Die Löwen werden aktiv Während wir an diesem Morgen durch die Dammerung fuhren, ließen wir Elefanten und anderes Wild unbeachtet, denn wir wollten möglichst schnell in die Nähe des Elefanten Kadavers kommen. Wie wir es uns erhofft hatten, entdeckten wir in der Nähe des Kadavers als erstes eine einzelne Hyäne, außerdem hockten einige Geier unweit des toten Elefanten. Während wir immer näher kamen, erkannten wir eine Löwin, die sich mit blutverschmierten Maul vom Ass entfernte und damit den Startschuss für die Geier gab. Innerhalb von Minuten waren mindestens 30 - 40 Geier da und eroberten den Kadaver. Es wurde gezankt und mit den Flügeln geschlagen. Nackte Geierhälse mit kräftigen krummen Schnäbeln verschwanden in Augenhöhlen und anderen Körperöffnungen. Immer mehr Geier landeten auf oder neben dem toten Dickhäuter. Vermutlich waren es die Hyänen mit ihrem kräftigen Gebiss, die die Schwarte des Elefanten in der Nacht geöffnet und erste Innereien herausgerissen hatten. Außerdem hatten die Ranger in der Zwischenzeit das Elfenbein aus dem Schädel entnommen.
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() "Bitte!" sagte Petra, während sie sich ein Tuch vor die Nase zog. Natürlich hatte sie recht, jetzt wo die Geier da waren gab es erst einmal keinen Grund in der Nähe des inzwischen doch etwas unangenehm riechenden Kadavers zu verweilen. Ich folgte also dem Flusslauf des Tarangire und fuhr weiter. Zu unserer großen Überraschung entdeckten wir nach nur wenigen Minuten vermutlich das gesamte Löwenrudel dieses Tals. Mindestens 16 Löwen lagen direkt im trockenen Flussbett oder am Ufer des Tarangire Rivers. Ein Männchen konnten wir nicht sehen, aber viele ausgewachsene Löwinnen, einige Halbwüchsige und wenig Kleine. Erstaunlicher Weise hatten die Raubkatzen, trotz des Elefantenkadavers, in der Nacht oder am frühen Morgen erneut Beute gemacht und etwas geschlagen. Wir konnten einige Tiere beobachten wie sie Knochen abnagten und an Fleischbrocken zerrten.
![]() Als wir uns von den Löwen abwendeten und dorthin fahren wollten wo wir am Vortag die Gepardin verlassen hatten, kreuzte eine mehrere hundert Tiere starke Kaffernbüffel Herde unseren Weg. Der Boden schien zu beben, und roter Staub wirbelte auf, als die schweren Rinder vor und neben uns, blöckend, durch das Unterholz galoppierten. Ganz offensichtlich wollten die Tiere eilig runter zum Fluss. Zum Fluss, an dessen Ufern es momentan von Löwen wimmelte. Nervös und unruhig erreichte die Büffelherde das Flussbett und verteilte sich sofort weitläufig darin. Aber die Tiere waren angespannt, es reichte das kleinste Geräusch oder ein hektische Bewegung eines anderes Tieres in Flussnähe und schon geriet die ganze Herde in Panik. Kleinere Büffelgruppen galoppierten scheinbar ziel- und planlos im Wasser hin und her und andere Büffel stürmten haltlos die Böschung wieder hinauf. Am Ende blieb die Herde nur kurz am Wasser und zog sich dann wieder in den Busch zurück.
Bei so vielen Löwen in der Region erwarteten wir nicht die Gepardin wieder zu finden. Zumal, so wie wir es uns schon gedacht hatten, der Ruheplatz auf dem Hügel an diesem Tag von einer Löwin besetzt war. Die Jagten und die Action hatten wieder einmal in der Nacht oder am frühen Morgen ohne uns stattgefunden. Deshalb wendeten wir uns dem friedlichen Afrika zu und beobachteten das wunderbare Zusammenleben verschiedenster Wildtiere am Ufer des Tarangire Flusses und in seiner Nähe. Außerdem mussten es ja nicht immer nur die großen Kills sein, wir konnten auch stundenlang zusehen, wenn Sattelstörche oder Stelzenläufer fischten oder wenn kleine Zwergmangusten auf einem Termitenhügel herum tobten. Zwar wehte immer noch ein ungewöhnlich starker Wind, aber dennoch waren die Mittagsstunden sehr heiß und so beschlossen wir, mit einem Abstecher durch die Tarangire Serengeti zurück in Richtung Campsite zu fahren. Unterwegs begegneten wir vielen großen und kleinen Tieren, die ebenfalls der Mittagshitze entgehen wollten und im Schatten von Bäumen ruhten oder schliefen. Kurz vor der Campsite beobachteten wir dann noch eine Weile das rege Treiben an den großen Wasserstellen und sahen Elefanten beim Baden oder Eland Antilopen und Zebras beim Stillen ihres Durstes zu. Eigentlich hätte man den ganzen Tag nur an den Wasserstellen verbringen können ohne das es langweilig geworden wäre.
