- Unwetter und erste Leoparden - Der folgende Morgen erinnerte uns dann schon gleich mit Tagesbeginn und Aufgang der blutroten Sonne, dass wir uns mitten in der Migration befanden. Auch wenn es nur wenige hundert Gnus waren, die vor dem glühenden Sonnenball am Horizont entlang zogen, so war es doch ein mehr als schöner Start in einen zunächst sonnigen Tag. Natürlich galt unsere Pirschfahrt an diesem Morgen der Suche nach der Gepardin und ihren Jungen und dank unserer guten Kontakte zu Elena und ihrem Team vom Mara/Meru Cheetah Trust hatten wir die kleine Familie auch recht früh aufgespürt und dann das Glück Mutter und Nachwuchs recht gut beobachten zu können. Wir durften dabei sein, als die Jungen ausgelassen spielten und begleiteten anschließend alle fünf bei ihrem Streifzug durch die Grassavanne. Das plüschige, aufgestellte, grau-beige Rückenfell der kleinen Geparden war eine perfekte Tarnung im hohen Gras. Ein ums andere Mal mussten wir Nachzählen, um sicherzugehen, dass wir keines der Jungen aus den Augen verloren hatten. Aber wie schon erwähnt Nashipai und ihr Nachwuchs waren nicht die einzigen Geparden in diesem Revier. Ganz in ihrer Nähe hielt sich die hochschwangere Gepardin Nagol auf und auch wenn man es ihr schlecht ansehen konnte, die junge Gepardin war hungrig. Mit deutlich dickem Bauch bewegte sie sich auf eine Gruppe Thomson Gazellen zu, verharrte nur kurz und sprintete dann plötzlich auf die vermeintliche Beute zu. Allerdings erlaubte ihr Zustand ihr weder weite, fliegende Sprünge, noch einen längeren Spurt und so waren die schnellen, ausgewachsenen Thomson Gazellen für sie an diesem Morgen auch die falsche Beute. Nach wenigen Metern der Verfolgung gab die Gepardin auf und zog unverrichteter Dinge weiter. Während wir Nagol irgendwann aus den Augen verloren suchten wir im Laufe des Tages immer wieder die Nähe zu Nashipai und ihren Jungen um möglichst viel aus ihrem jungen Leben mitzuerleben.
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trächtige Gepardin Nagol am 18.09.2023 ![]() ![]()
![]() ![]() ![]() Das Gebiet war insgesamt sehr wildreich, weshalb sich nicht nur die Geparden darin aufhielten, sondern auch nach wie vor auch das Rongai Löwen Rudel anwesend war. Neben den schon sehr gut beobachteten Löwinnen mit ihrem Nachwuchs und dem eigentlich gar nicht zum Rudel gehörenden Männchen des Black Rock Rudels in ihrer Nähe, entdeckten wir an jenem Morgen auch die eigentlichen beiden Rongai Rudel Paschas. Abgesetzt vom Rudel hielten sie sich in bedrohlicher Nähe zu der Gepardin Nashipai und ihren Jungen auf. Aber nicht nur die Löwen waren eine Bedrohung für die kleinen Geparden, auch umherstreifende Tüpfelhyänen mussten die Mini Raubkatzen fürchten.
