Ein Reisebericht von:
Safari in Kenya

Text Jörg Reinecke; Fotos Jörg Reinecke (digital)

Mit achtzig noch einmal die Big Five in der Masai Mara erleben
- Tonys Safari im Februar 2010 -


Spannende Anreise und Boko Boko
Zufrieden, dem ungewohnt heftigen Winter ein weiteres Mal entfliehen zu können, sortierte ich meine Reiseunterlagen, während ich auf dem Hamburger Flughafen auf die KLM - Maschine aus Amsterdam wartete. Die zwei Wochen nach unserer (Petra und meiner) Rückkehr aus Sharm El Sheikh, hatte ich eigentlich nur mit Reise- bzw. Safarivorbereitungen verbracht, und so versucht, den Winter gar nicht wahr zunehmen. Heute Morgen allerdings, als für Norddeutschland ungewohnt heftige Schneefälle einsetzten, ahnte ich schon, dass die Anreise nach Kenya diesmal ein "matata" (Problem) werden würde.

Charles und Tony Pluss im Mara Bush Camp

Genauso wenig, wie die Straßenmeistereien den Schnee auf den Straßen in den Griff bekamen, genauso wenig war es auf dem Flughafen möglich, die Flugzeuge permanent eisfrei zu halten. Und so kam es, wie es kommen musste. Mein Zubringerflug nach Amsterdam verspätete sich um eine Stunde. Schon im Landeanflug auf die niederländische Großstadt erfuhr ich, dass ich heute Abend nicht mehr nach Nairobi weiterfliegen werde. Abgesehen davon, dass ich dann erfahren musste, dass ich zwar Anrecht auf eine kleine Entschädigung in Form von einem Reisegutschein in Höhe von 50 Euro für meinen nächsten KLM Flug hatte und einen weiteren Gutschein für einen Snack in Höhe von 10 Euro, musste ich leider feststellen, dass alle flughafennahen Hotels ausgebucht waren. Ich war nämlich bei Weitem nicht der einzige Fluggast, der aufgrund des Wetters in Deutschland seinen Anschlussflug verpasst hatte.

Zum Glück haben KLM und Kenya Airways täglich Verbindungen nach Mombasa und so konnte ich relativ problemlos auf die 10 Uhr Maschine am nächsten Morgen umgebucht werden. Komplizierter war die Umbuchung meines in Kenya gebuchten Weiterfluges nach Mombasa, aber nach gut einer Stunde war auch dieses "matata" beseitigt!
Nach einer mehr oder weniger schlaflosen Nacht auf einer der Relaxliegen auf dem Amsterdamer Flughafen war ich froh, als um 05 Uhr die KLM Lounge öffnete, zu der ich als Vielflieger gegen Gebühr (35,- Euro) Zutritt habe. Nach einer heißen Dusche nahm ich ein ordentliches Frühstück ein und tat danach etwas zur Malaria-Prophylaxe. Ich gönnte mir einen Gin Tonic (hilft übrigens nicht wirklich gegen Malaria, wie ich 2001 am eigenen Leib erfahren musste!).

Der anschließende Flug nach Nairobi verlief dann eher ruhig und ich konnte sogar etwas Schlaf nachholen. Selbst die Einreise und die Abwicklung der notwendigen Formalitäten gingen dieses Mal ungewöhnlich zügig von statten. Immer noch etwas müde wartete ich nur kurze Zeit nach meiner Ankunft in Nairobi auf mein Gepäck, einen Seesack und eine große Zarges - Box (Alukiste). Wie immer herrschte rund um das Gepäckband hektisches Treiben, ungeduldig wartende Reisende und Kofferträger mit Kofferwagen liefen von rechts nach links und wichtig dreinschauende Polizisten und Mitarbeiter vom Bodenpersonal versuchten, das Chaos im Griff zu behalten. Irgendwann fuhr nur noch ein leeres Gepäckband vor mir im Kreis, und neben mir standen noch gut 15 weitere Fluggäste mit ratlosen Gesichtern und ohne Gepäck. Während die meisten Fluggäste etwas aus der Fassung gerieten, vermutlich, weil sie zum ersten Mal in ihrem Leben ihr Gepäck nicht bekamen, kannte ich mich bestens mit dieser Situation aus und wusste, wie wenig sinnvoll lautstarke Aufregung in so einem Fall in Afrika war.