![]() ![]() ![]() ![]() Aber irgend wie konnten auch wir etwas Schatten vertragen und außerdem gab es genügend Wild im und um unseren Lagerplatz. Während wir gemütlich unter den Zweigen einer großen Akazie saßen und eine kalte Cola genossen, grasten rund um uns herum Zebras und eine Horde Paviane suchten nach Grassamen. Bunte Racken, Tauben oder Bartvögel landeten neben uns in den Akazien, während wir einfach nur das Buschleben genossen.
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Am Nachmittag zog es uns dann allerdings wieder zurück an das Ufer des Tarangire River. Speziell die Uferregion, wo sich das Löwenrudel aufhielt war aktuell ein lohnendes Ziel. Wir beobachteten schon seit den frühen Morgenstunden, wie immer mehr Gnus und Zebras in die Flussregion einwanderten, am Fluss ihren Durst stillen, sich wieder zurück zogen, um dann wenig später wieder zum Wasser zurück zu kehren. Allerdings schafften es nicht immer alle Huftiere sich wieder vom Wasser zu entfernen. Während wir die Mittagshitze im Schatten und umringt von Zebras verbracht hatten, hatten die Löwen völlig unerwartet ein weiteres Mal zugeschlagen und ein Zebrafohlen am Ufer des Tarangire erbeutet. Wir konnten leider, genau an der Stelle wo am frühen Morgen das gesamte Rudel lag, nur noch zusehen, wie zwei Löwinnen die Reste des Kills verspeisten. "Wieder ein Kill in der Mittagszeit, wieder eine Pause zur verkehrten Zeit!" bemerkte ich etwas enttäuscht. "He, du kannst eben nicht alles haben!" antwortete Petra und hatte natürlich recht! Eigentlich war ich ja auch mehr als zufrieden mit unseren Beobachtungen und Erlebnissen. Aber so ein miterlebter Kill ist natürlich immer ein besonderes Safari Highlight.
Aber auch ein Nachmittag ohne Kill, sondern nur mit friedlich nebeneinander lebenden Tieren, war ein schönes Erlebnis und eigentlich konnten wir uns auch gerade an den Wasserstellen nicht satt sehen. Hier war fast immer Betrieb und große und kleine Tiere betraten nacheinander oder zusammen den Schauplatz. Die friedlichen Wasserstellen und das raue Treiben unten am Fluss konnten im Moment nicht gegensätzlicher sein und verschafften uns eine sehr abwechslungsreiche Wildbeobachtung in fantastischer Landschaft.
![]() ![]() Die Geier und Marabus, die erst am Morgen über den Elefantenkadaver her gefallen waren, hatten es bis zum Abend geschafft, den mächtigen Körper auszuhöhlen und fast alle Innereien verschwinden zu lassen. Nun war es die Aufgabe der Hyänen Knochen zu brechen und weitere Überreste zu vernichten, bevor Millionen von Insekten den Tatort fast gänzlich verschwinden ließen. Am Ende würde ein weißer Schädel und einige verstreute Knochen in der Landschaft übrig bleiben. Am Flussufer hatten wir, abgesetzt vom Rudel und in einem anderen Loop, in der Abendsonne eine weitere Löwin entdeckt und somit war für uns klar, wo wir am nächsten Tag ansetzen wollten.
Zufrieden starteten wir am nächsten Morgen noch einmal hinunter zum Tarangire River, wo wir an den letzten Tagen das meiste Wild beobachtet hatten. Wir hatten den Fluss noch nicht ganz erreicht, als uns vier Löwinnen am Ostufer entgegen kamen. Ihre Art sich zu bewegen, verriet uns, dass sie jagen wollten. Ich stoppte kurz, sah mich in der Umgebung um, machte ein, zwei Aufnahmen und dann wendete ich den Land Cruiser! "Was jetzt?" fragte Petra verdutzt. "Jetzt fahren wir da hin, wo die Löwen hin wollen!" antwortete zuversichtlich. Wir mussten uns etwas beeilen und verloren die Raubkatzen für knapp 15 Minuten aus den Augen. Aber es gab nur eine Möglichkeit in der Gegend den Tarangire River zu überqueren und ich war mir sicher, dass die Löwen runter zum Fluss wollten und dann vermutlich von den kleinen Hügeln auf der anderen Flussseite auf Beute lauern wollten.