Der Rest des Rongai Rudels war gut 2 Kilometer von den Geparden entfernt und bekam im Laufe des Tages ebenfalls unsere volle Aufmerksamkeit. Zunächst jedoch suchten wir uns ein ruhiges und vor allem übersichtliches Gelände mit einem großen Baum unter dem wir in aller Ruhe frühstücken konnten. Tisch und Stühle waren schnell aufgebaut und das aus dem Aruba Camp mitgenommene Frühstück auf dem Tisch verteilt. Zu Omelett, Toast, Speck und Würstchen gab es wieder eine ganze Schale verschiedener Früchte, nicht zu vergessen den fertig gemixten Swaheli Tee. Nach dem Frühstück fuhren wir dann zunächst noch einmal bei der Gepardin mit den Jungen vorbei und dann zu den Rongai Löwen. Hatten wir am Vormittag noch strahlenden Sonnenschein gehabt, so verdunkelte sich der Himmel am Nachmittag immer mehr. Anfangs noch etwas schläfrig wurden die Löwinnen mit Schwinden des Sonnenlichtes schnell immer munterer. Während die Jüngsten mit ihrem älteren Bruder spielten, sah es so aus, als wollten sich einige der Weibchen zur Jagd formieren. Die Jägerinnen verteilten sich im Grasland und besetzten kleinere Hügel mit guter Aussicht. Als dann am Nachmittag ein Trupp Gnus im hohen Gras auftauchte, waren die Löwen grundsätzlich gut aufgestellt. Allerdings konnte eine der Löwinnen nicht widerstehen und schlich die Gnus im Alleingang an. Obwohl es sich augenscheinlich um eine erfahrene Löwin gehandelt hatte, wurde sie entdeckt und die Gnus flohen mit weiten, federnden Sprüngen. Auch wenn die Löwin ohne Beute zum Rudel zurückkehrte, wurde sie übermütig und liebevoll von den jüngeren Weibchen empfangen. Sicherlich wussten sie, dass die kommende Dunkelheit und die Nacht ihnen neue Möglichkeiten eröffnen würden. Und wirklich hungrig oder schlank sah keine von ihnen aus. Welche Rolle allerdings das dunkle Männchen vom Black Rock Rudel bei ihnen spielte und warum die beiden nahen anderen Männchen nicht gegen seine Anwesenheit vorgingen, vermochten wir für uns nicht zu erklären. Als wäre es sein Rudel stand in gewohnter Pascha Manier inmitten des Rudels.
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![]() ![]() ![]() Gerade als wir dann auch noch die dritte Gepardin zwischen langen Grashalmen entdeckt hatten, fing es erneut wie aus Eimern an zu schütten. Neema hatte ganz offensichtlich im hohen Gras wieder einmal erfolgreich gejagt und vermutlich auch genügend Zeit gehabt ihre Beute ungestört zu verspeisen. Die Jagd und das Fressen hatten wir verpasst, aber die Zeit im Regen verbrachten wir zunächst gemeinsam. Die beiden Löwenmännchen fanden wir nach einiger Zeit, so ruhend wie wir sie verlassen hatten. Selbst der Regenguss animierte sie nicht zum Ortswechsel. Mit klatschnassen Mähnen und wenig attraktiv lagen sie im Gras. Erst als der Regen ein wenig nachgelassen hatte, wurden sie munterer und schüttelten das viele Wasser aus ihren Mähnen. Kurz darauf setzte sich zumindest einer von ihnen in Bewegung.
