oskar, hinter dem Lenkrad und so löste ich die Bremse! Kaum waren wir 10 cm gerollt hörte ich einen Lauten Schrei: "Ah, Aua mein Fuß, mein Fuß!" "Fahr zurück!" schrie Jeanne, was leichter gesagt als getan war, da ich gar nicht mehr richtig im Auto war. Stefan lag neben dem Auto und schrie immer noch, ich begriff immer noch nicht was passiert war. Erst als Stefan um das Auto herum lief, er hatte sich vor Schmerzen die Lippe blutig gebissen und ich seinen großen Zeh sah, realisierte ich die Situation. Der 2,5 Tonnen schwere Landcruiser war ihm auf die nackten Zehen gerollt! "Verbandsmaterial!" rief ich Jeanne zu "In der Mitte liegt Verbandsmaterial!" Ich riss einen Verband aus dem Kasten. Dann spülte ich Stefans Fuß mit sauberen Trinkwasser ab! Überall war Blut und ich konnte nicht genau sehen wie schlimm es um den Fuß stand. "Kannst du auftreten?" fragte ich Stefan und wollte ihm hoch Helfen, "Schon gut, ich kann alleine laufen!" versuchte er aufzustehen, sackte aber sofort wieder zusammen. ich stützte ihn und half ihm in den Landcruiser. "Scheiße tut das weh!" Stefan litt Höllenschmerzen. So schnell es die Piste zuließ fuhr ich zum Fig Tree. Am Camp angekommen sprang ich aus dem Wagen und nahm Stefan auf meinen Rücken, im Laufschritt ging es über die Brücke bis vor die Bar unter dem großen Feigenbaum. "Please, I need ice! So much Ice as possible!" orderte ich Eiswürfel beim verdutzten Barmann. Dann rannte ich in Richtung unserer Zelte um aus meiner Kiste meine Erstehilfe - Tasche mit Desinfektionsmitteln und anderen Utensilien zu holen. Auf dem Rückweg stoppte ich wieder an der Bar: "This gentleman get a double Whisky. He gets so long Whisky until he says stop!" Den ersten Whisky brachte ich Stefan, dann fing ich an mir den Fuß bzw. die Zehen genauer anzusehen. Nacheinander bewegte ich seine Zehen und den Fuß. "Tut das weh, kannst du den bewegen?" fragte ich immer wieder Nachdem ich festgestellt hatte, dass nichts gebrochen und der Fuß vollfunktionsfähig war, sah ich mir die Zehen genauer an. Zwei der Zehen hatten starke Hautabschürfungen und der große Zeh war leicht gequetscht und verfärbte sich langsam blau. Nachdem mich die Wunde gereinigt hatte stellte ich aber erleichtert fest, das es abgesehen von den Abschürfungen keine offene Wunde gab. An einem der Zehen hing die verstaubte, abgeschürfte Haut in einem Streifen herunter. Ich sah Stefan an: "Die muss ab!" sagte ich und fing an ein Küchenmesser aus der Bar zu desinfizieren. Stefan nahm einen großen Schluck Whisky und nickte. Nachdem ich die Haut entfernt hatte, desinfizierte ich alles gründlich und legte dann einen sterilen Verband an. "Was machen die Schmerzen" fragte ich Stefan, der seinen dritten Whisky gerade herunter gestürzt hatte. "So langsam geht es!" grinste er schon wieder und hielt mir das leere Glas entgegen. Ich hob ihn erneut auf den Rücken und trug ihn zum Zelt, anschließend besorgte ich ihm und mir einen weitern Drink.