"Nicht schlecht!" lobte Petra freudig, nachdem wir den Loop am Westufer erreicht hatten und uns drei Löwinnen entgegenkamen. Die vierte Katze war gerade dabei den Fluss zu durchqueren. Zielstrebig steuerten alle Vier dann die kleine Anhöhe mit dem Baum an, unter dem auch schon die Gepardin geruht hatte. Von dort aus ließen sich Flusslauf und Umgebung gut beobachten. "Ich schätze viel weiter kommen wir heute nicht oder?" sah Petra mich an. "Ich denke nicht, hier passiert heute noch etwas!" vermutete ich und rangierte den Land Cruiser so, das wir Löwen und Fluss beobachten konnten.
Eine halbe Stunde später erschien ein alter Elefanten Bulle am Flussufer und wir meinten den Gewinner des Elefantenzweikampfes wieder zu erkannt zu haben. Gespannt auf sein Verhalten, fuhren wir direkt an das Flussufer. Der alte Bulle blieb nicht lange alleine am Wasser, in eine graue Staubwolke gehüllt trabte die große Gnuherde das Ostufer wieder herunter und drängte an den Fluss. Unter den herannahenden Gnus waren auch einige Zebras und ihre heiseren Rufe vermischten sich mit dem Blöcken der Hornträger. Immer mehr Leiber drängten sich an das wenige Wasser.
Plötzlich sprang neben uns aus dem hohen Gras ein Riedbock Weibchen, mit weiten Sätzen rannte die Antilope über den Fluss an das andere Ufer. Sofort sah ich nach Hinten und entdeckte den Verursacher der Panik. Eine Löwin kam auf das Flussufer zugelaufen. Für einen Moment hatte ich das Gefühl, als würden sich unsere Blicke treffen. Aber natürlich hatte die Löwin nicht mich, sondern ihre vermeintliche Beute im Fluss fest im Visier. Als die Raubkatze einen großen, knorrigen, trockenen Ast, der am Boden lag erreicht hatte, stoppte sie ihren Lauf und duckte sich mit deutlich angespannten Muskeln ab. Alles passierte in Sekunden. Immer noch starrte die Löwin an mir vorbei, auf die friedlich im Fluss stehenden Gnus. Noch hatte keines der Tiere die Raubkatze bemerkt. Ich sah mich nach den anderen Löwen um, konnte aber keine weitere Jägerin entdecken. Gespannt warteten wir ab. Jeder Muskel der Löwin war zum zerreisen gespannt, flach auf den Boden gedrückt wartete die Katze ihre Chance ab. Doch noch war die Entfernung für einen erfolgreichen Angriff zu groß. Die Gnus hätten noch näher kommen müssen oder die Löwin musste dichter an die Beute heran. Die braune Jägerin entschloss sich weiter an das Ufer heran zu pirschen. Unseren Land Cruiser als Deckung nutzend, schlich sie immer weiter in Richtung Ufer. Doch dann erklang plötzlich der schnaubende Warnruf eines Impala und sofort stürmten sämtliche Gnus und Zebras die Böschung hinauf, von wo sie gekommen waren. Resigniert hockte sich die Löwin genau neben unser Fahrzeug und blickte der verlorengegangenen Beute nach. Die Chance war vertan. Die Katze kehrte zu den immer noch unter dem Baum ruhenden anderen Löwinnen zurück.
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![]() ![]() Dort richteten wir uns gemütlich im Fahrzeug ein und waren bereit für eine erneute längere Wartezeit. Die Elefanten im Fluss auf der einen Seite und die Löwen auf der anderen Seite, frühstückten wir zunächst einmal im Land Cruiser und übernahmen dann abwechselnd die "Wildwache". Als gegen Mittag wieder einige Gnus den Osthang hinunter kamen, reagierten die Löwen sofort und versuchten sich erneut unbemerkt den Huftieren zu nähern. Dieses Mal versuchte eine der älteren Katzen die Gnus zu umgehen und verschwand im hohen Gras direkt am Ufer aus unserer Sicht. So clever wie sich die ältere Löwin verhielt, so ungeschickt verhielten sich die beiden jüngeren und wurden auch prompt entdeckt. Wieder konnten die Gnus rechtzeitig fliehen und den hungrigen Katzen blieb nichts anderes übrig als unter einem schattenspendenden Baum in Ufernähe abzuwarten.