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Nachdem der Regen aufgehört hatte entfernten wir uns von den Löwen, seit unserer Frühstückspause hatten wir das Fahrzeug nicht mehr verlassen und so wurde es nun für uns beide dringend Zeit ein paar private Minuten zu verbringen! Kaum aber hatten wir uns erleichtert, mussten wir feststellen, dass der Löwe sich genau auf die Gepardin mit den Jungen zu bewegte. Dass er hierbei laut brüllend nach seinem Bruder rief oder Lornkulup, dem fremden Männchen, seine Anwesenheit verkünden wollte, war vermutlich Nashipais Glück. Denn die Gepardin bemerkte so den Löwen rechtzeitig und führte ihre Jungen aus der vermeintlichen Gefahrenzone. Der starke Regenguss hatte uns gezwungen das Gebiet rechtzeitig zu verlassen! Zu unserer Beruhigung trafen wir nach Sonnenuntergang an einer der Tankstellen in Talek Saitote vom Cheetah Projekt und erfuhren von dem jungen Mann, dass die Löwen tatsächlich an den Geparden vorbeigezogen waren und diese gar nicht wahrgenommen hatten. Nach dieser guten Nachricht erfolgte wenig später gleich die nächste. "Faulu has a kill in a tree. Just go in Ol Kiombo area and look for one of the sundowner trees!" hatte Collin mir geschrieben und damit gleich die Richtung für den nächsten Tag festgelegt! Zufrieden mit den neusten Nachrichten wärmten wir uns unter der heißen Dusche ein wenig auf und ließen uns dann im Aruba Camp erneut mit dem Dinner verwöhnen. Nach dem Essen noch einen Drink und eine letzte Zigarette, dann waren wir auch schon im Bett. Die Nacht sollte kurz werden. Wie geplant waren wir noch früher als sonst auf den Beinen, tranken unseren Tee vor dem Zelt und verließen bei völliger Dunkelheit das Aruba Camp. Als wir den spärlich beleuchteten kleinen Ort Talek durchquerten, mussten wir vorsichtig die vielen, tiefen Wasserlöcher, die sich in der Piste gebildet hatten umfahren. Hinter dem Ort, unweit der Schule war es dann von Vorteil, dass wir den Verlauf der Piste gut kannten. Hier hatte sich wieder einmal ein kleiner See über der Straße gebildet. Zwar regnete es an dem Morgen nicht, aber das Wasser stand überall. Nachdem wir gegen halb sechs das Gate in Richtung Ol Kiombo passiert hatten, wurde es keinesfalls besser. Zum Glück konnten wir den größten Teil der geplanten Strecke, die Allwetter Piste nutzen. Nach wie vor war der Himmel wolkenverhangen und es sah nicht so aus, als wolle sich die Sonne an diesem Tag überhaupt zeigen. Über uns hing das Wasser in den Wolken, unter uns stand es auf den Pisten und den Grasflächen. Die Landschaft hatte im Halbdunkel etwas Bedrohliches. Nachdem wir das Ol Kiombo Gebiet erreicht hatten, mussten wir schnell feststellen, das es auf dieser Seite der Mara vermutlich noch stärker geregnet hatte als auf der anderen. Ohne Allrad ging hier gar nichts. Im Okawango Delta konnte das Wasser kaum höher auf den Pisten und Flächen stehen, dachte ich, als das Wasser links und rechts am Land Cruiser hoch spritze. Dann hatten wir den von Collin beschriebenen Baum gefunden und entdeckten auch schnell die Reste der Leopardenbeute. Eingeklemmt zwischen zwei kräftigere Äste hing ein Thomson Bock über uns im Baum. Noch war tatsächlich reichlich Fleisch an der Beute und eine Rückkehr des Leoparden somit ziemlich sicher.
Wir suchten uns also in gehörigem Abstand eine gute Position und warteten geduldig. Als nach mehr als dreißig Minuten aber kein Leopard aufgetaucht war, überlegten wir, wo sich die Raubkatze aufhalten, bzw. verstecken könnte, ohne sich zu weit von ihrer Beute zu entfernen. "Think like a leopard"! spornte Petra mich an. "Bin ich gerade bei und denke, dass sie vermutlich da drüben zwischen den Büschen am Bachlauf ist! Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie den Kill aufgegeben hat" überlegte ich laut. Da wir von dem besagten nahen Bachlauf auch immer noch Sicht auf den Baum hätten, fuhren wir langsam in Richtung der Buschreihe. Das Tageslicht war immer noch sehr schwach, als wir, wie erhofft, den geleckten Körper einer Katze zwischen den Sträuchern ausmachen konnten. Wenig später zeigte sich die gesuchte Leopardin das erste Mal richtig. Ihr Bauch war deutlich gefüllt und angeschwollen. Faulu, wie diese Leopardin getauft worden war, zeigte sich wenig scheu und streifte entlang der Büsche und des Bachlaufes. Allerdings schien sie nicht die Absicht zu haben zu ihrer Beute zurückzukehren. Vielleicht schreckte sie die matschige, teilweise unter Wasser stehende Landschaft rund um den Baum etwas ab? "Keine Ahnung, was sie vorhat, aber wir bleiben auf jeden Fall in ihrer Nähe!", erklärte ich, während wir die Leopardin beobachteten. Diese Streifte zunächst noch weiter entlang des Bachlaufes und verschwand dann zwischen dichten Büschen.