"Is there any more luggage from Amsterdam?" fragte ich einen uniformierten Mitarbeiter von Kenya Airways, welcher ein wichtiges Schreibbrett in der Hand hielt und eifrig Notizen machte.
"No, Amsterdam is finished" schaute er mich mitfühlend an
"Please, go to the counter over there and….."
"Thank you, I know what to do!" unterbrach ich ihn und ging zum Schalter von Kenya Airways. Während ich die am Schalter erhaltenen Unterlagen prüfte, fiel mir ein Container mit der Aufschrift "KLM" auf. Der besagte Container stand etwas abseits vom Kofferband und war durch eine Öffnung in der Wand zu sehen. Ich suchte mir den wichtigen Mann mit dem Schreibbrett und fragte:
"What about this container?"
"This one has nothing to do with Amsterdam!" war die etwas schroffe Antwort
"And why is KLM written on it?" antwortete ich etwas ungehalten
"Go to the counter and finish your papers, there is no more luggage from Amsterdam" brummte mich der etwas überforderte Gepäckbandkoordinierer an.

Ich drehte mich um und entdeckte einen Kofferträger, der gerade dabei war durch eine der Gepäckbandluken zu verschwinden.
"Please, check that KLM container, if it is full or empty!" gab ich ihm bestimmend mit auf den Weg. Als ich wenig später zwischen der Menschenmenge am Kenya Airways - Schalter stand und meine Unterlagen abgeben wollte, sprach mich der nun sehr freundliche Mitarbeiter mit dem Schreibbrett an:
"Sorry Sir, there is some more Amsterdam luggage coming!"
Außer einem breiten Grinsen fiel mir keine Antwort ein!

Kurz nach Mitternacht erreichte ich am folgenden Tag und somit zwei Tage nach Abflug in Hamburg, das Boko Boko!

Eigentlich hätte ich am liebsten bis Mittag durchgeschlafen, aber erstens ist die erste Nacht der Klimaumstellung immer ein wenig gewöhnungsbedürfig, und zweitens drohte mir die Zeit wegzulaufen.
Am kommenden Sonntag, heute war Donnerstag, erwartete ich Tony aus Spanien (siehe Safari August 2007), und bereits am Montagmorgen wollten wir beide unsere Safari in Richtung Tsavo und Masai Mara starten. Zwar wird der Landcruiser von Yolanda genutzt und gewartet, während ich in Deutschland bin, aber irgendwie haben wir beide unterschiedliche Vorstellungen von einem einsatzbereiten Safarifahrzeug. Natürlich ist Yolanda immer bemüht, dass der Landcruiser in einem guten Zustand ist, auf der anderen Seite nutzt sie das Fahrzeug nur an der Küste und da sind kleinere Reparaturen schnell gemacht, ein leicht tropfender Kühler wird nicht unbedingt als "matata" angesehen, und eine zweite funktionierende Tankanzeige ist eher überflüssiger Luxus. Ganz abgesehen davon ist Yolanda natürlich von früh morgens bis zur Dämmerung mit dem Boko Boko und dem Porini Restaurant mehr als ausgelastet.

So stellte ich mich halt immer darauf ein, dass vor einer größeren Safari ein wenig am Auto gebastelt werden muss. Neben der anstehenden Kühlerreparatur brauchte ich aber diesmal aber auch noch ein paar neue Reifen und eine Überprüfung der Elektronik war auch noch fällig. Weiterhin wollte ich unbedingt noch mindestens einen Tauchgang im Indischen Ozean für mich organisieren, und natürlich musste ich bei Karsten und Christiane in Mtwapa vorbei schauen. Es wurde also eng mit der Zeit!
Als Allererstes musste ich mich aber wie immer im Boko Boko umsehen. Yolanda hatte im Oktober angefangen, die Terrassen bei den Bungalows Nr. 1 und 2 zu vergrößern und hinten im Garten ein neues Gehege für die Aldabra Riesenschildkröten anlegen zu lassen. Damals hatte ich den Wunsch geäußert, dass ich zwar den Teich bei "mir" am Banda Nr.3 nicht verlieren wollte, mir aber eine größere Terrasse sehr gut vorstellen könnte. (Damit es nicht zu Missverständnissen kommt. Mir gehört weder der Bungalow Nr. 3 noch sonst irgendetwas im Boko Boko, abgesehen vom Landcruiser und meiner Safariausrüstung. Allerdings war ich maßgeblich an der Planung und Errichtung des neuen Boko Boko Guesthouse beteiligt und wünschte mir damals einen Bungalow zur eigenen Nutzung genau an der Stelle, wo er jetzt steht!)