"Hast du eine Sanitätsausbildung?" fragte Jeanne mich "So ähnlich! Fünf Folgen Indianer Jones und ein zwei Erstehilfe-Kurse, außerdem bin ich immer bemüht, dass was ich kaputt mache auch wieder zu flicken!" antwortete ich lächelnd und war froh, dass nicht mehr passiert war. Elouan versuchte seinen Papa zu trösten und ich versuchte die Stimmung aufrecht zu halten. Aber Stefan hielt sich tapfer! Über Mittag schlief Stefan durch und wollte auch am Nachmittag lieber alleine sein, als mit uns auf Pirschfahrt zu gehen. Ich machte mir ernsthafte Sorgen! Jeanne versicherte mir, dass es kein Problem sei und wir ohne ihn auf die Pirsch fahren sollten.
Elouan tat die Ablenkung sicher auch gut und so war ich froh, dass wir schon nach kurzer Zeit reichlich Wild fanden und viel Zeit mit jungen Giraffen und zwischen Antilopen verbringen konnten. Als wir gegen Abend auch noch ein größeres Löwenrudel inkl. imposanten Männchen fanden und wir beobachteten wie das Rudel miteinander spielte und mit Einbruch der Dämmerung immer munterer wurde, meinte Jeanne: "Jetzt hast du mich langsam auch gehookt! Schade das morgen er letzte Tag in der Mara ist!" Ich freute mich, dass ich die eigentlich mehr an Menschen und Landschaften interessierte Jeanne, doch noch für die Wildnis und ihre Tiere begeistern konnte.
Als wir mir Einbruch der Dämmerung zurück ins Camp kamen, fanden wir Stefan vor seinem Zelt und zu meiner Freude und Erleichterung, lächelte er schon wieder. Später versorgten wir ihn gemeinsam vor seinem Zelt, den Auftreten und laufen konnte er immer noch nicht richtig. Als wir später bei weiteren Drinks vor dem Zelt saßen konnten wir schon wieder gemeinsam lachen! Am nächsten morgen wechselte ich pflichtbewusst den Verband an Stefans Fuß und nach dem gemeinsamen Frühstück, rüsteten wir uns für eine entspannte Rückfahrt nach Nairobi. In der Nacht hatte ich stundenlang Löwengebrüll gehört. "Ich bin mir sicher, das das Rudel von gestern Abend erfolgreich gejagt hat! Die müssen noch ganz in der Nähe sein!" hoffte ich den Dreien noch einen frischen Riss zeigen zu können. Und tatsächlich, lange mussten wir nicht suchen! Fast genau dort, wo wir das Rudel verlassen hatten stießen wir auf zwei Löwen Männchen. "Da sind sie!" rief auch Elouan. Aber ich wollte meinen Augen nicht glauben, vor uns liefen nicht nur zwei sondern fünf ausgewachsene männliche Löwen. Alle mit prächtigen Mähnen.
"Geil! Unglaublich! Hab ich so noch nie gesehen!" ich konnte es immer noch nicht fassen, während ich versuchte die Gruppe zu umfahren, damit wir sie an uns vorüber ziehen lassen konnten. Kaum hatten aber alle fünf Löwen vor unserem Fahrzeug die Piste passiert. Hörten wir wieder lautes Gebrüll und sahen zu unserer Verblüffung zwei weitere ausgewachsene Löwenmännchen aus dem Dickicht treten. Ihre imposante Haltung und vor allem ihre Stimme verriet Stolz und Siegessicherheit. Und nun verstand ich auch die Situation und das nächtliche Gebrülle. "Hier wurde nicht gejagt, hier wurde gekämpft!" erklärte ich Stefan und seiner Familie. "Die fünf hier wurden tatsächlich von den beiden großen und vermutlich dem ganzen Rudel inkl. der Weibchen, die wir gestern Abend beobachtet haben, vertrieben!" Ein, zwei Mal drehten sich die vermeintlichen Verlierer der Nacht noch um und dann trottet sie quer durch das hohe Gras und vorbei an Giraffen und anderem Wild zurück in die Richtung aus der sie in der Nacht gekommen waren. "Drei von dehnen kenne ich von Gestern Abend!" erklärte ich "Das sind die Männchen, die gestern den Büffel gerissen hatten! Gut gesättigt fühlten sie sich wohl stark genug ein ganzes Rudel zu übernehmen. Aber sie hatten die Rechnung vermutlich ohne die Weibchen des Rudels gemacht." ich konnte mir nicht vorstellen, das die beiden anderen Männchen alleine stark genug waren um die Eindringlinge zu vertreiben, außerdem wusste ich wie sehr die Weibchen ihren Pascha verteidigen wenn sie noch kleine Junge bei sich haben!