Eine Stunde später zeigte sich dann auch endlich die Sonne und fing an die Pisten etwas abzutrocknen, aber mit zunehmender Hitze, schwand auch die Chance, dass die Leopardin sich zeigen würde. Nachdem wir die Raubkatze eine Weile nicht gesehen hatten, sahen wir uns zunächst einmal den Kill im Baum genauer an. Anschließend fuhren wir an den nahen Ol Are Orok River, um an seinem Ufer nach anderem Wild zu suchen. Zwischendurch unternahmen wir Abstecher zum Leopardenversteck und vergewisserten uns, dass die Raubkatze nicht weiter gezogen war. Während unserer Pirsch am Flussufer entdeckten wir verschiedene Nilkrokodile, allerlei Vögel und anderes Wild. Von der Leopardin wussten wir zwar inzwischen genau wo sie lag und ihren Verdauungsschlaf genoss, aber wirklich sehen konnten wir sie kaum. Ihre Anwesenheit und die Gewissheit, dass sie einen recht frischen Kill in einem nahen Baum hatte, sowie die Tatsache, dass wir zum Lunch eine Verabredung hatten, verlangte uns eine schwere Entscheidung ab. "Willst du Jay echt absagen?" sah Petra mich an und ich musste etwas länger überlegen ehe ich antworten konnte. "Nein, ich denke und hoffe Faulu kommt erst heute Abend wieder raus!", antwortete ich schließlich und hoffte mehr, als das sich eine Antwort gewusst hätte. Dennoch zogen wir die Rückfahrt zum Camp so lange wie möglich hinaus. Zumindest bis zu unserer Abfahrt hatte sich die Leopardin dann nicht mehr wirklich bewegt, dennoch blieb ein ungutes Gefühl in meinem Bauch, als wir zurück im Aruba Camp fuhren.
Jay, erwartete uns schon und als wir nach kurzer, sehr emotionaler Begrüßung zum Lunch zusammen saßen, über Vergangenes und vor allem Neues erzählten, waren die Gedanken an die Leopardin zunächst verdrängt. Obwohl unser letztes Treffen noch gar nicht so lange her war, hatte sich in Jay Leben schon wieder einiges verändert, zusammen mit unseren Erlebnissen von der Familiensafari vor wenigen Wochen, gab es also mehr als genug an Gesprächsstoff. Zwischendurch erschien Peter, der Manager der Aruba Lodge bei uns und bemerkte lachend: "Hey, that´s your first lunch in the camp ever! How is it!" "That´s true. But if I known before how good it is, we had done it more often!" antwortete ich ebenfalls lachend und ehrlich. Dann machten wir Jay und Peter miteinander bekannt. Obwohl sie viele Jahre fast Nachbarn gewesen waren, kannten sie sich nicht. Insgesamt verbrachten wir zwei unterhaltsame, erfrischende Stunden, ehe Jay auf ihr Handy sah und bemerkte: "The weatherman says it will heavily rain in some minutes, but the sky is still so blue!" Als wir jedoch in die andere Himmelsrichtung blickten, war der Himmel alles andere als blau. Der Himmel war schwarz. Schnell war klar, dass Jay nicht mit dem Picky Picky, also einem Motorradtaxi, zurück zur Fig Tree Lodge konnte, sondern wir sie dort absetzen würden.