Boko Boko, Bungalow Nr.3


Dass sich auch an meiner Terrasse etwas getan hatte, hatte ich schon nachts bei der Ankunft bemerkt. Wie schön alles geworden war, und dass der kleine Teich nicht komplett weichen musste, sondern sogar noch verschönert wurde, erkannte ich aber erst nach dem Aufstehen. Zu dem überdachten Terrassenteil war nun noch ein gut in die Gartenlandschaft passender geschwungener, offener Teil hinzugekommen. Nun konnte man sich sogar auf der eigenen Terrasse sonnen. Mir gefiel unser neu gestalltes Heim so außerordentlich gut.

Boko Boko, Schildkröten Garten
Aldabra Riesenschildkröten im Boko Boko

Aldabra Riesenschildröte Aldabra Riesenschildkröte

Mit einem Arm voll mitgebrachter Utensilien schlenderte ich vorbei an Palmen, Bambus und anderen tropischen Bäumen durch den erstaunlich grünen Garten hinüber zu Joachim und Yolanda, schlürfte eine erste Tasse Tee und tauschte Neuigkeiten mit den beiden aus. Anschließend begutachtete ich die neue Schildkrötenanlage direkt neben dem Wohnhaus, in der jetzt zwei der vier Aldabra Riesenschildkröten ihr neues Reich und viel Platz zwischen Palmen und anderen Bäumen gefunden haben.

Noch bevor ich mich um den Landcruiser kümmern konnte, wollte ich erst einmal den Inhalt meines mitgebrachten Seesacks verteilen. Ich hatte für fast jeden der Boko Boko Staff etwas mitgebracht und vor allem für die Mütter ganze Arme voll mit Kinderbekleidung! Der Transport des ganzen Gepäckes war dank der neuen Regelung bei KLM möglich, nach der jedem Fluggast 40 kg Freigepäck in 2 Gepäckstücken zustehen. Gebrauchte Kleidung, Schuhe und andere Dinge konnten wir nun regelmäßig mitbringen und so ein dankbares Lächeln in die Gesichter der Menschen in Kenya zaubern.

An den folgenden Tagen kümmerte ich mich hauptsächlich um unseren Landcruiser, kaufte neue Reifen und rüstete das Fahrzeug für die bevorstehende Safari her. Einen Besuch bei Freunden in Mtwapa nutzte ich dazu, irgendwo in den Gassen Mtwapas den Kühler löten zu lassen und während unser Wagen am Whitesands Hotel ordentlich von innen und außen gewaschen und gereinigt wurde, unternahm ich einen ersten Erkundungstauchgang mit dem Schnorchel im Mombasa Marine National Park. Der Wiedereinbau des Kühlers war dann auch geprägt von "afrikanischer Gründlichkeit". Zwar überprüfte man zweimal ob die gelötete Naht auch tatsächlich wasserdicht war, hatte beim Einbau dann aber plötzlich zwei Unterlegscheiben und eine Schraube über. Als ich fragte, wo die Schraube hingehöre, sahen mich nur 4 Paar treue, unwissende Augen an und alle schüttelten verständnislos den Kopf. Der Kopf wurde aber nicht etwa geschüttelt, weil niemand wusste wohin die Schraube gehört, sondern weil niemand verstand, warum ich auf den Einbau der Schraube bestand, wenn der Kühler doch auch so hielt.
"It´s fixed!" erklärte mir Dominik, der Mechaniker, und rüttelte am Kühler.
"Now, it´s fixed, but 100 kilometres after Mombasa it´s loose!" antwortete ich gequält lächelnd.
"Please, fix it properly!" bat ich darum den Kühler richtig zu befestigen. Etwas widerwillig kam man meinem Wunsch nach.


Jörg Reinecke und Karsten Kohrs

Mtwapa Mtwapa

Gerne hätte ich die Unterwasserwelt im Indischen Ozean mit meiner Frau zusammen erlebt, aber unsere Reisepläne und der vorhandene Jahresurlaub erlauben ihr in diesem Jahr erst im September eine Rückkehr nach Kenya. Zusammen hatten wir im Januar schon eine Woche lang die Unterwassertierwelt des Roten Meeres vor Sharm El-Sheikh erlebt und unsere Silberhochzeitsreise auf eine kleine Insel der Malediven stand auch noch in unserer Planung für den Mai 2010.

