Nairobi Oktober 2018 Nach einer für die Jahreszeit ungewöhnlichen Safari im September (Bericht), hatte ich das Glück, nur wenige Wochen später auf dem Weg in den Tsavo Ost National Park zu sein. Für mich startete die Safari in Nairobi, wo ich nicht nur den Land Cruiser in Empfang nahm, sondern auch wieder einen Teil meiner Safari Ausrüstung einsammeln musste. Um nicht im üblichen morgendlichen Verkehrschaos von Nairobi unterzugehen, startete ich gleich kurz nach Sonnenaufgang und fuhr der aufgehenden Sonne in Richtung Küste entgegen. Wie erwartet, war der Uhuru Highway noch relativ frei und dank der neuen breiten und mehrspurigen Straßen hatte ich den Stadtrand schnell erreicht. Erste Eindrücke der ostafrikanischen Tierwelt bekam ich zwischendurch auf Höhe des Nairobi Fußballstadions, wo auf den Laternen und Bäumen am Straßenrand hunderte von Marabus saßen und Milane über den Autos kreisten. Anfangs sah es nach einem ungetrübten sonnigen Morgen aus und die grelle Sonne blendete mich beim Autofahren, doch noch ehe ich die Vorstädte Nairobis passiert hatte, fuhr ich einer bedrohlichen Wolkenwand entgegen und wenige Minuten später schüttete es erst einmal wie aus Eimern.
Hunters Lodge - Twanduu - Kiboko ![]() ![]()
![]() Nach der kurzen Pause ging es weiter in Richtung Tsavo und ab Mtito Andei führte mich die Hauptstraße mitten durch die beiden Tsavo Parks. Doch obwohl rechts und links in abgebrannten Flächen, frisches, kurzes, grünes Gras stand, konnte ich am Straßenrand außer immer wieder Gelben Pavianen und fünf Zebras kein Wild entdecken. Die Zeiten, in denen man regelmäßig am Straßenrand Dik Dik´s, Kleine Kudus, Zebras und hin und wieder sogar Elefanten sehen konnte, sind seit dem Bau der neuen Eisenbahn wohl endgültig vorbei. Einmal konnte das Wild aufgrund der neuen Zäune am Bahnrand nicht mehr so wechseln wie die Tiere es gewohnt waren, auf der anderen Seite hatten die chinesischen Erbauer der Schnellbahn durch ihren unersättlichen Hunger auf Wildfleisch und Trophäen für eine starke Dezimierung des Wildbestandes gesorgt!
Die drei Riesen waren ganz sicher auch auf dem Weg zur Lodge bzw. zu der großen Wasserstelle an der Ngutuni Lodge. Langsam und erhaben trotteten die drei Giganten durch die lichte Savanne, ich stoppte kurz und genoss ihren Anblick, ehe ich meinen Weg auf einer tiefroten Piste fortsetzte und erreichte kurz darauf die Lodge. Das Ngutuni Reservat ist eine Enklave des Tsavo Ost und grenzt im Westen an die Bahnlinie, im Norden endet das Reservat an der Stadtgrenze von Voi und im Süden und Osten geht das Gebiet naht- und zaunlos in den Tsavo Ost Nationalpark über.
Ngutuni Reservat - Tsavo ![]() ![]() ![]() ![]() Die eher moderne, auf kleinen Stelzen gebaute, zweistöckige Ngutuni Lodge bietet mit ihrer großen, permanenten Wasserstelle, die einzige Wasserversorgung für das Wild in der größeren Umgebung und wird deshalb in der Trockenzeit sehr gut besucht! Das war auch der Grund, warum wir das Gebiet auf der geplanten Safari mit einbezogen hatten. Eigentlich gibt es rund um die Uhr Großwild am Wasserloch zu beobachten. Und auch, wenn die Zimmer nichts besonderes sind, so verfügt jedes Zimmer über einen Balkon mit mehr oder weniger guter Aussicht auf die Wasserstelle. Ich hatte an diesem Nachmittag das Glück eine große, grüne Akazie direkt vor meinem Balkon zu haben und somit eine etwas eingeschränkte Sicht auf die Tierwelt. Aber eigentlich wollte ich ja auch etwas ausruhen und nicht die Wasserstelle im Auge behalten. Die eigentliche Safari sollte ja erst übermorgen zusammen mit Holger und seiner Familie starten.