![]() ![]() Wir hatten dann wenig später den Abzweig zur Lodge noch nicht ganz erreicht, als der Himmel erneut seine Schleusen öffnete. Aber dieses Mal kam nicht nur einfach Wasser vom Himmel. Der gigantische Wolkenbruch brachte Hagel und Sturm. Das Wasser auf der Piste stieg in wenigen Minuten um mehrere Zentimeter. "You can just wait for us, we are back in 10 minutes!" erklärte ich lachend dem, trotz eines Regenschirmes, tropfnassen Askari am Gate der Fig Tee Lodge. Als ich allerdings sah, dass er mich ernst genommen hatte, berichtigte ich mich schnell und schickte ihn zurück in sein trockenes Wärterhäuschen. Anschließend versuchte ich Jay so nah wie möglich am Zugang zu ihrer Unterkunft abzusetzen. Der Abschied war genauso herzlich wie der Empfang und dann schlitterten wir hinaus in Richtung Reservat. Von der Piste war nichts mehr zu erkennen, überhaupt war die Sicht zwischendurch gegen null. Wäre da nicht der Baum mit dem frischen Kill, dann wären wir vermutlich zurück ins Aruba Camp gefahren. "Willst du wirklich da runterfahren?", fragte Petra ungläubig und ich antwortete nur mit einem kurzen: "Auf jeden Fall!" Die Hagelkörner schlugen noch eine ganze Weile gegen die Windschutzscheibe. Nach jedem Aufprall tanzten die gar nicht mal so kleinen Eisbrocken kurz auf der Motorhaube und schmolzen dann dahin. Zurück blieb Wasser, Wasser so weit das Auge reichte. Wir durchquerten keine Savanne, sondern eine Seen-Landschaft. Das Okawango Delta konnte nicht viel anderes aussehen. Wasser und Schlamm spritzten rechts und links am Fahrzeug hoch. Brocken schwarzer Erde klebten kurzfristig an den Scheiben, ehe sie vom Regen wieder abgewaschen wurden. An einigen Stellen tropfte Wasser in das Fahrzeuginnere, während der Scheibenwischer im schnellen Rhythmus an seine Grenzen stieß. Nur nicht stehen bleiben dachte ich, als ich den schweren Geländewagen durch die aufgeweichte Landschaft steuerte. Dann hörte der Regenguss genauso plötzlich wieder auf, wie er begonnen hatte. Zurück blieb eine überflutete Mara.
Wir hatten an diesem Nachmittag alles richtig gemacht, denn kaum hatten wir das angesteuerte Gebiet erreicht und der Regen aufgehört, da zeigte sich auch die Leopardin zwischen den Büschen. Anfangs noch etwas verschlafen machte sie sich nach einer Weile zielstrebig auf und steuerte den Baum mit dem Kill an. Dort stoppte sie kurz vor dem Stamm, nahm kurz Maß und sprang anschließen den Stamm an. Mit wenigen weiteren Sätzen erklomm sie den Baum und erreichte so schnell ihre Beute. Oben in der Krone angekommen, begann die Leopardin sogleich damit weiter von ihrer Beute zu Fressen. Manchmal musste sie erst vorsichtig das Fell der Antilope entfernen, manchmal konnte sie gleich in das rote Fleisch beißen. Hin und wieder hörten wir auch kleinere Knochen knacken. Irgendwann war sie wieder satt und legte sich auf einem kräftigeren Ast über der Beute zur Ruhe.