Dass Petra mich trotz diverser weiterer Reiseplanungen in diesem Februar nach Kenya reisen ließ, verdankte ich einem gut gefüllten Überstundenkonto und vor allem meinem Freund Tony!
Tony hatte zusammen mit seiner Lebenspartnerin Elke vor zwei Jahren eine Safari mit mir unternommen und hatte trotz seines hohen Alters (damals 78 Jahre) von Anfang an gesagt, dass er genau so eine Tour gerne wiederholen würde. Da es auch für mich als Guide eine unvergessliche und angenehme Zeit auf der Safari war, fing ich damals sofort nach Rückkehr aus Kenya an, eine weitere gemeinsame Großwildsafari zu planen. Gerade hatte ich die Vorbereitungen für unsere geplante "Männersafari" abgeschlossen, Elke und Petra wollten oder konnten uns nicht begleiten, da machten uns zuerst mein Job und dann Tonys Gesundheit einen Strich durch die Rechnung!

Wie Tony mir in seinen Mails immer wieder mitteilte, wollte er diese Safari unbedingt erleben, und so ließ er sich im wahrsten Sinne des Wortes für das Abenteuer fit spritzen und von Elke reisetauglich pflegen. Hätte ich Tony nicht damals in Kenya kennen und schätzen gelernt, und wäre er auf der letzten Safari nicht zu einem Freund geworden. Ich hätte es vermutlich abgelehnt, mit einem achtzigjährigen Herren auf Safari zu fahren. So aber freute ich mich, ihn wieder zusehen, ein wenig mehr aus seinem aufregendem Leben zu erfahren, und ihm eine möglichst tier- und erlebnisreiche Safari in der Masai Mara zu ermöglichen.

Nachdem ich von Tonys Rückenproblemen und seinen damit verbundenen Schmerzen erfahren hatte, plante ich zunächst eine vierzehntägige Safari in die Tsavo-Region, aber Tony war nicht davon abzubringen, in die Masai Mara zu fahren. Am Ende war ich ihm dankbar für seine Hartnäckigkeit, kam ich doch auf diese Weise nach 17 Jahren endlich einmal wieder im Februar in die Mara.

Den Landcruiser und die Ausrüstung hatte ich vorbereitet, als ich früh morgens zum Flughafen in Mombasa fuhr, um Tony von dort abzuholen. Gespannt starte ich auf die Ausgangstür des Airports, als ich plötzlich von unten von einer Stimme angesprochen wurde:

"Hallo Jörg, nicht erschrecken, ich kann laufen. Wie geht es dir?"
Vor mir stand ein von einer Kenya Airways-Angestellten geschobener Rollstuhl und darin saß, klein und zerbrechlich wirkend, mein Freund Tony.
"Mir geht es gut!" antwortete ich sichtlich geschockt, als wir mit dem Rollstuhl zum Landcruiser schoben.
"Keine Angst, ich wollte nur mal sehen, wie du reagierst!" grinste Tony mich an und stand aus dem Rollstuhl auf, um zum Fahrzeug zu gehen.
"Der Flugtransfer ist viel einfacher, und das Gepäck wird dir auch getragen, wenn du als Person mit Handicap reist!" erklärte Tony mir, wobei er auf seinen dünn wirkenden Beinen nicht wirklich fest stand!
"Du hast mir einen Schreck eingejagt!" antwortete ich besorgt, und während ich Tony in den hohen Landcruiser hinein half, machte ich mir ernsthafte Gedanken über unsere Safariplanung und das Vorhaben, in und durch die ferne Masai Mara zu fahren. Tony, den ich zuletzt in kakifarbener Safarikleidung gesehen hatte, wirkte in Jeans und mit kariertem Hemd, an einem Gehstock stehend, auf einmal so fremd, so gar nicht nach Afrika passend auf mich.

Während der Fahrt zum Boko Boko erzählte Tony mir vom Flug und von seinen Rückbeschwerden, und ihm waren die Strapazen des langen Fluges anzumerken. Dennoch war seine Stimme gewohnt fest, und seine Art der Beschreibungen hatte immer noch den gewohnten Witz und Charme, den ich so an ihm mochte. In der angeschlagenen Hülle steckte also noch der alte Tony.