"Mist, Akkus leer!" tönte es auf einmal vom Dach. In der Hektik um seinen Zeh, hatte Stefan vergessen seine Kamera Akkus zu laden. Zum Glück nutzten wir beide das gleiche System und so konnte er mit meiner Kamera und seinen Objektiven die unglaubliche Szenerie weiter einfangen. Wir folgten den Löwen noch eine ganze Weile, ehe ich einwerfen musste: "Sorry Leute, wir haben noch ein paar Kilometer vor uns!" Wir ließen die fünf Löwen ziehen und machten uns auf den Weg aus dem Reservat und zurück nach Nairobi. Für die Rückfahrt hatte ich die Strecke über Sekenani gewählt und stellte fest, das man gerade dabei war die kaputte Asphaltdecke zu flicken und man insgesamt gut voran kam. "Sollte ich nächstes Jahr in die Mara fahren, werde ich wohl diese Route wählen!" kommentierte ich meine Gedanken. Langweilig wurde die Rückfahrt nicht, Elouan unterhielt uns mit Ideen und Fantasien über seine Carrerabahn und wenn es nach ihm ging, dann würde ein Teil der Rennstrecke zum National Park erklärt. Bumps sollten die Rennwagen am rasen hindern und wilde Tiere sollten am Fahrbahnrand stehen. Seine Fantasie war gar nicht mehr zu stoppen und zeigte mir, das nicht nur die Mama "gehookt" war ;-) Wäre da nicht Stefans breiter Zeh gewesen, wäre es eine perfekte Safari gewesen. "Hauptsache da entzündet sich nichts!" war seine größte Sorge. "Nach dem ganzen Desinfektionsmittel, Sterilen Nadeln und Tüchern, die ich zum reinigen genommen habe, wird sich schon nichts entzünden!" versuchte ich ihn zu beschwichtigen. Nachdem wir das Rift Valley wieder durchquert hatten, blickten wir noch einmal gemeinsam zurück in die Ferne und fuhren dann weiter in Richtung Hauptstadt. In Nairobi gab es zum Abendbrot eine deftige Pizza an meiner lieblings Tankstelle und dann verbrachten wir die Nacht wieder im Wildebeest Camp. Natürlich wechselte ich auch am morgen, vor der Rückfahrt nach Mombasa noch einmal Stefans Verband und sah mir die Wunde an. "Schon besser?" fragte ich "Etwas!" war die knappe Antwort, die mich nicht wirklich beruhigte. Genau wie am Vortag setzte Stefan sich erst einmal nach hinten, wo er sein Bein hochlegen konnte. Jeanne und Elouan saßen vorne bei mir und mit verlassen der Hauptstadt, begann Elouans Fragestunde: "Jörg, was denkste du....?" Stundelang beantwortete ich Fragen und wir überlegten verrückte Theorien. "Was wäre, wenn ein Eisbär einem Löwen begegnet? Oder wer springt höher ein Känguru oder ein Leopard" "Wie war es eigentlich mit Jenny früher, die war doch auch erst vier, als ihr das erste Mal unterwegs wart!" fragte Jeanne zwischendurch um etwas abzulenken. "Oh!" erinnerte ich mich lachend "Jenny hat auf den Langstrecken viel geschlafen. Sie lag meistens auf der Längsbank des kleinen Suzuki und hatte eine ganz spezielle Art entwickelt sich sogar im Schlaf festzuhalten!" fuhr ich fort "In den Parks und Reservaten hat sie meist auf meinem Schoß oder auf dem Dach des Suzuki gesessen. Mit sieben Jahren konnte sie dann den kleinen Suzuki selber fahren und Petra und ich haben auf dem Dach gesessen!" beendete ich meinen kleinen