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Ich schrieb Collin noch schnell eine Nachricht, um mich für den Tipp zu bedanken und dann fuhren wir vorsichtig zurück in Richtung Aruba Camp. Wir wollten es an jenem Abend auf jeden Fall vermeiden, während der Dunkelheit durch die immer noch durchtränkte Mara zu fahren. Das Risiko irgendwo stecken zu bleiben war einfach zu groß. Wie groß das Risiko tatsächlich war, zeigte sich wenig später kurz vor dem Ort Talek, wo ein französischer Selbstfahrer mit seinem Land Cruiser die falsche Spur gewählt und dabei seinen geliehenen Geländewagen in Wasser und Schlamm versengt hatte. Alle unsere Bemühungen den festgefahrenen Land Crusier aus dem Schlamm zu befreien scheiterten. Selbst mit einem davor gespannten Gespann aus einem Land Rover und meinem Land Cruiser konnten wir den verunglückten Wagen nicht befreien. "Ask the people here for a tracktor, that´s your only chance!" empfahl ich dem Fahrer und seiner Begleiterin, als wir unser Stahlseil wieder im Fahrzeug verstauten. Der Regen hatte inzwischen wieder eingesetzt und die Sonne hatte sich verabschiedet, aber natürlich fuhren wir erst weiter, als klar war, dass die Beiden Hilfe bekamen. Aufgrund der ungeplanten Hilfsaktion, war natürlich aus einer Ankunft im Camp bei Tageslicht wieder nichts geworden, aber irgendetwas war ja immer! Der anschließende Sundowner Drink vor unserem Zelt war alles andere als gemütlich, aber mehr als verdient. "Oh, what a day!" Dann hieß es Abschied nehmen vom Aruba Camp, denn am folgenden Tag sollte es sehr früh weiter gehen. So verabschiedeten wir uns bereits nach dem Dinner von Peter und seiner Crew.
![]() - Noch mehr gefleckte Katzen und ein todesmutiges Warzenschwein - Nach der obligatorischen Tasse Tee sowie dem Verladen unseres Gepäcks fuhren wir am nächsten Morgen, ohne Frühstück mitzunehmen aus dem Aruba Mara Camp. Die nächsten fünf Nächte wollten wir im Mara Bush Camp, also genau dort wo sich auch die Leopardin aufgehalten hatte, schlafen. Wir mussten also eigentlich direkt in das Gelände, welches aufgrund der Wolkenbrüche kaum befahrbar war. Da wir aber davon ausgingen, dass die Leopardin ihre Beute komplett verspeist und sich aus dem Baum zurückgezogen hatte, beschlossen wir an jenem Tag zunächst noch einmal nach der Gepardin mit den Jungen zu sehen. Insgeheim hoffte ich, unter Ausnutzung der befahrbaren Allwetterpisten, so nah wie möglich an den Aufenthaltsort der Gepardin zu kommen. Gleichzeitig hofften wir, dass es in dem Teil der Mara nicht ganz so heftig geregnet hatte wie auf der Ol Kiombo Seite. Aber schon auf der Brücke zum Gate bemerkten wir, dass unsere Hoffnung wohl nicht in Erfüllung gehen würde. Der Talek River war deutlich angeschwollen. Zwar zeigte sich der Himmel wieder deutlich freundlicher als am Vortag, die Pisten waren allerdings auch in diesem Teil der Mara durchgeweicht und zerpflügt. Das Fahren in der Mara blieb eine Herausforderung. Manchmal mehr rutschend als fahrend erreichten wir trotz allem unser Zielgebiet, stießen aber zunächst anstatt auf die Gepardin auf eine weitere Leopardin. Luluka, wie die uns gut bekannte Raubkatze getauft worden war, hatte eine ausgewachsene Topi erbeutet und unter einen großen, dichten Busch gezerrt. Unter dem Strauch, gut geschützt vor neugierigen Blicken, hatte sie wohl einen Großteil der Beute bereits verschlungen, als wir den Busch erreichten. Zumindest vermuteten wir dies, als wir sie das erste Mal richtig zusehen bekamen, während sie aus dem Busch geklettert kam.