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![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Auch wir warteten noch einige Zeit, ehe wir uns entschlossen die letzten Sunden des Tages an den Wasserstellen in der Nähe unseres Camps zu verbringen und das Wild am Wasser zu beobachten. Unsere Route führte uns entlang der Schlucht im Westen des Parks und völlig unerwartet sahen wir noch einmal das Leoparden Männchen, welches wir am ersten Tag im Tarangire Park angetroffen hatten. Die gefleckte Raubkatze hockte im meterhohen Gras und eigentlich waren von ihr nur hin und wieder die Ohren zu sehen. Mit dem Fernglas konnte ich zwar erkennen, dass es sich um den Leoparden mit der Verletzung handelte, aber für eine ordentliche Beobachtung war das Gelände einfach zu unübersichtlich. Als der Kater dann in einem Graben im dichten Gestrüpp verschwand setzten wir unsere Fahrt fort. Gewartet hatten wir an diesem Tag schon genug. Im golden Licht des Abends verbrachten wir noch einmal die letzte sonnige Stunde des Tages mit Elefanten und beobachteten die Dickhäuter und einige Giraffen an den Wasserstellen.
Anschließend zelebrierten wir den vorerst letzten Sundowner im Tarangire Park und brutzelten leckere Spagettis in der Pfanne. Leider mussten wir uns beim Grenzübertritt wegen der kenianischen Fahrzeugpapiere auf ein Ausreisedatum festlegen und so hatten wir nur einen Tag bzw. eine Nacht Spielraum, die wir eigentlich in Moshi verbringen wollten, um dann am nächsten Tag zeitnah im Tsavo bzw. Ngutuni Park zu sein. "Oder direkt von hier zur Grenze und keine Zwischenübernachtung mehr?" überlegte ich laut. "Ich würde auch gerne noch hier bleiben, aber wegen dem einen Tag in Stress zu geraten, finde ich auch nicht gut!" verwarf Petra meine Idee. Und eigentlich hatte sie auch Recht, schließlich hatten wir ja auch noch eine kurze Woche Tsavo vor uns. Kaum waren wir uns einig geworden, mussten wir auf unangenehme Weise erkennen, dass wir die richtige Entscheidung getroffen hatten. Die kleine Männergruppe, die recht nah hinter unserem Land Cruiser ihre beiden Zelte aufgeschlagen hatte, erwies sich als wenig buschtauglich. Die vier russischen Landsleute, wie ihre Sprache sie verriet, waren nicht nur sehr laut, sondern irgendwann auch sehr betrunken. Als dann auch noch laute Musik dazu kam, platzte mir der Kragen. Ich stapfte sichtbar wütend an ihren Tisch, auf dem mehrere Wodkaflaschen lagen und leuchtete mit meiner Taschenlampe auf das Smartphone aus dem die Musik dröhnte. Ich verzichtete auf eine höfliche Vorstellung und eine Bitte: "immediately you stop the music or you can go out of the park!" wetterte ich und blickte dem vermeintlichen Führer der Gruppe ins Gesicht. Verdutzt nahm dieser sofort sein Handy in die Hand und stellte die Musik ab. Als ich mich umdrehte und zurück zu unserem Lager ging, hörte ich erst leises Gemurmel und dann Gelächter. Dann fing einer der Männer an wie ein Wolf zu heulen. "Könnt ihr haben!" sagte ich zu Petra als ich wieder auf meinem Stuhl saß. "Ich denke meine Hyäne ist besser als sein Wolf!" grinste ich. "Nein, machst du nicht!" entgegnete Petra mir. "Nur ein bisschen Hyäne und am Zelt Kratzen!" lachte ich. Aber dann sahen wir zu, wie zwei der Safarihelden von den anderen Beiden in das Bett gebracht werden mussten, weil sie nicht mehr aufrecht stehen konnten. "Die merken sowieso nichts mehr!" erklärte Petra und hatte vermutlich recht. "Jetzt ein paar echte Hyänen oder Löwen im Camp, wäre schon schön!" sagte ich und schenkte mir nun selber einen Drink ein. Nachdem die russischen Buschmännchen im Zelt verschwunden waren wurde es wieder ruhig und angenehm und wir freuten uns auf weitere ruhige Nächte und spannende Tage im Tsavo Park in Kenya.
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