...Am Kadaver selber war kein einziger Löwe mehr zu sehen, stattdessen rissen und zerrten nun mehrere Tüpfelhyänen und mindestens
drei Dutzend Geier lautstark an den Resten. Die Hyänen hatten schon Knochen verschleppt und in der näheren Umgebung verteilt
und vom eigentlichen Flusspferd war nichts mehr zu erkennen. Während einige Geier offensichtlich satt im Gras hockten, flogen
aus allen Richtungen immer weitere Aasfresser an. Hauptsächlich Sperber- und Weißrückengeier, aber auch große Ohrengeier,
kleine Kappengeier und hässliche Marabus erkämpften sich ihren Anteil an der großen Fleischmahlzeit. Mittendrin, immer wieder,
die Hyänen die es schon lange aufgegeben hatten die gefiederten Fressfeinde zu vertreiben.
Es dauerte nicht lange, dann war zwischen den Federn der Vögel nur noch der grüne Mageninhalt des Hipos und blanke Knochen zu
sehen!
Die Rückfahrt durch die inzwischen abgetrocknete Furt war in dieser Richtung absolut problemlos und so suchten wir, genau wie die Raubkatzen erst einmal etwas Schatten. Ein leichtes Lunch, ein kühler Drink und vor allem viel viel frische Luft, waren nach dem nicht ganz geruchsneutralem Erlebnis, jetzt Petras Wünsche. Indes, ging mir durch den Kopf was uns wohl als nächstes erwartete und ob Sabine und Michael nicht langweilig wird, wenn einmal nichts passiert. Jagende Geparde, paarende, spielende und fressende Löwen, von ganz klein und niedlich bis hin zu ganz groß mit prächtigen Mähnen, die Mara hatte die beiden bisher ganz schön verwöhnt und gierig auf neue Erlebnisse gemacht! Wir hingegen genossen, nach all den Jahren im Bush, neben dem Wildlife auch immer wieder gerne die ruhigen Momente in den Camps.
Der Hipo Kill und die Löwenkonzentration hatten sich herumgesprochen, deshalb suchten wir nach dem Lunch eine komplett andere Richtung auf, in der Hoffung möglichst wenigen anderen Fahrzeugen zu begegnen. Micha erwies sich wieder als sehr guter Wildbeobachter und Spotter und entdeckte zu Bines Freude am Nachmittag ein Flusspferd an Land. Ich versuchte diesmal etwas dichter an das Tier heran zu fahren, aber der Koloss flüchtete rasch ins Wasser, als wir uns langsam annähern wollten. Anschließend fuhren auf einer schmalen Piste, kreuz und quer durch hohes Gras, als wir plötzlich und unerwartet auf Löwen trafen. Kaum zu entdecken, lagen fünf ausgewachsene Weibchen und eine handvoll Babys im hohen braunen Gras. Wir waren nur wenige Minuten zu spät an dieser Stelle angekommen, die Raubtiere waren gerade dabei ein frisch gerissenes Warzenschwein zu verschlingen und ich glaube für die jüngsten der Gruppe war es die erste Fleischmahlzeit. Interessiert beobachteten wir wie zwei der kleinen rotbraunen Fellkneule, mit ihren eher winzigen Zähnchen an einem Knochen herum nagten. "Die sind so süß mit ihren kleinen Köpfchen!" war Bine vom Anblick der Kleinen verzaubert. Die Streitigkeiten der beiden Minikatzen waren niedlich, die fast unmittelbar neben unserem Fahrzeug ausgetragenen Konflikte zwischen den alten Löwinnen, dagegen eher furchterregend. Als eine der großen Katzen urplötzlich aus dem hohen Gras aufsprang und lautstark und zähnefletschend auf eines der anderen Weibchen losging, sah ich Micha nur erschrocken in den Sitz zurück fallen. "Whow!" war seine Reaktion. Wir blieben bis zum Ende der Mahlzeit und freuten uns dann über die friedlichen Bilder der gegenseitigen Körperpflege und Liebkosungen zwischen Groß und Klein und auch unter der ausgewachsenen Tieren. "Jetzt verstehe ich, was du meintest mit den Fußsafaris und warum sie so gefährlich sind!" erklärte Micha, als er sich nach ca 10 Metern Fahrt zu den Löwen umdrehte. "Von hier aus kannst du so gut wie keinen von den Löwen mehr im Gras sehen!" Lektion angekommen, freute ich mich! Auf einmal sind sie da! und dann sind sie fast nicht mehr zu sehen! "Können wir da hinfahren?" zeigte Bine kurz danach zu einem ausgewachsenen Elefantenbullen ganz in der Nähe. "Wenn er uns läst!" antwortete ich und fuhr zu dem, einsam im offenen Gelände stehenden, riesigen Bullen. Ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen graste der alte Bulle im hohen Grün und ließ uns ganz in seiner Nähe verweilen. Mit seinem kräftigen Rüssel riss er Grasbüschel um Grasbüschel aus dem Boden und beförderte sie in seinen Schlund. Langsam kam er immer näher. Der graue Riese beachtete uns kaum, setze schmatzend seinen Weg fort und schritt dabei erhaben durch die Landschaft.