Am Boko Boko angekommen, gab ich Tony erst einmal Zeit, sich und seine Sachen zu sortieren. Der Safaristart war erst für den kommenden Tag geplant, und das war auch gut so. Nach einer Weile erschien Tony am Pool, nun in kurzer Kakihose, frisch rasiert und in einem passenden Hemd. Zwar musste er zum Gehen einen Stock nutzen, dennoch wirkte er nun wieder so auf mich, wie ich ihn in Erinnerung hatte.
"Nun kann es losgehen!" blinzelte er mich verschmitzt an und lächelte!
"Pole pole Bwana!" lachte ich zurück und setzte mich zu ihm. Ausführlich besprachen wir unsere gemeinsame Safari, meine Planung und seine gesundheitlichen Einschränkungen. Die heiße Mittagszeit nutze ich für weitere Vorbereitungen und Tony für einen Mittagsschlaf. Den Abend verbrachten wir zusammen im Porini Restaurant und gingen dann früh schlafen. Schließlich hatten wir eine zweiwöchige Safari vor uns.


Zurück im Bush des Tsavo Ost National Park
In Anbetracht von Tonys Rücken- und Hüftleiden wollten wir die einzelnen Etappen möglichst kurz halten, und so war unser erstes Safariziel der Tsavo Ost National Park, den wir 3 Stunden, nachdem wir das Boko Boko verlassen hatten erreichten. Im Jahr 2009 erlebte Kenya eine der schlimmsten Dürren seit 10 Jahren. Weite Teile des Landes waren von der Trockenzeit schlimm gezeichnet, so auch der Tsavo. Vor 5 Monaten noch erlebte ich im Tsavo eine vertrocknete, ausgedörrte Landschaft, in der kaum ein Strauch Blätter hatte, und wir beobachteten Warzenschweine und Antilopen im Tsavo, wie sie mit ihren Eckzähnen und Hufen nach fressbaren Wurzeln gruben. Selbst im sonst immer feuchten Kanderi Swamp gab es Anfang Oktober nur noch ein einziges kleines Wasserloch, das die Elefanten gegraben hatten, die Landschaft um den Aruba Damm glich einer Mondlandschaft und an der Pipeline Road in der Nähe der Voi Lodge stand kein grüner Halm mehr!

Tsavo Ost - Voi Gebiet Oktober 2009
Tsavo Ost - Voi Gebiet Oktober 2009
Tsavo Ost - Voi Gebiet Februar 2010
Tsavo Ost - Voi Gebiet Februar 2010

Jetzt war alles wieder erstaunlich grün, Bäume und Sträucher hatten frisches Laub, das Gras wieder eine saftige grüne Farbe, und in den Wasserlöchern am Pistenrand stand wieder Wasser. Der Kanderi Swamp, den wir bei unserer Anfahrt zum Tarhi Camp passierten, bot wie gewohnt reichlich Nahrung und Wasser für die Pflanzenfresser und war wieder ein lohnendes Jagdrevier für die Fleischfresser. Es war erstaunlich, wie schnell die zwar heftigen aber wenigen Regengüsse im Januar das Landschaftsbild wieder zum Guten verändert hatten.

Unser erstes Etappenziel war das Tarhi Camp, wo man uns freudig begrüßte. Nachdem wir am Rande des Camps ein geräumiges Zelt bezogen und einen kurzen Lunch mit Blick auf eine Gruppe roter Tsavo Elefanten genossen hatten, zog es uns gleich hinaus in die Wildnis des Tsavo Ost National Parks. Als Erstes interessierte es mich, wie die Landschaft am Aruba Damm sich entwickelt hatte. Aus diesem Grund fuhren wir entlang des Voi Rivers in Richtung Aruba Damm. Unterwegs beobachteten wir viele Elefantenherden, oft mit sehr kleinen Jungtieren. Die Befürchtung, dass die meisten der im Jahre 2009 geborenen Kälber die Dürre nicht überleben würden, hatte sich zumindest für den Tsavo Ost, nicht bewahrheitet. Allerdings erfuhr ich später von Trevor, dass die Situation der neugeborenen Elefanten im Tsavo West und vor allem im Amboseli National Park alles andere als gut aussah.