![]() Nachdem ich tatsächlich ein wenig geschlafen hatte, hielt ich es nicht mehr in meinem Zimmer aus. Draußen an der Wasserstelle, tummelte sich jede Menge Wild und Zebras, Giraffen und Elefanten sorgten für eine sehr gute Wildbeobachtung. Ich war mir sicher, dass, wenn die Wasserstelle so gut besucht war, auch viel Wild in der näheren Umgebung zu finden war. Außerdem konnte es ja nicht schaden, sich einen Überblick zu verschaffen, schließlich war für Holger, Silke und Maxi die erste Nacht ebenfalls in der Ngutuni Lodge geplant. Als erstes sah ich mir allerdings verschiedene Zimmer in der Lodge an und reservierte dann für unsere Rückkehr die beiden Zimmer mit der Besten Aussicht auf die Wasserstelle. Anschließend unternahm ich am späten Nachmittag eine erste Pirschfahrt im Reservat. Ich konnte auf diesem Game Drive nicht nur Impalas, Grant Gazellen und Kongonis beobachten, sondern auch den scheuen und eleganten Gerenuk (Giraffenhalsantilopen) zusehen, wie sie an den Büschen und Bäumen letzte grüne Blätter rupften. Masai Giraffen und Steppenzebras hatte ich schon an der Wasserstelle beobachten können, genau wie die gigantischen roten Elefanten, die in großer Anzahl im Reservat waren. Ich war zufrieden und mir sicher, dass das Gebiet für einen Einstieg in die Safari für Silke und Maxi genau das Richtige war. Neben der guten Wildbeobachtung, machten die kleinen verschlungenen Pisten das Gebiet sehr attraktiv und unterschieden sich so vom Tsavo Ost, wo die meisten Pisten kilometerlang geradeaus führen und die Hauptrouten oft über üble "Waschbrett Pisten" verfügen.
![]() ![]() Kurz nachdem ich eine gemischte Gruppe von Impalas und Pavianen so lange beobachtet hatte, bis ich mir sicher war, dass die großen Pavian Männchen sich tatsächlich nur für die Gräser und nicht für die Impala Kitze interessierten, entdeckte ich am Ngutuni Hill eine einzelne Löwin. Die große Katze streifte entlang des Kopjes und verschwand recht schnell zwischen zwei großen Felsen. Die Öffnung sah wie eine Höhle aus, aber so sehr ich mich mit dem Fernglas auch anstrengte, ich konnte die Raubkatze nicht wiederfinden. Nicht ahnend, dass ausgerechnet diese Löwin mich später zum Highlight der Safari führen sollte, fuhr ich weiter!
Die Löwin blieb verschollen. Stattdessen stieß ich am Randes des Reservates, an der Parkgrenze zum Tsavo Ost, auf ein ganzes Rudel Löwen, welches anscheinend noch vor der Abenddämmerung zur Pirsch aufgebrochen war. Während die jüngeren Mitglieder des Rudels sich die Zeit eher mit Spielen und Herumtoben vertrieben, war den älteren Weibchen deutlich die angespannte Suche nach Beute anzusehen. Einen Moment lang sah es sogar so aus, als überlegten die Tiere einen Elefanten anzugreifen. Aber vielleicht suchte die Anführerin auch nur nach einer geeigneten Route, die roten Riesen zu umgehen? Auf jeden Fall hatte ich das Glück das Rudel bis zum Sonnenuntergang zu begleiten, ehe ich in die Ngutuni Lodge zurückkehrte. Was für ein grandioser Start, dachte ich und hoffte natürlich, dass das Rudel sich eine Weile in diesem Gebiet aufhalten würde, damit auch Holger und seine Familie ihre siebentägige Safari mit Raubkatzen starten konnten.
Ich ließ mir in der Ngutuni Lodge noch ein deftiges Frühstück servieren, während vor mir am Wasserloch immer mehr schwarze oder besser rot-schwarze Kaffernbüffel erschienen. Alle anderen Tiere hatten es vorgezogen, sich nicht mit den kräftigen Büffeln anzulegen und sich zurück gezogen. Von der Tränke war vor lauter Büffelleibern so gut wie nichts mehr zu sehen, dicht gedrängt stillten die Kaffernbüffel ihren Durst. Mehr als tausend Hufe wirbelten jede Menge roten Staub auf. Als die ersten Büffel sich unter nahen Büschen zur Ruhe legten, brach ich auf in Richtung Küste.