Wir hingegen ließen wenig später den ereignisreichen Tag unter einer Akazie mit einem Sundowner ausklingen. Ich servierte meinen staunenden Begleitern einen eisgekühlten Gin Tonic und verschiedene Knabbereien auf der Motorhaube des Land Cruiser! "What a day!"
An diesem Abend kamen wir spät ins Camp. "Wir waren ganz in der Nähe!" entschuldigte ich mich bei Sabine, der Managerin, für unsere späte Rückkehr! "Och! Ich habe gar nicht eher mit euch gerechnet!" lächelte sie. Der Tag endete mit einem abwechslungsreichen, einheimischen Dinner und einem anschließenden "Löwen - Belohnungsdrink" vor unserem Zelt! Auch der vorletzte Tag in der Weite der Masai Mara sollte ereignisreich und spannend werden. Ich hatte uns den östlichen Teil des Rhino Ridge für unsere Pirschfahrt ausgesucht und kaum hatten wir die Furten des Double Crossing durchquert entdeckten wir eine einsame Löwin im Gelände. Das deutlich ausgeprägte Gesäuge und der Umstand, das die Raubkatze alleine unterwegs war, verriet mir, dass sie sehr kleine Junge haben musste. "Seht ihr die Zitzen? Entweder führt sie uns jetzt zu ihren Kleinen oder sie will jagen!" gab ich meine Beobachtung weiter. Mit großem Abstand folgten wir der Raubkatze und schon nach kurzer Zeit war klar, die Löwin war hungrig und wollte jagen! Jede Bodenerhebung ausnutzend schlich die braune Großkatze durch das hohe Gras. Wieder suchten auch wir nach möglicher Beute. Außer einigen Giraffen konnten wir aber keine Beutetiere entdecken. Aber genau auf diese Giraffen schlich die Löwin nun zu, immer wieder stoppte sie und blickte starr in Richtung der Giraffen. Die Giraffen ihrerseits hatten die Löwin längst entdeckt und gingen, anstatt zu flüchten, genau auf die Katze zu. "Jetzt wir des spannend!" erwartete ich einen Angriff der Giraffen. "Da, da unten sind Warzenschweine!" erklärte Micha! Und tatsächlich kurz vor dem nächsten dichteren Grünstreifen stand eine Rotte Warzenschweine, offensichtlich zwei Alttiere mit drei Jungen. Was nun geschah, habe ich so vorher noch nicht beobachtet. Die Giraffen standen, anstatt die Warzenschweine durch Verhalten oder Laute zu warnen, praktisch Spalier. Zwischen den langen Beinen der Giraffen, die alle gespannt nach unten blickten, schlich sich die Löwin an die Warzenschweine heran. Auch wenn wir in guter Distanz standen, konnten wir deutlich sehen, wie sich die Muskeln der Raubkatze anspannten, wie sie im Kriechgang, Stück für Stück näher an die Schweine heran kam. Diese hingegen hatten von der Bedrohung noch nichts mitbekommen. Die Löwin lag nun, nur wenige Meter vor den Beinen einer Giraffe, die vermutlich stolz auf ihren Logenplatz, unbeweglich nach unten vor ihre Füße sah! Die anderen Giraffen standen wie im Theater um die Situation herum und regten sich ebenfalls nicht. Als die Warzenschweinfamilie noch dichter an die Löwin herankam und die Alttiere ihr den Rücken zudrehten, schoss die Raubkatze los. Mit weiten, kräftigen Sätzen sprang sie in Richtung Beute. Genauso schnell erhoben die Schweine ihre Schwänze und stürmten davon. Nach wenigen Sprüngen musste die Raubkatze einsehen, dass diese Beute für sie nicht erreichbar war und stoppte. Resigniert zog die Katze in das nahe Dickicht, die Warzenschweine rannten noch wenige Meter und fingen, auf den Knien liegend, wieder an zu fressen und die Giraffen zogen weiter, als sei nichts geschehen.
Wir hingegen umfuhren das Dickicht und versuchten die Löwin wieder zu finden, von der ich überzeugt war, das sie nach weiterer Beute suchen würde. Es dauerte eine ganze Weile, aber dann entdeckte Micha sie unter einem Busch liegend. Sie wirkte hungrig und angeschlagen, aber die immer höher steigende Sonne machte es ihr nicht einfacher. Als sich die Katze schließlich auf den Rücken rollte, ließen wir sie wieder alleine. Wir hatten es einfacher als die Katze unsere üppige Nahrung führten wir im Land Cruiser mit und so zelebrierten wir für diese Safari ein letztes unvergessliches Bushfrühstück inmitten einer Herde von Topis und Zebras! Die Tiere ließen sich von uns genauso wenig stören, wie von einer fast an unserem Tisch vorbeiziehenden Hyäne.