Obwohl die "Große Regenzeit" ja noch vor der Tür stand und wir im Februar gerade am Ende der Trockenzeit waren, bot die Landschaft am Voi River ein üppiges grünes Bild. Ich konnte mich gar nicht sattsehen an den kräftigen Farben und war gespannt auf den Stausee in Aruba. Schon von Weitem sahen wir viele Vögel über dem See und dem angrenzenden Sumpf kreisen. Mit dem Fernglas konnte ich verschiedene Reiher, Nilgänse und zu meiner Überraschung Klaffschnabel Störche (Anastomus lamelligerus) ausmachen. Letztere waren zu Hunderten in der Luft und am Ufer verteilt zu finden. Ebenso saßen die großen Vögel, die mit ihrem langen, nicht richtig zu verschließenden Schnabel nicht unbedingt zu den schönsten Vertretern der Familie Storch gehören, um die Wasserstelle an der Aruba Windmühle. Im Sumpf am Aruba Stausee sah es aus wie im Garten Eden. Im hohen Grün grasten Zebras, Kongonis, Impalas, Grantgazellen, Wasserböcke, Warzenschweine und Hunderte von Elefanten friedlich nebeneinander. Wir umrundeten den See und standen mit Blick auf den See und die neue Ashnil Lodge, als wir anfingen, die Elefanten zu zählen. Die verschiedenen kleinen Familienverbände, umrundeten den See, standen am Ufer zum Trinken oder waren beim Baden zu beobachten. Beeindruckt nahmen wir zur Kenntnis, dass sich vor uns mehr als 130 Elefanten tummelten. Direkt vor uns im Wasser tauchten und schnaubten zwei große schlammverschmierte Flusspferde, die ebenfalls mindestens ein Kalb dabei hatten.

Klaffschnabel Störche, (Anastomus lamelligerus) im Tsavo Ost

Wieder erklärte ich Tony:
" Hier gab es vor 5 Monaten nicht einen grünen Halm und nicht den Hauch eines Wassertropfens!"
Von Trevor Jennings (KIWARA Safaris), den wir im Tarhi Camp getroffen hatten, bekamen wir noch einen Tipp über den Fundort eines Elefantenkadavers, an dem sich noch vor drei Tagen Löwen aufgehalten hatten. Als wir die beschriebene Stelle später erreichten, hatten Geier, Hyänen und Schakale schon ganze Arbeit geleistet! Wir fanden nicht einmal mehr Knochen vor. Es sollte sich um ein kleines Elefantenkalb gehandelt haben, und es war gut möglich, dass die Hyänen Knochen und Haut weit verschleppt hatten. Wären noch Reste des Kadavers in der Nähe gewesen, so hätten wir sie eigentlich riechen müssen. So aber suchten wir gar nicht erst lange das dichte Gebüsch ab, sondern setzten unsere Pirschfahrt fort, um nach Wild an der Pipeline Road zu Füßen der Voi Lodge zu suchen. Wir hielten uns den ganzen Tag im Bush auf und verzichteten auf einen Lunch im Camp, und auch wenn wir keine Katzen entdeckten, so hatten wir doch eine erfolgreiche Wildbeobachtung. Gegen Mittag begegneten wir einem Steppenwaran, der unseren Weg kreuzte. Im Gebiet unterhalb der Voi Lodge stand überall Wasser in den damals trockenen Wasserlöchern und wir beobachteten Paviane, Kaffernbüffel und Elefanten beim Saufen und Baden, erlebten eine Sporenganz Familie mit ihren 12 Küken beim Badeausflug in den Wasserlachen auf der Piste und verbrachten einige Zeit mit einer Herde Oryxantilopen, die in einem etwas trockeneren Gebiet mit einigen Zebras graste. Am Abend fuhren wir wieder in den Kanderi Swamp, wo wir wir in der untergehenden Sonne Elefanten im Swamp verschwinden sahen. Eine Stimmung die Durst auf Amarula Likör machte.

Elefant im Sonnenuntergang


Auch wenn Tony durch seine Rücken- und Gelenkschmerzen etwas in den Bewegungen eingeschränkt war, ich musste ihm z.B. immer in den zugegeben recht hohen Landcruiser hinein helfen, strotzte er ansonsten wie gewohnt vor Energie. Dazu kam sein den spanischen Geflogenheiten angepasster Lebensrhythmus (Tony lebt als gebürtiger Schweizer im Süden Spaniens), und so war er am Abend alles andere als müde. Obwohl ich einige Tage mehr zum Akklimatisieren gehabt hatte als Tony, steckte mir die verpatzte Anreise immer noch in den Knochen, irgendwie fehlte mir Schlaf und den hätte ich noch vor der Masai Mara gerne nachgeholt.