Rückblick in die neunziger Jahre. "Jörg, wusstest du....!" lenkte Elouan die Aufmerksamkeit wieder auf sich und das Fragespiel ging weiter. In Mtito Andai machten wir zum Lunch eine kleine Pause an der alten Safari Lodge mitten im Ort und während Elouan auf meinem Schoß saß und sich von mir überreden ließ doch ein paar Pommes zu essen, merkte ich wie sehr mir der Knirps ans Herz gewachsen war. Seine Mutter hatte mir hin und wieder die "Rote Karte" gezeigt, wenn ich versuchte ihm nicht nur Spurensuchen wie ein Bushmann, sondern auch Fluchen wie ein Bushmann beizubringen. Und immer wenn Elouan dann sagte: "Aber der Jörg hat auch...!" erntete ich böse Blicke von Jeanne, die aber meist von einem Lächeln begleitet wurden. Ich machte mir wenig Sorgen um meinen schlechten Einfluss und war mir sicher, dass Stefans selbst ausgedachten Gutenachtgeschichten für Elouan, die Welt schon wieder in das rechte Licht rücken würden! Wir legten auf der Strecke noch die ein oder andere Kaffeepause ein, was für mich auf dieser Safari eine völlig neue Erfahrung war und erreichten gegen Abend das Boko Boko. Mir blieben nur noch wenige Tage um meine Ausrüstung zu sortieren und wieder im Haus zu verstauen. Am nächsten Morgen registrierte ich zufrieden, das Stefan kaum noch humpelte und das sein Zeh nach eigener Aussage schon fast wieder gut aussah. "na ja, den Umständen entsprechend!" fügte er hinzu, während ich wieder nach dem Verband sah. "Schätze du musst in Ägypten ein Kamel mieten!" spielte ich auf die Rück- bzw. Weiterreise der drei an. Stefan und Jeanne wollten auf dieser großen Reise, Elouan nicht nur die Wildnis mit seinen Tieren zeigen, sondern auch noch ein wenig alte Kultur in Ägypten. Der Abschied von den Dreien war mehr als herzlich und die Safari war für alle Beteiligten mehr als nur eine Exkursion geworden. Wir waren Freunde! Ich wurde im Laufe der zwei Wochen zum Onkel... Freund...Zuhörer....Lehrer.... Schüler; und, wenn ich Stefan glauben darf einfach zu einem ein netten Menschen ;-) - was mir aber in anbetracht meiner netten Begleiter nicht schwer gefallen war! Für mich sollten die Tage in Ostafrika zum ersten Mal auf Zanzibar ausklingen. Was in Anbetracht des Zustandes meines eigenen Landcruiser keine schlechte Entscheidung war. Trevors Wagen hatte tapfer und ohne größere "matata" durchgehalten, sieht man einmal von dem immer noch platten Reifen am Heck ab. Die Rückgabe des Landcruiser an Trevor wurde gleichzeitig die Probefahrt für meinen eigenen Wagen und so fuhren wir mit beiden Autos an die Südküste. Auf der Rückfahrt stellte ich glücklich fest, das der Einbau des neuen (alten) Getriebes nun endlich geglückt war und meine Freude wurde erst durch die Übergabe der Rechnung gedämpft. Schön, das ich nun erst einmal zwei Wochen mit Petra am Strand und am Indischen Ozean relaxen und nachdenken kann, freute ich mich auf meine Frau und die anstehenden Tage auf Zanzibar. Aber das, ist eine andere Story auf Safari - Wangu und aus meinem Leben zwischen freien und wilden Tieren.
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