Gegen 10:00 Uhr verließ ich das Ngutuni Reservat und erreichte nach zügiger Fahrt gegen 13:00 Uhr den Stadtrand von Mombasa. Aber eben nur den Stadtrand! Hatte ich Anfangs schon geglaubt, nach nur drei Stunden Fahrzeit am Boko Boko in Kikambala zu sein, musste ich nun feststellen, dass es eine dumme Idee war auf der neuen Straße, den neuen Schildern in Richtung Mombasa City, zu folgen. Ich hätte es ahnen können und wenn ich nicht auf meinem Hintern gesessen, so hätte ich, glaube ich, rein gebissen! Kurz vor Mombasa kam ich auf den neuen Highway, der sich sogleich teilte und einmal in Richtung Airport und Port und einmal in Richtung Mombasa City führte. Ich entschied mich für Mombasa City und landete nach wenigen Kilometern prompt auf der alten Stadtausfahrt, die allerdings so kaputt war, dass man eigentlich gar nicht mehr von Straße sprechen konnte. Neben mir quälten sich noch einige Trecker und LKWs über die holprige und mehr als zerstörte Straße und immer wieder tauchten von links und rechts Matatus auf, aber schließlich und fast eine Stunde später erreichte auch ich Mombasa und dann auch irgendwann das Boko Boko.
Zu Hause im Boko Boko, traf ich dann Holger und Silke am Pool der kleinen Anlage. "Du siehst müde und kaputt aus!" begrüßte Silke mich, "Hm, das wird dann wohl in den nächsten 8 Tagen nicht besser werden!" antwortete ich, fühlte mich aber top fit! Das Porini Restaurant war, wie so oft am Wochenende, fast bis auf den letzten Platz ausgebucht und so äußerten Holger und Silke den Wunsch den Sonnenuntergang und ein leichtes Dinner im Moorings erleben zu wollen. Ich verstaute zunächst meine persönliche Ausrüstung in unserem Bungalow, den ich mir mit Maxi, Silkes Sohn, teilte. "Na, bereit für das Abenteuer deines Lebens?" begrüßte ich den Vierzehnjährigen, der im Bungalow auf dem Bett lag und mit seinem Smartphone spielte! Ich erntete nur einen verächtlichen Blick und ein kurzes: "Hi, nah auch schon da!" "Genieß dein Smartphone noch, so lange du kannst, auf Safari haben wir kein Netz!" Bang, der saß, wie von einer Mamba gebissen, sprang der junge Mann aus dem Bett. "Ne, echt jetzt?" fragte er ungläubig, "Be cool, doch glaub schon. Aber im Auto ist trotzdem game over mit der Spielerei!" "Ohhhr, du bist so Scheiße!" durfte ich mir anhören und musste lachen. Anschließend ging ich Joachim und Yolanda begrüßen und mich auch schon fast wieder verabschieden. Für mich war es dieses Mal nur eine kurze Zwischenübernachtung im Boko Boko! Eigentlich hatte ich mich schon auf mein Boko Boko Filet und Pommes im Porini Restaurant gefreut, mochte Holger und Silke aber auch ihren Wunsch nicht abschlagen. Und so fuhren wir am späten Nachmittag, alle vier zusammen, erst einmal nach Mtwapa und zum Tusky Markt um Wasser und Kleinigkeiten einzukaufen. Anschließend ging es dann runter zum Mtwapa Creek um im "Moorings" den Sonnenuntergang zu erleben und eine Kleinigkeit zu essen. Also, zumindest Holger, Silke und ich beschränkten uns auf eine Kleinigkeit. Maxi bevorzugte eine Pizza und Pommes! Aber das Hungergefühl eines Teenagers sollte mich in den kommenden Tagen noch mehr als einmal überraschen.
