Quer durch den Tsavo West National Park Wie beschlossen, horchte ich also die ganze Nacht hindurch hinaus in die Savanne. Kurz nach Mitternacht hörte ich dann das erste Mal Hyänen, kroch aus dem warmen Bett und leuchte die Wasserstelle aus, ohne jedoch etwas zu sehen. Einige Stunden später dann wieder das typische Hyänengekicher, wieder stieg ich aus dem Bett und leuchtete von der Terrasse aus die Wasserstelle an. Dieses Mal erkannte ich zwei leuchtende Augen, die aber sofort wieder in der Dunkelheit verschwanden. Als ich in der Nacht zum dritten Mal auf die Terrasse trat, sah ich zwei Hyänen davon huschen und eine große Weißschwanzmanguste fliehen. Das Licht des Scheinwerfers vertrieb jedes Mal die Jäger der Nacht, so dass ich beschloss den Rest der Nacht ein wenig zu schlafen. Am Morgen inspizierte ich dann noch kurz vor Sonnenaufgang das tote Zebra und durfte feststellen, dass die Hyänen und andere kleinere Räuber ganze Arbeit geleistet hatten, der Kadaver war ausgeweidet. Löwenspuren konnte ich im Sand um die Wasserstelle zum Glück nicht entdecken, denn diese Raubtiere hätte ich in der Nacht ungern verpasst. Nach dem ersten kurzen Bush Walk kochte ich uns Tee, den dann jeder mit Blick auf den Kilimanjaro genießen konnte. Egal ob vom Bett oder im Bush sitzend ließen wir alle unsere Gedanken noch einmal Revue passieren und ich war mir sicher, dass einige von uns auch schon gespannt auf weitere Erlebnisse waren. Evely musste sich allerdings erst noch an den Gedanken gewöhnen, dass während sie schlief, keine 100 Meter neben ihrem Zelt ein Zebra von Hyänen aufgefressen worden war. Eigentlich wollte trotz der Geschehnisse oder vielleicht wegen der Geschehnisse niemand von uns weiter reisen. Uns allen gefiel es ausgesprochen gut im Amboseli Bush Camp. Aber wir hatten ja noch weitere Ziele vor uns und vor allem auch schon gebucht! Also Frühstückten wir an diesem Morgen wieder ausgiebig und luden dann Kisten, Taschen, Lebensmittel und Getränke in den Land Cruiser. Unser nächstes Ziel war der Tsavo West National Park, wo wir eine Zwischenübernachtung in den Kitani Bandas vorgesehen hatten. Zunächst ging es wieder zurück über die wüstenartige Sandstraße, bis auf die Hauptstraße, dann kurze drei Kilometer Aspahlt und weiter durch den Bush in Richtung Chyulu Berge.
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Die Fahrt durch den Tsavo West ersparte uns auf dem Weg in das Lumo Reservat, den Umweg zurück auf die Hauptstraße Nairobi - Mombasa, also gut 230 Kilometer. Außerdem führte die Piste durch interessante Landschaften und am Ende vorbei an den Chyulu Hills und über das Shetani Lava Feld. Während die C 103 noch bei unserer letzten Fahrt vom Amboseli in den Tsavo eine eher kleine, schmale Bushpiste war, wurde sie zwischenzeitlich verbreitert und frisch geschoben. Wobei frisch ein wenig übertrieben war, denn inzwischen war die sicherlich am Anfang glatte Strecke zu einer üblen Wellblech Piste geworden. Tausende von kleinen Wellen ließen den Land Cruiser rappeln und klappern. "Sorry guys! Aber ich muss mal ein wenig Gas geben. Ab 70 km/h sollte es weniger klappern!" rief ich um die lauten Fahrzeuggeräusche zu übertönen und trat aufs Gaspedal. Kurz darauf flogen wir durch die Landschaft, sahen zwar Bäume, Hütten und Büsche nur noch an uns vorüber fliegen, aber es klapperte deutlich weniger. Irgendwann wechselte die Landschaft von grauem Boden zu roten Boden und dann fast schlagartig zu schwarzem Lavaboden. Auch die Piste bestand jetzt aus kleinen, schwarzen Lavasteinen, so dass es unter den Reifen knirschte. Nach etwas mehr als einer Stunde hatten wir das neue Chyulu - Tsavo West Gate erreicht. Wieder einmal hieß es zunächst Parkgebühren entrichten und Anmelden, erst dann konnten wir in den Park einfahren.