Die Abendstunden im Tarhi Camp verbrachten wir mit Trevor und seinen buscherfahrenen Safarigästen, und so wurde es am Ende doch noch ein wenig später als geplant. Von Trevor erfuhr ich weitere Einzelheiten über die Wildbewegungen der letzten Tage, und Tony erzählte vom damaligen Afrika, als er aus beruflichen Gründen im Sudan, Ägypten, Marokko und andere Länder gelebt hatte. Trevors Gäste, die teilweise viele Jahre im südlichen Afrika gelebt hatten, trugen ebenfalls zu einer interessanten und fachkundigen Gesprächsrunde bei. Obwohl mich das Belächeln der im offenen Tarhi Camp absolut notwendigen, mit Speeren bewaffneten, Askaris genauso befremdete, wie der typisch südafrikanische Satz:" Ich finde Suaheli ist eine der schönsten Negersprachen!"

Ein kurzer kalter Schauer unter der Dusche und der anschließende Tee brachten mich morgens im Bush immer genauso schnell auf die Beine wie die freudige Erwartung auf neue Wildbeobachtungen und Erlebnisse. Während ich vor unserem Zelt die frische Morgenluft und eine Tasse schwarzen Tee mit Milch genoss, war Tony mit seiner Morgentoilette beschäftigt. Ich merkte schnell, dass ich unsere Zeitberechnung neu aufstellen musste. Mit dem kaputten Rücken und fast 3 Dutzend mehr Lebensjahren als ich ging halt doch alles etwas langsamer. Diese Safari war unser gemeinsames Ziel, aber ich hatte den Ehrgeiz, die Tage im Bush für Tony zu einem unvergesslichen Erlebnis werden zu lassen, und so fiel es mir nicht schwer, mich Tonys Tempo anzupassen und ihm zu helfen, wo Hilfe nötig war. Außerdem wollten wir, trotz aller Gier auf spannende Beoabachtungen, die Wildnis in Ruhe genießen und so war ein gemeinsamer Tee vor dem Zelt, an jedem Morgen ein Muss!

Tony Pluss im Tarhi Camp Tony Pluss im Tarhi Camp

Sporengänse

Gelber Pavian beim Trinken Kaffernbüffel

Steppenwaran

An diesem Morgen verpassten wir allerdings erst einmal eine Löwin, die Trevor 20 Minuten bevor wir die Stelle erreichten, auf einem Baum entdeckt hatte. Wir erfuhren erst später im Camp von Trevors Beobachtungen, und ich konnte mich durch ein aufgezeichnetes Video und Fotos davon überzeugen, das sich die Löwin tatsächlich auf einem Baum befunden hatte. Eine Tatsache, die weder ich noch Trevor je vorher im Tsavo beobachtet hatten.

Wir selber erfreuten uns an diesem Morgen an großen Elefantenverbänden, die sich im Kanderi Swamp, an der Pipeline Road und an den rückwärtigen Hängen der Voi Lodge aufhielten. Am zuletzt genannten Ort hielten sich gut 70 Elefanten in verschiedenen Familienverbänden auf, und wir beobachteten längere Zeit einige junge Bullen. Die Teenager zerlegten scheinbar nur so zum Spaß einige Akazienbäume, indem sie mit Hilfe ihrer spitzen Stoßzähne und dem starken Rüssel die Rinde von den Bäumen rissen. Nahrung wäre eigentlich in Form von Gräsern genügend vorhanden gewesen, außerdem fraßen sie auch kaum von der Rinde, sondern ließen sie achtlos auf den Boden fallen und liegen! Ein Verhalten, welches wir uns nur mit jugendlichem Übermut erklären konnten.



rote Elefanten im Tsavo
rote Elefanten im Tsavo rote Elefanten im Tsavo
rote Elefanten im Tsavo

rote Elefanten im Tsavo
rote Elefanten im Tsavo
Bild: Tony Pluss!

Am zweiten Abend im Tarhi Camp gesellte sich noch Margit mit ihren Safarigästen zu uns, und so wurde auch dieser Abend draußen beim Lunch mit Blick auf die kleine Wasserstelle und einige Elefanten wieder sehr unterhaltsam und informativ. Ich freute mich, dass es mir bei der Safariplanung für uns drei gelungen war, dass wir (Margit, Trevor und ich) endlich wieder einmal einen Abend zusammen im Tsavo genießen konnten. Oft hatten wir uns bei den letzten Safaris nur irgendwo flüchtig auf der Piste getroffen und der ständige Kontakt war auf SMS und E-Mail beschränkt. Neben dem Austausch von Informationen aus den Parks und über Wildbeobachtungen hatten wir drei natürlich auch einiges über Kiwara Safaris zu besprechen, wie z.B. die Abstimmung einiger Safaritermine, die ich ja von Deutschland aus für die beiden koordinierte.