![]() Auf der schwankenden und leicht schaukelnden Terrasse des Moorings Restaurant besprachen wir dann auch gleich noch einmal den gedachten Ablauf unserer Safari bzw. vor allem erst einmal die von mir angedachte Abfahrtzeit am Boko Boko. "Wenn du sagst, dass wäre die beste Zeit, dann machen wir das so!" bestätigte Silke meinen Vorschlag von 6.00 Uhr spätester Abfahrt, verdrehte aber gleichzeitig wenig begeistert die Augen. "Sorry, aber wir riskieren sonst im morgendlichen Stau eine Stunde Stopp and Go!" versuchte ich mich zu rechtfertigen. "Ne alles gut!" antwortete Silke. "Stehen wir jeden Tag so früh auf?" fragte Maxi und blickte nur kurz von seinem Handy hoch. "Jap!" antwortete ich knapp und sah in die starr aufgerissene Augen des Jungen. "Ist eure Familiensafari, von mir aus können wir jeden Tag ausschlafen!" fügte ich an; "Von wegen!" mischte Holger sich nun ein, "Ich will um spätestens sechs auf Pirschfahrt sein!" sagte er zu meiner Freude! Holger und ich klatschten ab und Maxi murmelte noch irgend etwas vor sich hin, während er den Sonnenuntergang fotografierte. Nachdem die Sonne über dem Creek untergegangen war und wir unser kleines Dinner beendet hatten, brachen wir auf um zeitig in unsere Betten im Boko Boko zu kommen. Als ich am nächsten Morgen aus unserem Bungalow trat, saß Holger schon wie erwartet auf seiner Terrasse. "Ready for adventure?" fragte ich und er nickte. Dann luden wir Ausrüstung und Gepäck in den Land Cruiser. Maxi war unerwartet schnell und gut aus dem Bett gekommen und half mir mit meiner schweren Safaribox. Silke hingegen war noch nicht wirklich ansprechbar. "Vor dem ersten Kaffee wird das nix!" erklärte Holger mir lachend. "Hm, wir haben zwar Sandwich für unterwegs, aber vorerst keinen Kaffee!" antwortete ich. "Alles gut!" fügte Silke wenig glaubhaft hinzu und lächelte gequält! Kurz darauf öffnete Katana, der Askari (Nachwächter), das Tor und wir fuhren in Richtung Mombasa davon. Die Zeit war gut gewählt, noch waren nur wenige Fahrzeuge auf der Straße, auch wenn am Straßenrand schon hunderte unterschiedliche Menschen unterwegs waren. Afrikaner in Anzügen und Mädchen in europäischen Kleider prägten genauso das Bild, wie in bunte Kangas (Tücher) gehüllte Frauen und Männer im Kaftan oder anderen Gewändern. Dunkelhäutige Afrikaner, hellhäutige Inder, Araber mit roten Bärten und Fetz auf dem Kopf, Schulkinder in ihren Uniformen und auch immer mal wieder einzelne Rinder oder Ziegen. Zwischen den vollen Matatus immer wieder halbnackte, kräftige schwarze Köper, die große voll beladene Kukutenis (Handkarren) schoben sowie Radfahrer und jede Menge überladener Motorräder mit jeweils mindestens 2-3 Fahrgästen. Aber wie gesagt alles noch übersichtlich, so dass wir die quirlige Hafenstadt relativ schnell durchquert hatten. Natürlich hatte ich dieses Mal nicht die Strecke über die alte kaputte Strasse gewählt, sondern die neue Strecke entlang des Flughafens, zumindest teilweise. Nach nicht einmal einer Stunde hatten wir Mombasa hinter uns gelassen und nahmen uns die Zeit für einen Kaffee an einer der vielen Tankraststätten am Wegesrand. Schließlich wollten wir auch Silkes Lebensgeister erwecken! Mit einem guten und frischen, heißen Kaffee auf den Knien ging die Fahrt weiter in Richtung Tsavo. Die gute Asphaltstraße war verhältnismäßig frei, der Himmel über uns wurde immer blauer und die helle Wolkendecke riss immer mehr auf. Nach etwas mehr als zwei weiteren Stunden erreichten wir gegen 10:00 Uhr das Gate vom Ngutuni Reservat. Kaum waren wir wieder