![]() ![]() ![]() Ein weiteres Mal erlebten Evely und Peter eine gänzlich andere Landschaft, nach der Savanne der Mara und der flachen, staubtrockenen Ebene vor dem Kilimanjaro im Amboseli, erlebten sie nun schroffe Berghänge, dichte Buschwälder und raue Pisten. Auch im Tsavo hatte die Dürre deutliche Spuren hinterlassen. Bei unserer Einfahrt in den National Park hatten wir sogar Bushfeuer in den Chyulu Hill gesehen. Auch hier gab es nur wenig Grün. Vertrocknetes Gras und blattlose Büsche dominierten die hügelige Landschaft. Auf dem Shetani Lawafeld, welches wir überqueren mussten, machten wir eine kleine Pause und setzen dann unsere Safari in Richtung Kitani Bandas fort.
![]() ![]() ![]() Ich hatte mich unterwegs entschieden die Kitani Bandas nicht direkt anzufahren, sondern zunächst eine mehr oder weniger große Runde durch den Tsavo West Park zu drehen. Wobei mir besonders der Besuch an den relativ neu eingerichteten Wasserstellen in Richtung Rhino Valley wichtig war. Dort hatten wir in den letzten Jahren immer mal wieder gute Wildbeobachtung gehabt. Anders als in der Masai Mara oder im Amboslei Park, wo man große und auch kleine Tiere schon auf größere Entfernung entdecken und beobachten kann, hat man speziell im Tsavo West meist nur spontane Wildsichtungen. Ein längeres Beobachten ist aufgrund der Vegetation und Landschaft selten über längere Zeit möglich. Die Artenvielfalt ist allerdings gigantisch im Tsavo und so huschen oft kleinere oder größere Tiere über die Piste. Aber auch Giraffen oder Elefanten treten manchmal plötzlich und überraschend auf die Wege und verschwinden dann genauso schnell wieder im Dickicht, wie sie aufgetaucht sind. "Die Tsavo Parks haben viel zu bieten, aber man muss etwas Zeit mitbringen!" erklärte ich unseren Freunden. Wir hatten an diesem Tag Glück und profitierten von der lichten Vegetation. Immer wieder sahen wir Zebras und Giraffen aber auch Elefanten, Elanantilopen, Ellipsenwasserböcke, Kleine Kudus oder Oryx Antilopen konnten wir entdecken. Wobei wir letztere bis dahin noch gar nicht gesehen hatten. Am häufigsten waren allerdings die kleinen Dik Dik Antilopen, die kaum größer als ein ausgewachsener Hase waren. Als wir die Wasserstellen im Valley erreichten wurde uns ein weiteres Mal die überlange Trockenzeit vor Augen geführt, von fünf mit einander verbundenen Wasserstellen, gab es nur noch in zweien Wasser. Die Größte Wasserstelle, die regelmäßig und besonders von den Kaffernbüffeln genutzt wurde, lag ausgetrocknet vor uns. Aufgeplatzte Erdschollen bedeckten den staubigen Boden. Insgesamt hielt sich nur wenig Wild in der Region auf. Wir sahen einige Zebras, einige Elanantilopen und anstatt der erhofften Elefanten, lagen drei Flusspferde im letzten verblieben Wasser. Ein weiteres Wasserloch bestand nur noch aus Matsch und wenigen Tropfen. "Wenn die Kleine Regenzeit im November wieder ausbleibt, steuern wir auf eine Katastrophe zu!" sinnierte ich.
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![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Noch bevor wir die Kitani Bandas erreichten, hatten wir das Glück eine große Herde Kaffernbüffel in den schroffen und felsigen Hügeln des Tsavo West zu beobachten. Laut trampelnd und staubend rannten die schweren Tiere den Hang hinunter und lieferten uns ein beeindruckendes Schauspiel! "Das ist mein Highlight of the day!" freute sich besonders Peter.