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Es kommt nicht oft vor, dass wir einen Leoparden ziehen lassen, um uns nach anderem Wild umzusehen. Aber auf der einen Seite waren wir uns sicher, dass wir die Leopardin in der Nähe ihres Kills noch einmal wieder sehen würden. Was viel entscheidender war, wir hofften einfach die kleinen Geparden im perfekten Morgenlicht beobachten zu können. Am Ende mussten wir unsere Entscheidung nicht bereuen, nur knapp 15 Minuten nach der Leoparden Sichtung fanden wir die Geparden Mutter mit ihren vier winzigen Jungen. Nashipai hatte gerade mit ihrem Nachwuchs eine Erdgrube erreicht, als wir sie aus dem hohen Gras kommen sahen. Das Gelände war gut überschaubar und bot ihr Plätze mit guter Aussicht und den Kleinen einen tollen Spielplatz. Ausgelassen tobten die kleinen Geparden herum, spielten Fangen und Verstecken oder an Mutters Schwanz oder Ohren. Zufrieden und ein wenig glücklich beobachteten wir die Mini Raubkatzen und ihre Mutter.
Nachdem wir die muntere Gepardenfamilie verlassen hatten, begegneten wir zunächst Jay, die mit ihren Ballongästen auf dem Weg zurück zum Fig Tree Camp war. Wenig später entdeckten wir keine 1000 Meter entfernt von den Geparden, den Großteil des Rongai Löwen Rudels. Die großen Raubkatzen schlummerten zwischen einigen Büschen. Alle Löwen hatten deutlich gefüllte Bäuche und waren vermutlich für die zwei Gnukadaver die wir kurz vor Entdeckung der Löwen gefunden hatten, verantwortlich. Lornkulup, der dunkle Löwe vom Black Rock Pride hielt sich immer noch bei den Weibchen auf und hatte sich vermutlich die Mahlzeiten mit ihnen geteilt. Im Gegensatz zu den Geparden gab es hier wenig Hoffnung auf tobende Katzen und so fuhren wir nach wenigen Minuten weiter.
Als ich zwischendurch nach meiner Kamera griff, hatte sich das Warzenschwein zwar kurz entfernt, kam aber kurz danach schon wieder näher. Nachdem der Keiler nur noch 10 oder 15 Meter entfernt war entdeckten wir sein tatsächliches Ziel. Auf der anderen Seite neben unserem Land Cruiser lagen die Reste eines weiteren Gnukadavers. Neugierig setzten wir uns langsam und vorsichtig in den Cruiser. Was dann geschah, hatten wir so noch nicht beobachtet. Der Warzenschwein-Keiler kam schnell näher und fing an von dem Kadaver zu fressen, erst nur am herumliegenden vegetarischen Mageninhalt und dann auch an den Knochen knabbernd. "Selten so ein entspanntes Schwein gesehen!", witzelte ich, als der Keiler genau neben dem Fahrzeug stand und vor sich hin schmatzte. Während das Warzenschwein den Kadaver für sich ganz alleine hatte, segelten an einem anderen Kadaver nach und nach immer mehr Marabus und Geier heran und vernichteten ebenfalls die Reste der Löwenbeute.
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![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Von den vor wenigen Tagen beobachteten Millionen von Gnus waren so gut wie keine mehr auf den grünen Grasflächen zu beobachten, einzig einige kleine Trupps zogen noch durch die Savanne. Aber auch ohne die Gnus war reichlich Wild für die Fleischfresser da. Es war also keine Wunder, dass sich so viele Raubkatzen auf so engem Raum versammelt hatten. Nach der Leopardin, der Gepardin mit den Jungen und den Rongai Löwen, entdeckten wir an diesem Vormittag dann auch noch die Gepardin Neema und waren erneut etwas zu spät dran. Denn Neema hatte wieder erfolgreich gejagt und vermutlich gerade ihre Mahlzeit beendet als wir sie fanden. Zumindest ließ ihr dicker Bauch und die Blutreste an ihrem Kopf diese Vermutung zu. Wie erwartet, fanden wir gegen Mittag auch die Leopardin Luluka wieder. Unweit ihrer Beute lag sie in einem größeren, schattenspendenden Busch und genoss ihren Verdauungsschlaf.