unter, bzw. über die Bahnlinie gefahren, sahen wir erstes Wild in einiger Entfernung! Rote Elefanten, haushohe Giraffen und einige Impalas standen zwischen trockenen Büschen und grünen Akazien. Silkes sehnlichster Wunsch war es, endlich einmal Giraffen und Zebras in freier Wildbahn zu sehen und das am liebsten zum Greifen nahe. Holger wollte wie immer möglichst viel Zeit mit Katzen verbringen und für Maxi war vermutlich das Wichtigste eine ordentliche W-Lan Verbindung. Womit Maxi die größte Herausforderung für mich auf dieser Safari darstellte. Holger hatte die roten Elefanten als erster entdeckt, während ich mit ausgestrecktem Arm in Richtung der Giraffen zeigte. "Giraffen!" meldete ich, "aber die werden wir ganz sicher noch dichter und besser zu sehen bekommen!" aber natürlich stoppten wir einen kurzen Augenblick, damit Silke ihre ersten Giraffen in der Wildnis genießen konnte. "Sagt mir einfach wann ihr wo und wie lange stehen wollt, wir haben viel Zeit hier im Busch!" erklärte ich, während ich langsam weiterrollte und dann plötzlich doch wieder stoppte. "Für die müssen wir natürlich anhalten!" ich zeigte aus dem Fenster. Holger und Silke sahen sofort warum wir gestoppt hatten. "Für wen?" fragte Maxi neben mir und sah sich in der Umgebung um, ohne den Grund unseres plötzlichen Stopps zu erkennen. "Für die Löwin da vorne unter dem Busch!" erklärte Silke ihm. "Wo denn?" doch dann hatte auch Maxi die Löwin genau vor dem Fahrzeug gefunden. Während ich mit dem Land Cruiser eine bessere Position zum Fotografieren suchte, konnte Maxi seine Begeisterung kaum in Worte fassen. "Das glaubt mir keiner zu hause! Da liegt einfach mal so eine Löwin rum...und wir stehen mit dem Auto genau daneben!" Soviel Begeisterung hatte ich gar nicht erwartet und war richtig zufrieden mit der Wirkung und Maxis Reaktion. Seine extra für die Safari angeschaffte Spiegelreflexkamera klickte unentwegt! Holger reagierte erwartungsgemäß gelassener, schließlich war es nicht seine erste Safari und Silke wusste noch nicht so ganz wie sie mit ihrer Freude über die Sichtung und die fast unmittelbare Nähe zu der Raubkatze umgehen sollte. Vorsichtig drehte sie das Fenster neben sich hoch. "Bleib ganz entspannt, die Löwin ist es auch!" erklärte ich und wollte sie beruhigen, merkte aber auch, dass Silke sich nicht wirklich wohl fühlte. Ok, Giraffen und Zebras möglichst neben dem Land Cruiser, Löwen dann doch eher nicht, dachte ich. Dennoch blieben wir noch einen Augenblick stehen, bis alle ihre Fotos gemacht hatten. Die Löwin reagierte kaum auf uns, sah uns nur einmal kurz an und döste dann weiter. "Eine Löwin, fünf Minuten nach Einfahrt in das Reservat! Was soll ich euch denn jetzt heute Nachmittag zeigen?" bemerkte ich, als wir in Richtung Lodge fuhren. "Einfach noch mehr Löwen!" antwortete Holger. "Giraffen!" konterte Silke.
Dann erreichten wir die Lodge und wurden mit feuchten Waschlappen und einem kalten Fruchtsaft begrüßt. Anschließend besorgte ich die Schlüssel für die beiden von mir, vor zwei Tagen, reservierten Zimmer. Die Zimmer mit der aktuell besten Aussicht auf die Wasserstelle. Holger, Silke und Maxi standen auf der großen Terrasse und genossen den Ausblick. Vor uns an der Wasserstelle tummelten sich 50 bis 60 Zebras, eine handvoll alter Kaffernbüffel und ein paar Warzenschweine, während aus Richtung Tsavo eine kleine Gruppe roter Tsavo Elefanten auf die Lodge zu kam. Silke kullerten einige Tränen der Begeisterung über die Wagen und ich merkte, wie intensiv sie diesen Moment in sich aufnahm.