Tsavo Safari KAD 643 G
- Der feine Unterschied bei einer Safari -


Nach zwei Nächten im Tarhi Camp und entspannter Wildbeobachtung, verließen Tony und ich nach einem ordentlichen Frühstück, den Tsavo National Park. Wir fuhren auf der Hauptstraße in Richtung Nairobi weiter. Über uns strahlte ein wolkenloser blauer Himmel, und die Luft war so klar, dass wir stundenlang den Kilimanjaro im benachbarten Tansania sehen konnten und deshalb mehrfach zum Fotografieren anhielten. Unterwegs musste ich immer wieder die Landschaft zwischen Oktober 2009 und jetzt vergleichen, dabei faszinierte es mich, wie oft nur wenige Tropfen Wasser die Landschaft verändern konnten. Wo im Oktober noch braune Erde und verdörrte Büsche die Landschaft prägten, stand jetzt meterhoher grüner Mais, und die Zeburinder auf den satt grünen Weiden sahen wieder gut genährt aus.

Kilimanjaro, im Vordergrund die Chyulu Hills
- der Kilimanjaro, im Vordergrund die Chyulu Hills -

Erst kurz vor Nairobi änderte sich das Landschaftsbild - ganz offensichtlich hatte es im Südosten der Stadt kaum Niederschläge gegeben. Neben der Landschaft erfreute ich mich an der guten neuen Straße, die nun tatsächlich bis auf wenige Kilometer auf gutem Asphalt von Mombasa nach Nairobi führt. Sogar die große chaotische Baustelle vor den Toren der Hauptstadt war fast fertig. Im Oktober herrschte an der Stelle noch ein solches Chaos, dass wir einen Kompass benötigten, um in dem Gewirr aus verschiedenen Pisten, Unterführungen, selbst gefahrenen Auf- und Abfahrten und halbfertigen Straßen unseren Weg in Richtung Nairobi zu finden.


- die Landschaft um Emali, oben September 2009 unten Februar 2010 -

Da wir noch unsere Parktickets und weitere Unterlagen von Sunworld Safaris abholen mussten und eine Zwischenübernachtung in Nairobi ohnehin notwendig war, hatte ich für Tony und mich das zentral und in der Nähe vom Sunworld - Büro gelegene Boulevard Hotel reserviert. Während Tony sich etwas von der anstrengenden Fahrt erholen konnte, fuhr ich hinüber zu Gaby und Dave ins Büro. Obwohl noch recht früh am Nachmittag, verdichtete sich der Stadtverkehr immer mehr, und ich kam nur langsam vorwärts. Nach gut 40 Minuten (für 10 Minuten Fahrstrecke) erreichte ich das Büro von Sunworld Safaris, wurde herzlich von Gaby und Dave begrüßt und tauschte bei einer Tasse Tee einige Informationen aus, ehe ich unsere Unterlagen für die Masai Mara und das Mara Bush Camp erhielt!

Eigentlich hatte ich geplant, mit Tony zum Rangers Restaurant am Rande des Nairobi National Parks zu fahren, aber die chaotische Verkehrssituation ließ mich diesen Gedanken schnell verwerfen, und so nahmen wir ein frühes Dinner am Hotel ein. Wieder lagen wir sehr früh in unseren Betten, und ich musste mir von Tony den Vorwurf gefallen lassen:
"In Spanien fängt das Leben jetzt erst an, so früh war ich schon lange nicht mehr im Bett!"
"Sorry!" brummte ich vor mich hin und versuchte zu schlafen.

Auch wenn die Strecke von Mombasa nach Nairobi inzwischen gut befahrbar ist, unsere heutige Etappe hatte gut 350 Kilometer, plus die 3 Stunden kreuz und quer durch Nairobi, deshalb war ich tatsächlich reif für das Bett. Außerdem hoffte ich auf lange ereignisreiche Tage in der Mara, und da war ein bisschen vorschlafen doch gar keine schlechte Idee, dachte ich. Wünschte mir aber insgeheim auch, mit achtzig Jahren noch so eine Kondition zu haben, wie Tony sie hatte.

Auto in Kenia
"On the road" zwischen Tsavo und Masai Mara
- Momentaufnahmen von Tony Pluss -
Auto in Kenia Auto in Kenia
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Auto in Kenia
Auto in Kenia Auto in Kenia

Safari Februar 2010 Teil II, Big Five in der Masai Mara - (hier gehts weiter)