![]() ![]() ![]() Eigentlich war das Rongai Gebiet in diesem September das ideale Safarigebiet und hatte jede Menge Beobachtungen und Wildsichtungen zu bieten, aber es war auch das Gebiet in dem am jedem Morgen mehr als 30 Heißluftballone landeten. Uns persönlich störten nicht die Ballone am Himmel und auch nicht die immer größer werdenden Frühstücksplätze in der Landschaft. Wir dachten uns, wer es mag mit 50 oder 60 anderen Leuten zu Frühstücken, der soll es gerne genießen. Aber die Konzentration an Fahrzeugen verdarb uns das Gefühl der Wildnis, dazu die neuen Pisten, auf denen nun oft sehr schnell gefahren wurde. Irgendwie war das nicht mehr unsere Mara, nicht mehr unser Afrika. Nachdenklich fuhren wir gegen Mittag durch den Talek River und dann via Smelling Crossing ins Mara Bush Camp. In diesem Teil der Mara ging es zumindest noch etwas ruhiger zu. Unterwegs klingelte mein Handy und Nelson war am anderen Ende der Verbindung: "Hi Jorg, are you coming for lunch?" fragte Nelson, wie immer gut gelaunt und fröhlich. "Yes, we are on our way. Sorry, to be late!" antwortete ich und sah auf die Uhr. Ok, die Lunchzeit war eigentlich vorüber, aber ich war mir sicher, dass Nelson noch irgendetwas für uns zu essen hatte. "Hakuna matata, don´t worry, we will wait for you two!" hörte ich Nelson sagen und konnte sein Grinsen förmlich sehen. Kurze Zeit später waren wir dann auch am Mara Bush Camp und wurden auch gleich von Nelson in Empfang genommen. "I´m never sure what you guys are planing?", nahm Nelson erst Petra in den Arm und drückte dann mich herzlich. Nach der Begrüßung bezogen wir unser Buschzelt und wechselten dann direkt zum Lunch-Platz, wo man schon auf uns wartete. Nach dem ausgefallenen Frühstück am Morgen und den vielen guten Sichtungen des Vormittags waren wir tatsächlich froh, ein kräftiges Lunch zu bekommen.
Den eigentlich sowieso schon perfekten Tag beendeten wir dann ganz in der Nähe des Camps mit Faulu. Die Leopardin hielt sich nach wie vor zwischen den Büschen am Bachlauf auf. Am Nachmittag hatte sie sich mehrfach gezeigt und war am Bachlauf unterwegs gewesen. Ihr alter Kill im nahen Baum, war inzwischen Geschichte und wurde von ihr nicht mehr aufgesucht. Das Gelände rund um den Aufenthaltsort der Leopardin war allerdings immer noch aufgeweicht und mehr als schwierig zu befahren. Die frischen Fahrspuren verrieten uns, dass nicht jeder Guide mit dem Gelände vertraut war, an vielen Stellen mussten sich Fahrzeuge regelrecht eingegraben haben.
"Keine Experimente mehr!" mahnte Petra, als ich bei Einbruch der Dämmerung noch einmal auf die andere Seite des Baches wechselte und dabei durch ein tieferes, feuchtes Geländestück bzw. über eine immer noch unter Wasser stehende Piste fuhr. "Keine Angst, erstens kenne ich diese Ecke und zweitens ist das Camp gleich um die Ecke!" Tatsächlich waren wir kaum mehr als einen Kilometer vom Mara Bush Camp entfernt und hatten es deswegen auch alles andere als eilig die Leopardin zu verlassen. Dennoch fuhren wir nicht allzu spät ins Camp, genossen eine heiße Dusche und anschließend ein üppiges, leckeres Dinner neben dem Lagerfeuerplatz. Die anschließende Nacht verlief eher ruhig. - Teil IV - Entspannte Tage und überraschende Erlebnisse mit den Katzen der Mara (hier gehts weiter - continue!) |