![]() Als die Elefanten die Wasserstelle erreichten, verscheuchten sie zunächst einmal laut trompetend die Kaffernbüffel und die Zebras und breiteten sich dann rund um das Wasserloch aus. Mit dem langen kräftigen Rüssel sogen sie Wasser in ihre Nasen und spritzten es dann sogleich in ihren Maul. Als der erste Durst gestillt war, fingen die Jumbos an sich mit dem Wasser zu bespritzen und den Rücken zu kühlen und zumindest die Zebras durften zurück ans Wasser kehren. Anschließend begannen die Elefanten mit ihrer Körperpflege und staubten sich mit roter Erde ein, schubberten ihre Rücken an den Bäumen oder rieben ihre Hintern an den großen Steinen, um lästige Parasiten abzuschütteln.
Entspannt genossen wir die Aussicht, es gab keinen Grund für eine Pirschfahrt. Ich war mir sicher, dass bis zum Nachmittag hier an der Lodge die besten Wildbeobachtungen zu machen waren. Aber das Interesse für das Wildlife war nicht bei allen gleich stark ausgeprägt, während ich auch nach fast dreißig Jahren Safaris jeden Sekunde mit Blick auf das Wild an der Wasserstelle genoss, wurde Maxi schnell langweilig und er bevorzugte ein Videospiel auf seinem Handy! Schade dachte ich und machte mir Gedanken, wann wohl für Jugendliche oder Kinder das beste Alter für eine Safaris ist!
"Was haltet ihr davon, wenn wir nach der Löwin und ihren Artgenossen suchen und nachsehen, was die Natur uns sonst noch so bietet" fragte ich am späten Nachmittag, als es an der Wasserstelle ruhiger geworden war. Holger nickte sofort und auch Silke war neugierig auf mehr und wollte vor allem endlich neben einer Giraffe stehen. Ein Wunsch den ich ihr fast unmittelbar nach Verlassen der Lodge erfüllen konnte. Die ebenfalls gewünschten Zebras präsentierten sich, abgesehen von der Herde an der Wasserstelle, wenig später mit Fohlen direkt neben dem Auto. Die von uns gleich nach der Einfahrt in das Reservat entdeckte Löwin lag inzwischen hinter, anstatt unter dem Busch, in dem wir sie am Vormittag entdeckt hatten. Machte aber wie erwartet noch keine Anstalten ihre Ruheposition zu verlassen, weswegen wir nur kurz bei ihr verweilten.
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![]() Stattdessen umfuhren wir die Ngutuni Lodge und trafen dort auf die Elefantenbullen, die wir während der Mittagsstunden am Wasserloch beobachtet hatten. Aber irgendwie waren die sechs Elefantenbullen nicht so entspannt, wie ich es mir gewünscht hatte. Nervös sicherten sie immer wieder in unsere Richtung und vermieden es, uns zu nahe zu kommen. Normaler weise brachte Elefantenbullen dieses Alters und dieser Größe so schnell nichts aus der Ruhe oder von ihrem Weg ab. Die Fünf mussten schlechte Erfahrungen mit Land Cruisern bzw. Menschen gemacht haben. Natürlich hielten wir einen gebührenden Abstand! Nach dieser unerwarteten Begegnung fuhren wir in Richtung Ngutuni Hills wo ich auf erneute Löwensichtungen hoffte. Ich warf einen kurzen Blick in die Höhle, in der vor zwei Tagen die Löwin verschwunden war, konnte aber keine Katze darin ausmachen und auch als wir die gesamte kleine Hügelkette umfahren hatten, gab es von Löwen keine Spur. Stattdessen beobachteten wir Klippschliefer, Zwergmangusten, einen Toko und verschiedene Greifvögel auf und rund um die Felsen.
Nach wie vor hielt sich eine Menge Wild im Reservat auf und immer wieder stießen wir auf alte Knochen von größeren Säugetieren, bis hin zu den Knochen und Schädeln von Elefanten, die auf den Kreislauf des Lebens im Busch aufmerksam machten und uns deutlich zeigten, dass wir trotz der nahen Eisenbahnstrecke mitten in der Wildnis waren. Als wir am späten Nachmittag dann wieder nach der Löwin vom Morgen sehen wollten, war diese verschwunden. Erst nach einem Hinweis eines anderen Fahrers konnten wir sie noch näher am Gate und an der Eisenbahnstrecke wieder entdecken und beobachteten, wie sie leise brüllte oder rief. Genau, wie sie es schon vor zwei Tagen und am frühen Nachmittag getan hatte. Interessant war, dass sie immer nur brüllte, wenn ein Zug über die neue Schnellfahrtstrecke rollte. Es schien fast als würde sie den Zug Anbrüllen! Vielleicht war es auch ein Zufall und sie suchte immer noch verzweifelt nach dem Rest des Rudels?