Abgesehen von der Löwin, überwogen an diesem Morgen die kleinen Tiere und die friedlichen Momente. Erst am späten Nachmittag zeigte sich die Mara wieder von ihre spannenden Seite. Zuerst trafen wir auf den alten Elefantenbullen, den wir am Vorabend verlassen hatten. Erhaben und mächtig schritt der graue Gigant durch eine Herde von Kaffernbüffeln. Kein Zeichen von Aggression oder Einforderung des Wegrechtes ging von ihm aus und dennoch teilte sich die Büffelherde ohne zu zögern und nicht ein einziger schwarzer Kaffernbüffel wagte im Wege stehen zu bleiben. Eine beeindruckende Begegnung zweier kraftstrotzender Tierarten.
Wenig später standen wir zwischen rund 30 Masai Straußenhennen, die Federn schwingend mit ihren langen Hälsen im Gras nach Nahrung suchten. An anderer Stelle beobachteten wir zwei umherziehenden Schakale, als diese auf eine Grant Gazelle trafen. Irgend etwas musste den Schakalen verraten, das die Gazelle ein Kitz haben musste. Während der eine Schakal die Gazelle attackierte, suchte der andere systematisch Busch für Busch und Strauch für Strauch nach dem Jungtier ab. Geschickt wechselten sich die hundeähnlichen Schakale bei ihren Angriffen und Suchen ab. Aber auch die Gazelle wusste wie sie mit den Störenfrieden umzugehen hatte. Mal flüchtete sie, urplötzlich aber drehte sie sich herum und griff mit gesengten, spitzen Hörnern die Schakale an. Je aufdringlicher die Schakale wurden, um so heftiger wurden die Angriffe der Gazelle. Mehr als 40 Minuten verteidigte die wütende Mutter sich und ihr unbekanntes Kitz, welches sie uns bis zuletzt nicht zeigte. Irgendwann ließen die Schakale von der Gazelle ab und zogen weiter. Mutterliebe - Masai Mara Nach einer, vorerst, letzten Nacht im Mara Bush Camp gingen wir den nächsten Tag entspannt an, Frühstückten im Camp und traten dann unsere Rückfahrt in Richtung Nairobi an. Kaum hatten wir aber das Camp verlassen, entdeckten wir eine Gruppe von fünf Löwinnen die zielstrebig und offensichtlich hungrig durch die Landschaft zog. Ihr verhalten war Eindeutig und so blieben wir so lange es ging in ihrer Nähe, erst als wir weit und breit keine mögliche Beute entdeckten und die Katzen in Richtung schattenspendendem Grün liefen, ließen wir sie wieder alleine und setzten unsere Fahrt fort. Wie im Zeitraffer liefen die vergangenen Tage auf dieser Rückfahrt an uns vorbei, nach den Löwen trafen wir auf Elefanten, später auf Giraffen und Topis, wir durchquerten eine Büffelherde, trafen noch einmal auf Löffelhunde und nachdem wir den Ort Talek und das Gate passiert hatten und wieder auf der anderen Seite des Rivers waren, trafen wir sogar unsere beiden Geparden Brüder wieder.
Bei den beiden gefleckten Raubkatzen verweilten wir noch eine Weile ehe wir uns endgültig auf den Weg machten die Mara zu verlassen. Die Landschaft war deutlich trockener geworden, wo wir vor 8 Tagen noch grüne Gräser angetroffen hatten, stand nun langes trockenes Gras. Die Rückfahrt verlief ohne "Matata" und der Land Cruiser kletterte langsam aber tapfer die Wände des Rift Valley runter und wieder rauf. Neben dem Land Cruiser war eigentlich nur noch ich munter, bei dem Rest der Crew, machten sich die erlebnisreichen und auch anstrengenden Tage bemerkbar.
Am späten Nachmittag erreichten wir Nairobi, wo wir im Wildebeest Camp wieder zwei Zelte bezogen. Ich war mehr als zufrieden mit den Erlebnissen der vergangenen Tage. Unser Ziel, Sabine und Michael "unser Afrika" bzw. das Wildlife Afrikas noch näher zu bringen hielt ich für erreicht. Natürlich wollten wir für uns und die Beiden viele Tierarten beobachten, aber mehr als das bloße Aufspüren der Big Five, waren wir am komplexen Zusammenleben der Wildtiere interessiert! Und mit all den Erlebnissen rund um die Raubkatzen, hatten wir eine mehr als ereignisreiche Zeit in der Mara erlebt! Jetzt muss nur noch der Land Cruiser bis an die Küste durchhalten, ging es mir kurz vor dem Einschlafen durch den Kopf! |