Als ich wenig später ein ungefähr bibergroßes und Meerschweinchen ähnliches Tier, welches auf den kleinen, dünnen Ästen eines trockenen Baumes herum kletterte, als nächsten Verwandten der Elefanten vorstellte, fühlten sich unsere Begleiter allerdings schlicht und ergreifend "verarscht". "Nein, das stimmt wirklich!" beteuerte Petra und stellte meine Glaubwürdigkeit wieder her. Wobei es natürlich auch schwer vorstellbar ist, dass die kleinen Klipp- oder Baumschliefer eng mit Elefanten verwandt sind.
Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir dann die Kitani Bandas, wo wir zwei von insgesamt acht Bandas bezogen. Natürlich konnte diese Unterkunft nicht mit dem Amboseli Bush Camp mithalten, weder was die Aussicht und schon gar nicht, was die Ausstattung und die Einrichtung anging. Aber für uns hatten die renovierten Bandas nicht nur einen ganz besonderen Charme, sondern erinnerten uns auch immer wieder an unsere ersten Jahre in Kenya, wo wir vor mehr als dreißig Jahren schon dieses Camp genutzt hatten. Seit dieser Zeit hatte sich das Camp ein wenig weiter entwickelt und vor allem seit der Übernahme durch die Severin Kette und das nahe Severin Safari Camp, seinen Service und seine Ausstattung erweitert. Inzwischen gehörten ein kleiner Kühlschrank in der winzigen Küche und seit neustem auch ein Schwenkgrill zur festen Ausstattung. Konnten wir am Vortag noch zwischen 5 verschiedenen Bratpfannen wählen, gab es nun eine pro Küche. Es gab auch nur zwei verschiedene Größen an Kochtöpfen, aber zusammen mit dem Wasserkessel, einem Sieb und ausreichend Besteck, Tassen und Gläsern für drei Leute hatte jeder Banda alles was man im Busch brauchte. Der saubere Schlafraum mit angeschlossenem Bad, mit Dusche und WC, sowie permanentem warmen Wasser, verfügte über drei Betten unter einem großen Moskitonetz. Ein paar Safaristühle und ein großer Tisch auf der Terrasse vervollständigten die Ausstattung und sorgten so für ein gemütliches Bushfeeling. Ich liebte diese kleinen einfachen Bandas und wünschte es würde im Tsavo Ost National Park etwas Vergleichbares geben. Ich war mir nicht ganz sicher, wie diese Bushunterkunft bei Evely und Peter ankam, als ich erste Bedenken wegen der nicht vollständig geschlossenen Fenster hörte. Dachte mir aber, wer in einem niemals hundertprozentig verschlossenem Zelt schlafen kann, der wird auch eine Nacht in einem Banda ohne Moskitogaze vor dem Fenster überleben. Evely war sich da nicht ganz so sicher und weigerte sich Nachts beharrlich ohne Peter im Banda zu bleiben. Was am Ende dazu führte, dass ich die letzten beiden Stunden des Tages alleine auf das Lagerfeuer starrte und das nahe Wild um mich herum genoss. Aber dazu später. Zunächst einmal musste natürlich wieder das Gepäck aus- und die Küche eingeräumt werden. Dank des neuen Schwenkgrills, den ich übrigens mehr als klasse und nachahmenswert für andere Camps finde, konnten wir an diesem Abend über dem offenen Feuer Grillen. Wobei Evely und Peter es kaum glauben wollten, dass wir bei unserem letzten Grillen an dieser Stelle Besuch von einer neugierigen Hyäne hatten, die bei dem Versuch etwas vom Grill zu stehlen, Gerd und mir zwischen den Beinen herum gelaufen war. Obwohl wir am Amboseli Camp mehr als gute Wildbeobachtung nahe an unseren Zelten hatten, so fühlte ich mich in den Bandas noch mehr in der Wildnis. Hatten wir doch während der vergangenen Jahre, an diesem Ort schon so manches große und kleine Tier direkt vor unserer Terrasse gehabt. Kurz vor Sonnenuntergang hatte unser hilfreicher Room Steward uns nicht nur einen großen Berg Feuerholz