![]() Fotograf Holger ![]() Fotograf Holger ![]() Fotograf Maxi ![]() Fotograf Maxi ![]() Während wir wenig später mit Einbruch der Dämmerung zurück zur Lodge fuhren, fielen uns zwei Minibusse auf, die ganz offenbar eine interessante Entdeckung gemacht hatten. "Wollen wir nachsehen?" fragte ich kurz und gegen Maxis Protest, dass er schließlich Hunger habe! (Hatte er übrigens immer). Holger nickte. Die beiden Minibusse kamen uns entgegen und ich fragte was sie entdeckt hätten. "Two leopards!" strahlte mich der junge Fahrer des Minibusses unwissend an. Ich nickte und lächelte. "Also, wenn überhaupt, dann haben sie Geparden gesehen, aber diese sogenannten Matatu Safari Fahrer wissen einfach nicht was sie tun und schon gar nicht was sie sehen!" erklärte ich Silke und Maxi. Der zweite Fahrer (Fahrer eines ordentlichen Safariunternehmens) bestätigte uns dann auch Geparden, aber inzwischen war es dunkel geworden und wir konnten die Katzen in der Dunkelheit nicht mehr entdecken. Während wir zurück zur Lodge fuhren erklärte ich Maxi den Unterschied zwischen Geparden und Leoparden und freute mich, dass er Interesse am Wild zeigte. Als wir wenig später vor der Lodge aus dem Land Cruiser stiegen entdeckte ich einige Elefanten, die kurz vor dem befestigten Parkbereich der Lodge standen und zeigte sie Silke. Fasziniert ging Silke auf die Dickhäuter zu. "Äh, Silke...das sind wilde Elefanten!" rief ich ihr zu. Irritiert kam Silke sofort zurück. "Das vergisst man total, wenn sie da so friedlich und zum greifen nahe stehen." erklärte Silke und beobachtete die Jumbos nun neben mir aus sicherer Distanz. Wie gewohnt und aus alter Tradition schenkten Holger und ich uns auf einer der Zimmer Balkone unseren verdienten "Löwenwhisky" ein und stießen auf weitere erfolgreiche Tage an. Die Regel ist eigentlich ganz einfach: für eine Raubkatzensichtung gibt es abends einen Whisky, also keine Katzen, kein Whisky. Was allerdings nicht wirklich dramatisch war, da dann der Sundowner eben aus einem Gin and Tonic bestand. Dennoch hatte ich den Ehrgeiz abends immer Whisky zu trinken ;-) "Äh!" meldete Maxi sich. "Ich habe auch den Löwen gesehen!" Ich sah Holger kurz an und schenkte Maxi dann seinen vermutlich ersten Whisky ein. Silke sah uns kurz an, schüttelte leicht den Kopf und nippte dann an ihrem Gin Tonic! Während wir unsere Drinks genossen, erschienen an der Wasserstelle plötzlich die beiden Geparden. Ganz offensichtlich kamen die gefleckten Raubkatzen zum Trinken, mussten sich aber vor den anwesenden Elefanten in acht nehmen, weswegen sie sich zunächst in der Nähe der Wasserstelle ablegten.
Wie schon vor zwei Tagen überraschte uns der Koch in der Lodge mit einem sehr guten und leckeren Lunch Buffet und vor allem Maxi kam voll auf seine Kosten. Essen alle Teenager so viel, fragte ich mich, als Maxi zum vierten Mal mit einem randvollen Teller vom Buffet zurück kam?( O-Ton Maxi: Essen ist die wichtigste Mahlzeit des Tages!). Die Geparden hatten inzwischen getrunken und waren wieder in der Dunkelheit verschwunden. Nur die Elefanten blieben bis tief in die Nacht. |