aufgeschichtet, sondern das Feuer auch gleich entzündet, sowie den Grill aufgebaut. Wir hatten also nichts weiter zu tun als einen kalten Drink zu mischen, eine Zigarette anzuzünden und über das Feuer hinweg den Sonnenuntergang zu beobachten und zu genießen. Als die Sonne dann bereits verschwunden war fing ich an das Fleisch über dem Feuer zu grillen, während Petra den Tisch deckte, Peter noch schnell Zwiebeln für die Bratkartoffeln schnitt und Evely besorgt die Geckos an der Wand im Auge behielt. "Kann ich euch etwas helfen?" fragte Evely nach einer Weile. "Nein, behalte du mal die wilden Tiere im Auge, ist alles fertig!" lachte ich und erntete einen bösen Blick! Wir hatten inzwischen 10 gemeinsame Tage hinter uns und nach wie vor war die Stimmung gut. Peter und Petra frotzelten sich nach wie vor über unseren Köpfen von Dachluke zu Dachluke an und reihum bekam jeder Mal sein Fett weg. Peter ließ es sich nicht nehmen, meine Ratschläge oder seine Videos regelmäßig mit: "Ja, Bwana!" oder "da kommt Indianer Jones!" zu kommentieren, Evely musste wegen ihrer etwas übertrieben Ängstlichkeit Federn lassen, Peter versuchten wir bis zum Schluss "Rechts und "Links" zu erklären und Petra wurde wegen ihrer Größe gehänselt, wenn wir z.B. Fotos im Auto machen wollten und sie in der Dachluke mal wieder nicht zu sehen war.
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Wie schon geschrieben weigerte sich Evely alleine in ihrem Banda zu bleiben und somit blieb Peter nichts anderes übrig, als nach dem Essen und dem Abwasch, ebenfalls ins Bett zu gehen. Petra war es zu kalt draußen und ich wollte und konnte einfach diese klare Nacht nicht so schnell verstreichen lassen. Außerdem hoffte ich natürlich auf nächtliche Besucher an der Terrasse. Kaum war es dann um mich herum ruhig geworden, zeigten sich auch schon die ersten nachtaktiven kleinen Tiere. Natürlich hatte ich es mir nicht nehmen lassen ein paar Knochenreste unseres Dinners neben dem Lagerfeuer liegen zu lassen. Und so kam erst eine neugierige Weissschwanzmanguste an das Feuer und dann eine Ginsterkatze. Während die Ginsterkatze dreist genug war, zu mir auf die Terrasse zu kommen, ehe sie für den Rest der Nacht verschwand, ließ sich der Mungo mit der weißen Schwanzspitze, die Zeit sämtliche Knochen nach und nach weg zu holen. Zwischendurch kamen dann die Impalas, die schon während unserer Ankunft in der Nähe gestanden hatten, bis kurz vor die Terrasse. Es hatte sich also wieder gelohnt ein wenig weniger zu schlafen.
![]() ![]() Obwohl für den nächsten Tag nur eine kurze Etappe geplant war, verzichteten wir auf ein großes Frühstück am Morgen, sondern begnügten uns mit Tee und Keksen. Anschließend ging es rüber in die nahe Severin Lodge, wo wir die Schlüssel für unsere beiden Bandas abgeben mussten. Wenig später waren wir quer durch den Tsavo National Park unterwegs und fuhren in Richtung Maktao Gate. Die Strecke führte uns kurz über und entlang des trockenen Tsavo Rivers, mit seinen Doumpalmen am Ufer und dann einige Kilometer auf schnurrgeraden Pisten durch die Wildnis. Bot uns insgesamt aber nur wenig Wildsichtungen. Hin und wieder sahen wir die großen Kongonis und sogar Gnus oder kleine Dik Dik oder noch kleinere Bushhörnchen über die Piste huschen. Freuten uns aber auch über die in diesem Gebiet eher seltenen Gerenuk, Giraffenhalsantilopen und nahmen uns die Zeit Termiten etwas genauer zu untersuchen. Nach nur knapp zweieinhalb Stunden hatten wir das Gate in Maktau erreicht und verließen den Tsavo West National Park.
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